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Große Tümmler haben ein großes Gehirn


Dass Delfine – speziell der Große Tümmler – ein großes Gehirn haben und mit ihrem intelligenten Verhalten manch andere Tierart in den Schatten stellen, dürfte inzwischen hinreichend bekannt sein.


Dr. Lorenzo von Fersen kennt sich mit Delfinen sehr gut aus.
(Foto: Susanne Gugeler)

Kooperation mit dem Menschen

Auch in Delfinarien sind Tierärzte, Trainer und Pfleger immer wieder überrascht davon, wie klug und kooperativ die Meeressäuger sind, wenn es darum geht, eine vom Menschen abverlangte Leistung zu zeigen. „Sie geben uns das Blut freiwillig“, sagt die Tierärztin Stephanie Venn-Watson, die seit über zehn Jahren Delfine des Meeressäuger-Programms der US Navy betreut.

Wissen die Tiere, dass sie im Dienst der Forschung zur Ader gelassen werden? Wollen sie ihrer menschlichen Spielkameradin eine Freude machen? Vielleicht lockt sie auch nur der Fisch, mit dem sie nach dem Eingriff belohnt werden. Venn-Watson vermutet, dass es eine Mischung aus allem ist, das die Tiere zur Mitarbeit anspornt.

Delfine sind mit Kleinkindern vergleichbar

„Delfine sind hochintelligente Wesen mit Ich-Bewusstsein, Persönlichkeit und Einfühlungsvermögen, die in komplexen sozialen Verbänden leben“, sagt Lori Marino von der Emory University in Atlanta, Expertin für die Gehirne der Meeressäuger. Auf der Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften AAAS in San Diego präsentierten Marino, Venn-Watson und eine Reihe weiterer Wissenschaftler bemerkenswerte Forschungsergebnisse. Dabei geht es um mehr als Anekdoten und Verklärung der Meeressäuger: Die mitunter erstaunliche Ähnlichkeit zwischen Mensch und Delfin gibt Forschern Gelegenheit, auch rein menschliche Belange zu verstehen.

„Nach heutigem Wissen bewegen die Delfine sich mindestens auf dem geistigen Niveau eines Kleinkinds“, meint Diana Reiss, die ebenfalls an der Jahrestagung teilnahm. So wie kleine Kinder sind Delfine ab dem ersten Lebensjahr dazu fähig, sich selbst im Spiegel zu erkennen.

Delfinforscher Dr. Lorenzo von Fersen

Im Nürnberger Delfinarium werden seit mehreren Jahrzehnten Große Tümmler gehalten. Dr. Lorenzo von Fersen beschäftigt sich seit 1991 mit den Meeressäugern und ist außerdem Vorsitzender der Delfinschutzgesellschaft Yaqupacha. Von den Nürnberger Nachrichten auf die hohe Intelligenz der Delfine angesprochen, führt er aus, dass es ein gewisses Sprachverständnis bei Delfinen gibt. Doch bezweifelt er, dass man das Bewusstsein der Tiere wissenschaftlich feststellen kann. Er ist außerdem der Meinung, dass man die menschliche Sichtweise nicht auf Tiere projizieren sollte.

Von Fersen bestätigt jedoch, dass sich Gefühle in bestimmten Parametern messen ließen: So sind erhöhte Cortisol-Werte (Stresshormone) ebenso eindeutig nachweisbar wie Verhaltensstörungen (etwa Stereotypien). Die Zoos haben erkannt, wie wichtig Beschäftigung ist, um Apathie vorzubeugen. Dass Tiere generell ein Gefühl des Leidens empfinden, räumt von Fersen sofort ein.

Er hält es aber „für sehr gewagt“, daraus zu schließen, dass die Tümmler eine Individualität wie die Menschen besitzen. Allerdings sei dies der jetzige Wissensstand. Der Wissenschaftler will für die Zukunft nicht ausschließen, dass irgendwann doch ein Nachweis zu führen ist.

Haben Delfine ein Freiheitsempfinden?

Den Tieren ein „Freiheitsbedürfnis“ zu unterstellen, bewertet von Fersen als fraglich: „Ich bezweifle, dass wir Wissenschaftler dies mit unseren Methoden nachweisen können.“ Falls jedoch eines Tages der Freiheitsdrang eindeutig belegt werden kann, müsse man über die Haltung von Tieren allgemein ganz genau nachdenken.

Ein „Freiheitsempfinden“ spricht auch Tiergarten-Direktor Dag Encke den Delfinen ab. Lediglich die Grundbedürfnisse aller Tiere seien klar nachvollziehbar: „Sie wollen Sicherheit, Sex und Nahrung, es ist wie beim Menschen“, fasst Encke zusammen.

Wer oder was ist intelligent?

Die gängigen Einschätzungen von Intelligenz bewertet der Zoo-Chef als relativ: Der Mensch gilt als klügstes Wesen. Doch bezüglich der Jagd eines Huftiers sei der Tiger sicherlich schlauer. Natürlich ist es eine spannende Frage, so der Direktor, ob intelligente Tiere eine Zukunft denken und abstrahieren können. Dies wäre ein wichtiger Baustein für das Bewusstsein.

