(Susanne/Meeresakrobaten, 13. Oktober 2002)
An die Blumenriviera zu reisen, um Delfine und Wale zu sehen – diesen Wunsch habe ich mir Ende August 2002 schon zum dritten Mal erfüllt. Aus einem Wunsch ist mittlerweile eine Sehnsucht geworden. Aber es ist nicht nur die Sehnsucht nach den „Meeresakrobaten“, die sich im Mittelmeer – genauer im Ligurischen Meer – tummeln, sondern es ist auch die wunderschöne italienische Küste mit ihrer Blumenpracht, dem würzigen Duft der Kräuter und dem Zikadenorchester, die mich immer wieder in diese Region lockt.
Eine hoch gelegene Terrasse im malerischen Dorf Cervo ist für mich in diesem Jahr zum schönsten Fleckchen auf Erden geworden. Von oben einen gigantischen Blick aufs weite Meer zu haben und dabei ein Tässchen Cappuccino zu genießen – was gibt es Schöneres?
Aber ich komme auch wegen Silvia nach Italien. Sie arbeitet in San Remo bei einem Whale-Watching-Unternehmen. Silvia spricht perfekt deutsch und sie informiert mich immer über alle Neuigkeiten in Sachen Delfine / Wale im Ligurischen Meer.
So, nun aber weg von der Schwärmerei und hin zum eigentlichen Thema dieses Berichts: „Delfine und Wale im Ligurischen Meer“. Die gibt es wahrhaftig – wie ich bereits im Sommer 2001 erleben konnte (du kannst das unter: Wale und Delfine an der Riviera nachlesen). Auch Daniela Bitzmann hatte im Juli diesen Jahres tolle Walbegegnungen im Mittelmeer (ihren spannenden Bericht findest du unter: Whale-Watching auf einem Motorsegler).
Whale-Watching-Touren im Ligurischen Meer
Was sich geändert hat im Vergleich zum letzten Jahr? Die Whale-Watching-Organisation „bluwest“ bietet ihre Touren nicht nur von Imperia-Porto Maurizio an, sondern jetzt auch von Andora aus.
Diano Marina (hier befand sich mein Hotel) liegt ziemlich genau dazwischen und ist ca. 15 km von beiden Orten entfernt. Imperia und Andora sind sehr gut mit dem Bus zu erreichen (20 Minuten Fahrzeit). Das Auskunftsbüro von „bluwest“ befindet sich in Andora ganz in der Nähe der Bus-Endstation Capoline direkt am Hafen. Nach Imperia lohnt es sich auch, mit dem Zug zu fahren. Vom Bahnhof aus geht es dann rechts bis zum Büro von „bluwest“ (ca. 5 Minuten zu Fuß) und von dort sind es etwa 5 Minuten bis zur Anlegestelle der CORSARA (so heißt das neue Whale-Watching-Boot des Unternehmens).
In Andora fährt die CORSARA täglich um 12 Uhr los, in Imperia um 12.40 Uhr. Kosten: 29,50 Euro, Kinder zwischen 4 und 12 Jahren: 14,50 Euro (Tarife für 2002). Die Rückkehr ist zwischen 18 und 19 Uhr. Man kann sich auch von Deutschland für eine Tour anmelden unter bluwest. Auf dem Schiff fährt immer eine Meeresbiologin oder ein Meeresbiologe mit, die (bis jetzt leider nur) auf Italienisch alles Wissenswerte über Finnwal & Co. mitteilen.
Wer seine Unterkunft weiter südlich gebucht hat, kann von San Remo aus mit dem Schiff DIANA II aufs Meer hinausfahren. Es startet im Sommer immer dienstags, donnerstags und sonntags jeweils um 13 Uhr vom alten Hafen in San Remo aus. An Bord ist neben der Schiffscrew eine Biologin anwesend, die Kinder und Erwachsene über die Meeressäuger informiert. Für die Kinder wird die Ausfahrt schon deshalb zu einem großen Erlebnis, weil es neben Spiel- und Malmöglichkeiten an Bord auch kleine „Forschertätigkeiten“ für sie gibt. So dürfen sie u.a. frisch aus dem Meer geholten Krill (Nahrung für die Großwale) untersuchen.
