Berichte

Pro und contra Marineland


Themen:

(Susanne/Meeresakrobaten, 13. November 2002)
(Nachtrag Oktober 2008, siehe unten)

Begegnung mit Delfinen in Antibes

Nachdem ich im Juli 2002 die Möglichkeit gehabt hatte, hinter die Kulissen des Nürnberger Delfinariums zu blicken (siehe dazu auch meinen Bericht über den Besuch bei Senior-Delfin Moby), bin ich neugierig geworden, wie Delfine anderswo in Europa gehalten werden. Anfang Oktober 2002 machte ich mich also auf nach Antibes/Südfrankreich ins „Marineland“. Die Wahl fiel deshalb auf Antibes, weil an diesem Ort vor ca. 25 Jahren meine erste Begegnung mit Großen Tümmlern stattgefunden hatte. Ende der Siebzigerjahre stellte ich nämlich für eine biologisch orientierte Zulassungsarbeit innerhalb meines Lehramtsstudiums in Antibes Recherchen u.a. über das Verhalten von Delfinen an.

Ein Spektakel von gigantischem Ausmaß

Aus dem überschaubaren Vorführ-Areal von damals ist inzwischen ein großer Park geworden, in dem seit kurzem die weltweit spektakulärste Orca-Anlage untergebracht ist. Dümpelte 1978 noch ein einziger Schwertwal vor sich hin, teilen sich heute sechs dieser Meeresgiganten fünf untereinander abteilbare Becken, die zwölf Meter tief sind und insgesamt eine Wassermenge von 44 Millionen Litern fassen. Die Besucher können die Vertreter der größten Delfinart nicht nur über Wasser, sondern auch unter Wasser beobachten, da eines der Becken mit einer durchsichtigen Scheibe (64 mal 4,60 Meter) versehen ist.

Orcas in Antibes

Unter Wasser – und durch das „Fenster“ sichtbar – findet auch ein Teil der Orca-Vorführung statt. 2 der Kolosse imitieren die Gebärden der sich außerhalb des Beckens befindenden Trainer. Sie strecken dem Publikum die Zunge heraus, „küssen“ sich usw. Verhaltensformen, die in der freien Wildbahn selbstverständlich nicht vorkommen, aber welche die Zuschauer zu Begeisterungsstürmen hinreißen – wie das überall bei ähnlichen Tier-Darbietungen zu Land und zu Wasser der Fall ist.

Pro oder contra Delfinarien

Du wirst dich nun fragen, ob ich das Spektakel mit den Schwertwalen gut gefunden habe oder ob ich eher auf der Seite der Delfinariums- bzw. Orcanariums-Gegner bin. Eine allgemeingültige Antwort wirst du nicht erhalten, sondern nur ein „Teils-Teils“. Natürlich kann keine Beckengröße dem Bewegungstrieb großer Meeressäuger gerecht werden – übrigens ebenso wenig wie Gehege für Landtiere in Zooanlagen. Das steht fest. Doch ich hatte in Antibes ein gutes Gefühl, was den Umgang der Trainer mit den Tieren anging. Auch außerhalb der Vorführungen beschäftigten sie sich mit den Schwertwalen. Sie hielten sich bei den Orcas im Wasser auf, berührten die Tiere oft usw. Außerdem hat mir das Drumherum der Show (relativ niedriger Geräuschpegel, passende Musikauswahl, keine „schrille“ Darbietung) recht gut gefallen.

Trainer mit Delfin in Antibes

Mein Eindruck von der Delfin-Vorführung dagegen war eher negativ. Die in einem Extra-Becken gehaltenen sieben Großen Tümmler führten ihre „Kunststücke“ eingebunden in einer überaus hektischen, verniedlichenden Moderation vor. Ein vermeintlich sprechender Seelöwe führte mit einer synchronisierten „Pumuckel-Stimme“ durch das Programm. Das Ganze war ohrenbetäubend laut – genauso wie die zugeschaltete Musik.

Zum Glück gab es neben der den größten Teil der Vorführung ausmachenden schrillen Darbietung auch einen etwas ruhigeren Programmteil. Er bestand daraus, dass sich die Trainer mit ihren „Zöglingen“ nach einer einstudierten Choreografie leichtfüßig bzw. -flossig durchs Wasser bewegten.

Außerhalb der Vorführung ist Entspannung angesagt

Gut gefallen hat mir, dass die Zuschauer nach der Vorstellung nicht „verjagt“ wurden, wie das in manchen anderen Delfinarien der Fall ist, sondern dass man die Tiere in aller Ruhe vom Beckenrand aus beobachten konnte. Es befand sich mindestens eine Aufsichtsperson im Hintergrund, sodass die Delfine vor eventuellen menschlichen Übergriffen geschützt werden konnten. In den Vorstellungspausen machten die Tiere einen entspannten Eindruck. Sie dümpelten an der Wasseroberfläche, blinzelten die Zuschauer an, schrubbten sich an einer Plattform den Rücken usw.

Fazit und weitere Auskünfte

Wenn mein Besuch im Marineland nicht im Herbst stattgefunden hätte, sondern in den Sommermonaten, wäre zu dem ganzen mehr oder weniger lauten Spektakel rund um die Delfine und Orcas noch eine große Geräuschkulisse durch viele Zuschauer hinzugekommen.

Marineland 2008

Dieser Aspekt fiel im Oktober zum Glück weg, sodass ich mit den Meeressäugern und den anderen Wasserbewohnern (Flamingos, Seelöwen, Pelikanen usw.) fast alleine war. Im Sommer kann es dagegen schon mal passieren, dass man sich vor dem Marineland erst mal eine Stunde lang in eine Warteschlange einreihen muss, bevor man mit den anderen Besuchern von einer Station zur anderen „geschoben“ wird. Wenn du dich also auch für das Marineland interessierst, wähle für deinen Besuch unbedingt einen Termin außerhalb der Hauptsaison…
Weitere Auskünfte (in Französich und Englisch, Stand Oktober 2003) findest du auf der Homepage von Marineland.

Nachtrag August 2022

Nach einer Unwetterkatastrophe im Herbst 2015 präsentiert sich das Marineland heute neu. Robin de Vries schildert uns ihre Eindrücke …

Nachtrag Oktober 2008

Im Sommer 2008 hatte ich erneut das Marineland besucht. Ich war sehr erfreut, dass sich die schrille Delfin-Vorführung in eine harmonische ruhige Show gewandelt hat.

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