(Susanne/Meeresakrobaten, 17. September 2001)
Wo und wie kann man an der Riviera Wale und Delfine beobachten?
Genau das wollte ich wissen. Deshalb buchte ich für 1 Woche ein Hotelzimmer in Diano Marina (zwischen Alassio und San Remo gelegen) und versuchte mein Glück, auf diese Frage eine Antwort zu finden.
Am Donnerstag, 30. August 2001, kam ich nach 10-stündiger Nachtfahrt mit dem Bus in D.M. an und fuhr – nachdem ich meine „sieben Sachen“ ausgepackt hatte – mit dem Zug nach Imperia. Dort – so wusste ich – startet die „Corsara“ täglich um 13.40 Uhr zum Whale-Watchen – sofern die Wetterbedingungen es zulassen. Nach ca. 10 Minuten auf den Schienen Ankunft in Imperia/Porto Maurizio. 5 Gehminuten vom Bahnhof entfernt (rechts halten!) kommt man direkt zum Büro von bluWest.
Hier werden die Walfahrten (wohlgemerkt nicht Wallfahrten ;o)) organisiert. Auf Tafeln vor dem Büro sowie am Hafen sehe ich vermerkt, dass während der letzten Ausfahrten täglich Streifendelfine (= Blauweiße-Delfine = Stenella coeruleoalba) gesichtet wurden. Mein Herz schlägt höher…
Ich erfahre, dass die nächste Tour voraussichtlich am Samstag um 12.00 Uhr stattfindet. Heute und Freitag gibt es keine Ausfahrt. Kein Wunder bei dem Wetter. Es windet und gewittert.
Silvia
Auch am Samstag (1. September 2001) ist das Wetter nicht gut. Es gibt heftige Regengüsse und Windböen. Also wieder keine Ausfahrt ab Imperia. Dafür besuche ich heute Silvia. Silvia organisiert im Namen der „Rivieraline“ Whale-Watching-Touren von San Remo aus. Und das Gute ist: Silvia spricht perfekt deutsch…
Mit dem Zug erreiche ich von D.M. aus in etwa 40 Minuten San Remo. (Übrigens: Zugfahren lohnt sich in Italien, da diese Fortbewegungsart halb so teuer ist wie in Deutschland.) Unterwegs beobachte ich, wie meterhohe Brecher gegen die Felsen und Betonbefestigungen schlagen. Es sieht nicht danach aus, als ob sich das Wetter bis morgen beruhigen würde :o( Dabei hatte Silvia mir doch per Email eine Freifahrt auf der Diana II versprochen…
Etwa 10 Minuten Fußmarsch (vom Bahnhof aus rechts halten) und ich komme am Büro von Rivieraline an. (Dies ist wohlgemerkt der Stand von 2001. Im August 2002 bin ich in San Remo ganz woanders ausgestiegen. Der Bahnhof wurde nämlich in der Zwischenzeit neu gebaut und verlegt. Der neue Bahnhof – ein richtiger Koloss aus Glas – befindet sich jetzt rechts vom Büro der Rivieraline. Wenn man aus dem Bahnhofsgebäude heraus kommt, rechts halten, bis zum Kreisverkehr gehen, dann links Richtung Hafen, durch eine kleine Fußgängerunterführung durch und dann rechts bis zur Mole. Dort sieht man dann rechter Hand das Büro von Silvia & Co. :o))
Silvia gibt mir ein Interview zum Thema Delfin- und Walvorkommen im Ligurischen Meer und berichtet über das Schutzgebiet zwischen La Spezia, Korsika und Monacco, das in naher Zukunft bis nach Sardinien ausgeweitet werden soll. Die Schiffe sind angehalten, in diesem „Dreieck“ langsam zu fahren und es dürfen in diesem Bereich keine Treibnetze ausgeworfen werden. Die Whale-Watching-Boote fahren etwa 20 Meilen aufs Meer hinaus und mit viel Glück trifft man dort folgende Wale und Delfine an:
Verschiedene Delfin- und Wal-Arten
Finnwal (= Fin Whale = Balaenoptera physalus), bis 26 m lang, 45 bis 75 t schwer;
Pottwal (= Sperm Whale = Physeter macrocephalus), bis 18 m lang, bis 58 t schwer;
Cuvier-Schnabelwal (= Cuvier’s Beaked Whale = Ziphius cavirostris), bis 7,5 m lang, bis 3 t schwer;
Langflossen-Grindwal (= Long-Finned Pilot Whale = Globicephala melaena), bis 6,3 m lang, bis 1,75 t schwer;
Rundkopfdelfin (= Risso’s Dolphin = Grampus griseus), bis 3,85 m lang; bis 500 kg schwer;
Großer Tümmler (= Bottlenose Dolphin = Tursiops truncatus), bis 4 m lang, bis 650 kg schwer;
Streifendelfin (= Blau-Weißer Delfin = Striped Dolphin = Stenella coeruleoalba), bis 2,5 m lang, bis 150 kg schwer.
