Wenn man Libbys aktuellen Bericht aus Taiji liest, läuft es einem kalt über den Rücken. Sie wurde Zeugin, wie ein verzweifelter Delfin beim Versuch seinen Peinigern zu entkommen, gegen die Felsen der „Todesbucht“ sprang und blutüberströmt liegen blieb.
Das Tier gehörte zu einer Gruppe, die am gestrigen Morgen von den Delfinjägern in die Bucht getrieben wurde. Die 25 bis 30 Streifendelfine machten es ihren Jägern allerdings nicht leicht. Es dauerte offenbar Stunden, bis die Tiere eingefangen waren. Eingepfercht in die „Todesbucht“ gerieten die Delfine in Panik und versuchten zu entkommen. Zweien von ihnen gelang es, das Netz zu überspringen. Ein Tier entkam ins offene Meer, das zweite jedoch hetzte in die falsche Richtung – nämlich direkt auf die Felsen und auf Libby zu. So wurde die COVE GUARDIAN-Frau Zeugin eines äußerst tragischen Momentes. Das Tier geriet gegen einen Felsen und blieb blutend liegen.
Libby erzählt, dass sie total erstarrte, als sie diesen furchtbaren Vorfall mit ansehen musste.
Zwei gefangene Jungtiere wurden aus der Gruppe entnommen und in eine Kiste auf einem Lastwagen geladen, der sie in ein Leben fern ihrer Familie transportierte.
(Quelle: Sea Shepherd Conservation Society)
Libby erzählt in ihrem Blog auch von einer Japanerin, mit der sie gesprochen hätte. Die Frage, ob sie das Delfinschlachten befürworte, verneinte die Frau. Sie könne aber nichts dagegen tun, da es zur japanischen Kultur gehöre … Diese Aussage passt gut zu einem Artikel, den ich vorgestern in der Augsburger Allgemeinen gelesen habe. Dort wird ein Bildband von Michael Wolf vorgestellt, der die ausdruckslosen und sich ihrem Schicksal ergebenden Gesichter japanischer U-Bahn-Gäste zeigt. Der Fotograf hat sich in die vollgestopften U-Bahnen Tokios gewagt und die dort täglich pendelten Menschen für seinen Fotoband „Tokyo Compression“ eingefangen. Die Menschen kleben förmlich an den mit Schwitzwasser überzogenen Scheiben und halten größtenteils die Augen verschlossen. Tag für Tag geben sie sich der Tortur der Fahrt in einer total überfüllten U-Bahn in Tokio hin – still leidend, da diese Tortur eben zu ihrer Kultur gehört …
(Foto: Amazon)
Also der kurze Kommentar ist von einer anderen Doris :-)
Aber ich schließe mich da gerne an.
Es schmerzt, das zu lesen und ich weiß nicht, was ich machte, würde ich es mit ansehen müssen. Wann hört das denn auf?
Mir geht es genauso, Doris … Ich glaube, Hans Peter Roth – ein Schweizer Journalist und Autor von "Die Bucht" (Das Buch), der sich zurzeit im Auftrag von OceanCare auch vor Ort befindet – ist auch unglaublich mitgenommen von den Gräueltaten, die er bisher mit ansehen musste. Seinen Blog-Bericht findest du unter OceanCare.
Da wird man mal wieder drauf gestoßen, dass andere Kulturen völlig anders leben. Dass sie dann auch andere Werte, andere Weltvorstellungen und ein völlig anderes Denkschema haben, vergessen wir deshalb zu leicht. Man kann es sich ja auch so schwer vorstellen. Das ist wohl auch der Grund, warum man in vielen Bereichen gegen Windmühlen arbeitet. In den Köpfen mancher Kulturen sind die Dinge oft so fest verankert, dass man selbst nach Bemühungen über Generationen hinweg kaum eine Veränderung bewirken kann. Wir tun dies, um eine Verbesserung zu bewirken. Doch die andere Kultur sieht ihre Situation gar nicht verbesseungsbedürftig. Für sie ist der Zustand einfach "normal". Genau, wie Susanne das beschreibt. Sie finden sich damit ab. Das ist eine über Jahrzehnte oder gar Jahrtausende gewachsene Art der Resignation. Ein Dilemma, auf das die sogenannte zivilisierte Welt nur allzu oft stößt.