Doch er sieht in den Thesen des amerikanischen Wissenschaftskongresses darauf keine aktuellen Antworten. „Zum Teil sind das uralte Klamotten, die schon seit mehr als 20 Jahren bekannt sind“, resümiert Encke mit Verweis auf die Äußerungen zum riesigen Tümmler-Gehirn.
(Quellen: Süddeutsche.de und Nürnberger Nachrichten)

Anmerkung: Ein spannendes Thema!!! Dazu gibt es hier auf der Website den Artikel „Delfin-Gehirn und tierische Intelligenz“. Während meines Besuchs im Nürnberger Delfinarium wurden mir dazu von Dr. Lorenzo von Fersen interessante Erkenntnisse vermittelt. Weitere Recherchen haben mir außerdem offenbart, dass „intelligentes Verhalten“ nicht nur dem Menschen und Säugetieren vorbehalten ist …

3 Kommentare

  1. Ich finde schon, dass es eine Art von "mutig sein" ist, sich auf seiner eigenen Homepage immer wieder kritischen Stimmen auszusetzen. Das verdient in meinen Augen höchsten Respekt! – Genau das ist die Strategie, die Fortschritte bringt. Konstruktive Dialoge, Austauschen von Meinungen, dadurch entdecken neuer Aspekte und erlangen neuer Kenntnisse. Deshalb sag ich nochmal "Danke" für diese tolle Homepage und für die Möglichkeit des Austausches über die Kommentare!

    geschrieben von Doris
  2. Wie mutig, Susanne, dass du hier wieder Kommentare zulässt. LOL.

    soso: Sie wollen Sicherheit, Sex und Nahrung

    Sicherheit? Was ist Sicherheit für einen Delfin, der sich im offenem Meer ohne Grenzen, Mauer oder verschließbaren Türen befindet? – wohl doch eine große, wirklich große Gruppe von Artgenossen

    Fakt: hat er im Becken nicht

    Sex?

    Fakt: darf er nur mit den Tieren habe, die ihm im Becken zur Verfügung stehen – keine Auswahl – kein Ausweichen möglich

    Nahrung?

    Satt ist nicht alles, das wissen selbst wir Menschen. Nicht das Tier hat hier die Wahl sondern muss nehmen, was es bekommt. Und umsonst gibt es das auch nicht, Delfin muss schon was dafür tun. Jetzt kommt wieder: Die Delfine erhalten in jedem Fall ihr Futter.

    Aha, warum dann die Leckerlies nach jedem guten Trick?

    Resume: Keins der, bereits auf das Mimimum reduzierten, Grundbedürfnisse werden in Gefangenschaft gestillt.

    geschrieben von Doris
    1. Für mich bedeutet Mut etwas anderes, als Kommentare zuzulassen, Doris ;o)) Schließlich befindet sich wohl jeder von uns tagtäglich in einem Kommunikationsprozess mit anderen … Ich nehme mir aber weiterhin die Freiheit, eine Argumentationskette zu druchbrechen, wenn nichts Neues mehr gesagt (geschrieben) wird und sich alles nur im Kreis dreht.

      Dag Encke hat die Sicherheit auf alle Tiere bezogen … Zum Sicherheitsgefühl gehört zum Beispiel auch, sich auf jemanden verlassen zu können, bzw. dass bestimmte Rituale eingehalten werden. Darunter muss man nicht nur das Nicht-Gejagt-Werden und den persönlichen Schutz in der Gruppe verstehen. Gerade als Hundebesitzerin und im Gespräch mit anderen Hundebesitzern merke ich immer wieder, wie wichtig es den Vierbeinern ist, einen geregelten (sicheren) Tagesablauf zu haben, nicht alleine gelassen zu werden, regelmäßig ihr Futter zu bekommen usw.

      Da sind wir auch schon beim Punkt Nahrung, Doris: Delfine erhalten – genauso wie z.B. Hunde – Leckerlis zu ihrem "normalen" Futter dazu. Ob sie dafür ein Kunststück vollbringen müssen, ist wahrscheinlich ganz unterschiedlich und kommt auf den Trainer (Besitzer) an. Die Großen Tümmler in Nürnberg bekommen ihre Leckerlis jedenfalls auch, wenn sie keine Akrobatik zeigten ;o)) Das ist übrigens meine eigene Erfahrung – keine angelesene.

      Sex ist für Delfine sehr wichtig. Sie wechseln oft ihre Partner und machen auch vor Gegenständen keinen Halt, wenn es darum geht, ihre Triebe zu befriedigen. Das wurde sogar an frei lebenden Delfinen beobachtet. Ich glaube, sie nehmen es mit der Partnerwahl da nicht so genau. Man sollte auch hier wieder aufpassen, dass man Tiere nicht zu sehr unter menschlichem Aspekt sieht und eigene Erfahrungen auf sie projiziert. Wenn man diesen Punkt wieder auf Haustiere bezieht, so können einem die Wuffis, Miezen, Hasis usw. da wirklich leid tun. Wenn sie nicht sowieso unters Messer kommen, so haben sie vielleicht wenigstens noch die Möglichkeit, mit Kissen und dergleichen etwas Triebabbau zu erreichen.

      Mein Resümee: Die tierischen Grundbedürfnisse können sehr wohl in menschlicher Obhut gestillt werden, wenn eine gute Haltung des Tieres gewährleistet ist. Außerdem: Je mehr man sich mit dem Tier abgibt, desto mehr "intelligentes Verhalten" legt es an den Tag. Das habe ich sogar bei einem eher "primitiven" Nager – meinem Zwergkaninchen, das 11 Jahre alt wurde, bevor es an Altersschwäche starb – beobachten können. Das Schlimmste, was man Haus- und Zootieren antun kann, ist, sich nicht um sie zu kümmern …

      geschrieben von Susanne

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