Es gibt aber auch hin und wieder Meeresschildkröten zu sehen. Silvia erzählte mir von einem Tier, das schwer verletzt (wahrscheinlich durch eine Schiffsschraube) in den Hafen von San Remo gebracht und dort mit Cortison behandelt wurde. Es konnte nach kurzer Zeit wieder ins Meer hinausschwimmen. (Verletzte Meeresschildkröten werden übrigens auch imAquarium von Genua gesund gepflegt.)
Hoher Wellengang
Am Sonntag, 2. September 2001, findet in San Remo wegen des hohen Wellengangs kein Whale-Watching statt. In Imperia habe ich mehr Glück. Das Boot fährt aus. Da ich mich jedoch zu spät angemeldet habe, komme ich auf die „Warteliste“ und hoffe eben, dass irgendein Tourist noch absagt. Die Besatzung hat die Auflage, nicht mehr als 90 Personen auf die Whale-Watching-Tour mitzunehmen. (Das Boot transportiert normalerweise 140 Passagiere.) Es wird spannend bis zur letzten Sekunde des Abfahrttermins. Aber ich kann mitkommen…
Die Fahrt ist sehr unruhig. Die Wellen schlagen gegen das Boot. Einigen Wal-Fans an Bord wird schlecht und sie füttern die Fische…
Nach einer halben Stunde sehen wir die ersten Streifendelfine, die munter durchs Wasser flitzen. Immer wieder tauchen sie auf, surfen auf der Bugwelle (bis zu 30 Sekunden lang) – zu zweit, zu acht oder auch als „Single“ -, springen durch die Luft und „schießen“ senkrecht ab in die Tiefe des Meeres. Ganz kurz taucht ein Rundkopfdelfin auf. Bewegende Momente. Ich bin sehr glücklich…
Genua
Am Montag, 3. September 2001, „probiere“ ich das Whale-Watching-Angebot von Genua aus. Ich habe mich am Freitag telefonisch angemeldet – auf Englisch. Die Touristikbüros in Alassio und Diano Marina zeigen sich nicht sehr hilfsbereit, wenn es um die Buchung einer Whale-Watching-Tour in Genua geht. Also selbst ist die Frau – und es hat auch funktioniert.
Pünktlich sticht die „Superba“ ins Meer. Doch die „Ausbeute“ ist heute sehr mager. Während unseres insgesamt 10-stündigen Aufenthalts auf dem Wasser haben wir gerade mal ganz kurz 2 springende Streifendelfine gesehen. Alles Spähen hat nichts genützt, die großen Wale sind statt auf- leider nur abgetaucht ;o)
Trotzdem hat’s Spaß gemacht, auf dem Whale-Watching-Boot mitzufahren. Immerhin haben wir fliegende Fische, einen springenden Tunfisch und eine auf einer Shampooflasche surfende Möwe gesehen… Die freundliche Biologin, die die Tour (auf Italienisch) kommentiert, versorgt mich mit schriftlichen Informationen auf Englisch.
