Als „Cousins der Menschenaffen“ bezeichnet Dr. Luis Herman – Professor der University of Hawaii in Manoa – die Delfine. Er arbeitet schon jahrzehntelang mit den intelligenten Meeressäugern. Andere Forscher wollen den Delfinen sogar den „Status einer Person“ zubilligen.
Sprung durch einen Wasserreifen
(Foto: Rüdiger Hengl)
Dass Delfine kluge Wesen sind – daran gibt es mittlerweile wohl keinen Zweifel mehr. Auch die MEERESAKROBATEN haben diesem Thema einen ausführlichen Bericht gewidmet („Delfin-Gehirn und tierische Intelligenz“). Doch was bringt manche Wissenschaftler dazu, die Delfine auf eine Stufe mit dem Menschen zu heben?
Kreativ und planvoll
Diana Reiss vom Hunter College in New York „beweist“ die hohe Intelligenz der Delfine bei ihren Vorträgen immer mit einem Video. Dieses zeigt einen jungen Delfin am Boden eines Wasserbeckens, der aus seinem Atemloch eine Luftblase in Form eines Rings ausstößt. Er wartet kurz, beobachtet sein Werk, pustet dann einen zweiten Luftring in den ersten – und schwimmt mitten hindurch. Beigebracht hat ihm das niemand. „Das ist der erste Fall eines Tiers, das sich sein eigenes Spielzeug erschafft“, sagt Reiss, „und es ist zugleich ein Beispiel für kreatives und planvolles Verhalten.“ Viele Forscher sind sich einig: Nur intelligente Wesen können kreativ und planvoll agieren.
Ist den Delfinen die hohe – „menschenähnliche“ – Intelligenz angeboren? Diana Reiss sieht die besonderen Fähigkeiten der Meeressäuger in ihrem sozialen Leben begründet. „Delfine haben ein sehr gutes Gedächtnis“, erklärt die Delfin-Expertin. „Sie haben lange eine enge Mutter-Kind-Beziehung und lernen durch Beobachtung und Imitation. Ihr Lernen ist mit dem von kleinen Kindern vergleichbar.“
Delfine rufen sich beim Namen
In Delfinarien und Forschungsstationen haben Trainer und Wissenschaftler herausgefunden, dass Delfine nicht nur in der Lage sind, eine Zeichensprache zu erlenen, sondern auch neue Kombinationen bekannter Zeichen richtig zu deuten. Ein weiteres Indiz für eine ausgeprägte Intelligenz.
Aber auch miteinander „sprechen“ die Delfine. Dr. Elizabeth Hawkins von der australischen Southern Cross University entdeckte bei knapp 5.700 analysierten Delfin-Pfiffen 68 Pfiff-Typen, die sie zum Teil spezifischen Aktivitäten wie der Jagd oder sozialen Kontakten (Delfine rufen sich zum Beispiel mit individuellen Namenspfiffen) zuordnen konnte.
Dr. Bruno Diaz Lopez vom Bottlenose Dolphin Research Institute auf Sardinien untersuchte mithilfe von Hydrophonen (Unterwassermikrofonen) ebenfalls das umfangreiche Laut-Repertoire von Großen Tümmlern. Er fand u.a. heraus, dass nicht Pfiffe, sondern Klicklaute von den Delfinen benützt werden, um ihre Position in der Gruppe zu festigen. „So können sie Konflikte vermeiden und durch diese Konfliktvermeidung Energie sparen“, so Lopez. Ob Delfine eine eigene Sprache haben, ist noch umstritten, doch sie beherrschen möglicherweise eine bislang unverstandene Art von Grammatik.
„Bild der Wissenschaft“ schreibt dazu in der Dezember-Ausgabe: „Sicher ist: Delfine geben sich selbst mit einem individuellen Namen zu erkennen und rufen auch Artgenossen mit unterschiedlichen Namenspfiffen. Schon in den Kindertagen entwickeln Große Tümmler – eine von rund 30 Delfin-Arten – einen speziellen Pfeifton, den sie bis ins hohe Alter beibehalten und mit dem sie ihre Artgenossen auf sich aufmerksam machen. Kein anderes Tier auf dieser Erde tauscht in ähnlicher Weise Informationen über die eigene Identität aus – mit Ausnahme des Menschen.“
Noah kann mathematische Aufgaben lösen.