Die DIANA II kommt gegen 18.30 Uhr zurück in den Hafen. Kosten: 30 Euro, 5- bis 12-jährige Kinder zahlen 15 Euro. Als Extra-Bonbon bietet das Whale-Watching-Unternehmen „Rivieraline“ eine Nachtfahrt an. Die findet samstags von 18 bis 22 Uhr statt. Der Preis ist der gleiche wie bei den anderen Touren, es ist jedoch noch eine Mahlzeit mit eingeschlossen.
Die Anlegestelle der DIANA II befindet sich ca. 10 Minuten vom Busbahnhof entfernt am alten Hafen. Rechts halten und dann Richtung Hafen gehen. Wer mit dem Zug nachSan Remo kommt, muss sich erst einmal durch den neuen hochmodernen Bahnhofskomplex auf Rollbändern bis zum Ausgang transportieren lassen. Dann rechts halten, bis zum Kreisverkehr gehen, links Richtung alten Hafen (Porto Vecchio) abbiegen. Die Fußgängerunterführung (geht unter den ehemaligen Gleisen durch) benutzen und dann immer rechts bis zum „Nautico-Permare-Gebäude“. Rechts in der Molo di Levante 35 sieht man dann schon das kleine Büro der Rivieraline.
Meine Sichtungen zwischen dem 24. und 30. August 2002
– Sonntag, 25. August: Von San Remo aus mit der DIANA II unterwegs. Mehrere Rundkopfdelfine (Grampus griseus) gesehen. Besonderheit: Sie zeigen beim Abtauchen deutlich ihre Schwanzflosse (Fluke). Außerdem habe ich 4 Streifendelfine (Stenella coeruleoalba) in der Ferne gesehen.
– Dienstag, 27. August: Von Imperia-Porto Maurizio mit der CORSARA unterwegs. Viele Streifendelfine haben sich in der Nähe des Bootes aufgehalten und uns mit ihren akrobatischen Sprüngen erfreut. Bis ganz nah ans Boot traute sich ein Zifio, auch bekannt als Cuvier-Schnabelwal (Ziphius cavirostris). Diese Burschen können bis zu 7 m lang werden.
– Freitag, 30. August: Von Andora aus mit der CORSARA aufs Meer hinausgefahren. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich – etwa 10 Meilen vor Imperia – einen Finnwal (Balaenoptera physalus) gesehen! Leider zeigte der zweitgrößte Wal der Welt immer nur einen kleinen Teil seines (bis zu 27 m) langen Körpers, sodass ich ihn nicht richtig im Bild festhalten konnte. übrigens dort, wo der Koloss am 30. August auftauchte, soll die Meerestiefe 2.000 m betragen.
Bei Regen, Wind und Sonnenschein…
Es hat sich also auch in diesem Jahr wieder gelohnt, bei Sonnenschein, aber auch bei Regen und Wind auf dem Meer auszuharren. Allerdings muss man schon Geduld haben. Nicht immer hat man Glück und kann Meeressäuger beobachten. Silvia hat mir erzählt, dass in den ersten beiden Augustwochen fast keine Streifendelfine aufgetaucht sind. Obwohl es im Walschutzgebiet zwischen Korsika, Italien, Frankreich und Monaco immerhin etwa 30.000 Exemplare geben soll. Silvia vermutet, dass sich die Delfine zurückgezogen haben, weil in der Hochsaison sehr viele Motorboote unterwegs waren.
Am Donnerstag, den 29. August haben die Passagiere der CORSARA übrigens 6 Pottwale beobachten können. Ich habe diese Ausfahrt leider verpasst. Als ich am nächsten Tag mit dem Boot unterwegs war, fuhr die Crew extra wieder an die gleiche Sichtungsstelle vom Vortag, in der Hoffnung, dass die Burschen noch einmal dort auftauchen. Doch das ins Wasser gelassene Hydrophon übermittelte keine Klicklaute der Pottwale.