Statt am späten Nachmittag (wie es im Programm heißt) wird die Superba ihren Heimathafen erst nach 20.00 Uhr erreichen. Der nächste Zug nach Diano Marina fährt um 22.14 Uhr mit Ankunft in D.M. um 24.15. So entscheide ich mich, bereits an der ersten Anlegestelle in Savona um 19.00 Uhr von Bord zu gehen, um einen früheren Zug zu erwischen. Ein paar freundliche Italiener erklären mir den Weg zum Bahnhof (sollen etwa 20 Minuten Fußmarsch vom Hafen aus sein), doch dann bietet mir eine Familie aus Bayern an, mich mit dem Auto bis nach Pietra Ligure mitzunehmen. Von da aus ist’s dann noch ca. eine ¾ Stunde Bahnfahrt bis nach Diano Marina. Dumm ist nur, dass ich keine Rückfahrkarte besitze, der Schalter in Pietra Ligure bereits um 20.00 Uhr geschlossen hat und ich so im Zug den doppelten Fahrpreis zahlen muss (statt 5.000 10.000 Lire) :o((
Am Dienstag, 4. September 2001, haben wir Mistral (starker Südwind, der aus Frankreich weht). Es findet deshalb keine Ausfahrt aufs Meer statt. Dafür schaue ich mir den reizenden Ort Cervo (etwa 1 Stunde Fußmarsch von D.M. Richtung Norden) an.
Am Mittwoch, 5. September 2001, ist schon mein letzter Tag hier an der Riviera. Ein Reisebüro an der Strandpromenade von D.M. ruft für mich mehrmals in Imperia an, bis dort ein „rotes Signal“ für die Ausfahrt gegeben wird. Es heißt: „Leider erst morgen wieder!“ Aber ich lasse mich nicht verdrießen und fahre kurz entschlossen mit dem Zug noch mal nach Genua. Heute besuche ich dort das größte Aquarium Europas (etwa 10 Minuten zu Fuß vom Bahnhof Genua aus zu erreichen; gut ausgeschildert). Und natürlich haben es mir wieder die Delfine angetan. Die 2 Großen Tümmler sind an diesem Tag die Stars des Aquariums, denn von ihnen werden Unterwasser-Aufnahmen gemacht.
4 Taucher befinden sich mit den Tieren im Wasser. Die Delfine schwimmen meist dicht nebeneinander und beäugen die Mannschaft neugierig. Einmal „entführen“ sie einen Gürtel, der am Aquariumsboden liegt.
Ein Taucher, der mit verschränkten Armen so gut wie bewegungslos auf dem Boden steht, erweckt besonders die Aufmerksamkeit der beiden Tümmler. Immer wieder stupsen sie ihn am Kopf oder sie rammen ihn sogar in die Seite.
Der „graue Taucher“ mit dem Schnorchel dagegen scheint ihnen sympathisch zu sein. Ihm folgen sie gerne. Doch manchmal zeigen sie den Unterwasser-Spielgefährten auch die Zähne – ob aus Spaß oder Aggression kann ich nicht deuten.
Ganz erfüllt von meinen Erlebnissen an der Riviera fahre ich am Donnerstag, 6. September 2001, morgens wieder in die Heimat.
Geduld
Fazit meines einwöchigen Aufenthalts an der Riviera: Man muss schon Geduld mitbringen und „frusterfahren“ sein, wenn man in einer Woche möglichst oft und viele Wale und Delfine in ihrer natürlichen Umgebung beobachten möchte. Aber wie du gesehen hast, es hat geklappt. Und das Erlebnis, Delfinen im offenen Meer beim Springen, Jagen und Surfen zuschauen zu können – und das noch ganz aus der Nähe -, macht die teilweise schlechten Wetterbedingungen mehr als wett…