(Foto: Verena Pecsy)
Auf welchen Gebieten Delfine sonst noch punkten können
Sogar mathematische Aufgaben können Delfine lösen: Die Psychologin Annette Kilian von der Ruhr-Universität Bochum wies nach, dass Große Tümmler Mengenverhältnisse richtig einschätzen können. Delfin Noah aus dem Delfinarium in Nürnberg, mit dem sie experimentierte, konnte aus zwei Tafeln mit Symbolen jeweils diejenige auswählen, die weniger Elemente anzeigte – egal welche Form oder Größe die jeweiligen Symbole aufwiesen. Wahrscheinlich hilft diese Fähigkeit den Tieren bei der Erfassung ihrer Umwelt, wenn es zum Beispiel darum geht, Beute zu jagen.
Auch verschiedene Jagdtechniken zeichnen eine hohe Intelligenz aus. Sie reichen von einer Art La-Ola-Welle, die u.a. Orcas (die größten Delfine, die es gibt) bilden, um ihre Beute – Robben – von einer Eisscholle zu jagen, bis zu Luftblasenvorhängen, die die Fische irritieren sollen. Sogar Strandungen sind bekannt, bei denen sich Delfine an Land werfen, um an ihre Beute zu gelangen. Selbst mit Menschen verbünden sich Delfine, um mit ihnen zusammen zu jagen.
Die Liste an intelligentem Verhalten ließe sich beliebig forführen. Hier nur einige Stichworte, die in letzter Zeit die großen kognitiven Fähigkeiten der sympathischen Meeresakrobaten untermauerten:
* Delfine stülpen sich Schwämme als eine Art Mundschutz über die Schnauze und wühlen damit nach Fischen im sandigen Meeresboden.
* Delfine benützen Schneckengehäuse als Fangnetz.
* Das Gehirn eines Delfins ist fünfmal so groß, wie man es – gemessen an seinem Körpervolumen – vermuten würde.
* Delfine-Gehirne haben einen großen, stark gefalteten Neocortex. Dieser Teil der Großhirnrinde kommt nur bei Säugetieren vor und ist beim Menschen für das Lösen von Problemen, für Emotionen und für das Selbstbewusstsein verantwortlich.
* Delfine können sich im Spiegel erkennen. Sie verfügen also über Selbsterkenntnis – die wohl bedeutsamste Eigenschaft intelligenter Lebewesen.
* Delfine zeigen Empathie, also Mitgefühl für andere.
Delfine lernen durch Imitation.
(Foto: Silke und Christian Dürsch)
Delfine müssen die Rechte von Personen bekommen
Als Fazit fasst der Philosoph Thomas White von der Loyola Marymount University in Los Angeles zusammen: „Delfine haben eine hohe Intelligenz, sie können ihr Verhalten kontrollieren, sie haben Emotionen, ein Schmerzempfinden, eine Persönlichkeit und eine Form von Selbstbewusstsein. Außerdem behandeln sie andere Lebewesen nicht als Dinge, sondern als Personen, indem sie ihnen helfen.“ In der Konsequenz bedeute das, dass Delfine alle Bedingungen erfüllen, um sie, philosophisch gesehen, als „nicht-menschliche Personen“ zu betrachten. Und weil der Status einer Person in der Ethik auch immer verknüpft ist mit ihrem Schutz, fordert White u.a. in seinem Buch „In Defense of Dolphins“ (was mit „Im Namen der Delfine“ übersetzt werden kann): „Wir brauchen gesetzlich geregelte Rechte für solche Tiere.“
(Quelle: Bild der Wissenschaft online)
Ich möchte mal nachfragen, ob es schon aktualisierte Fakten gibt?^^
Liebe Susanne,
das ist kein Luftring! Luftring in der Luft würde man auch gar nicht sehen. Das ist irgendwie eine Wasserhülle, die offensichtlich träger ist als der Delfin. Deshalb kam es zu dieser für mich ungewöhnlichen Aufnahme. Dass der Delfin dabei wissentlich etwas gesteuert hat, bezweifle ich.
Danke für die Aufklärung ;o)) Werde die Bildunterschrift dementsprechend ändern. Gesehen habe ich solch ein Phänomen allerdings auch erst einmal, als wir zusammen in Antibes waren oder eigentlich erst hinterher beim Anschauen der Fotos. Irgendwie wirkt dieser "Sprung" durch den Reifen schon sensationell …
Gut, dass mal sämtliche Fakten ihrer Intelligenz in einem Beitrag zusammengefasst wurden.Sonst ließt man nur hier und da mal was.