„Was gibt es Neues?“
Wie bereits im letzten Jahr gab mir Silvia wieder wertvolle Auskünfte über das Whale-Watching im Ligurischen Meer. Im Folgenden ein kleines Interview mit ihr.
Susanne: Bis zu welcher Windstärke fahren die Schiffe hinaus aufs Meer?
Silvia: Die Whale-Watching-Boote fahren aufs offene Meer, wenn die Windstärke nicht mehr als 4 beträgt. Wichtig sind jedoch auch noch andere Wetter- bzw. Windbedingungen. Wenn der Wind z.B. von Frankreich her kommt (Südwesten) gibt es sogenannte „lange Wellen“, die den Kapitän der DIANA II davon abhalten, hinaus aufs Meer zu fahren, da es bei diesen Bedingungen erfahrungsgemäß viele „Seekranke“ an Bord gibt.
Susanne: Woher bekommt der Kapitän der DIANA II die Vorhersage für den jeweiligen Tag?
Silvia: Über Satelliten. Damit sind alle Schiffe ausgerüstet. Es gibt eine Art Wettervorhersage-Abo für Schiffe.
Susanne: Fährt das Whale-Watching-Boot immer die gleiche Strecke?
Silvia: Nein. Der Kapitän hat Funkkontakt zu den Schiffen und Fischerbooten, die sich zwischen Genua und Ventimiglia aufhalten. Von dort erfährt er, wo sich gerade Delfine und Wale befinden. Den Informationen entsprechend wählt er seine Tour aus.
Susanne: Trifft man eigentlich bei schönem Wetter – sprich glatter See und strahlendem Sonnenschein – eher Wale und Delfine an als bei bewölktem Himmel und etwas höherem Wellengang?
Silvia: Im Gegenteil: Es kann sein, dass man gerade bei etwas widrigeren Wetterverhältnissen mehr Begegnungen mit den Meeressäugern hat als bei sogenanntem „Bilderbuchwetter“. Aber eine Regel gibt es nicht. Am schönsten ist es natürlich, wenn wir nicht die Wale und Delfine suchen müssen, sondern wenn – vor allem die Streifendelfine – uns besuchen, um auf der Bugwelle der DIANA II eine Weile mitzusurfen.
Susanne: Wie groß, wie alt und wie schnell ist die DIANA II?
Silvia: Die DIANA II ist ca. 33 Meter lang. Auf ihr haben 300 Personen Platz. Das Schiff wurde 1983 gebaut. Es fährt auf den Whale-Watching-Ausfahrten zwischen 5 und 10 Knoten (das sind weniger als 20 km/h), damit die Wale und Delfine nicht zu sehr irritiert werden.
Susanne: Wie groß wird der Wal- bzw. Delfinbestand im Walschutzgebiet zwischen Korsika und Frankreich geschätzt?
Silvia: Man geht von ca. 30.000 Streifendelfinen aus und von etwa 3.000 größeren Walen (Pottwalen, Finnwalen usw.). Die Zählungen erfolgen von Genua per Flugzeug und per Schiff aus. Das Walschutzgebiet wird dabei in Quadranten eingeteilt.
Susanne: Gibt es neue Pläne für nächstes Jahr – was das Whale-Watching-Programm in San Remo angeht?
Silvia: Es wird eine Informationsbroschüre auf Italienisch und Deutsch geben sowie ein „Whale-Watching-Zertifikat“ für „Wal-Experten“. Außerdem richte ich auf unserem Schiff eine Fachbibliothek mit Wal- und Delfinbüchern ein. Des Weiteren werden wir Ausfahrten speziell für psychisch Kranke organisieren. Man hat nämlich herausgefunden, dass die Meeressäuger eine beruhigende, harmonisierende Wirkung auf Menschen mit Problemen haben.
Susanne: Mille grazie, Silvia. Arrivederci!
Silvia: Ciao, Susanne!