Bericht von Laurence Peree und Susanne/MEERESAKROBATEN, 17. Juni 2011
Zweieinhalb Wochen lang hat Laurence eine ganz fremde Welt erfahren dürfen, eine Welt, in der nicht die Zivilisationsprobleme unseres Alltags im Vordergrund standen, sondern wunderschöne Landschaften, wilde Tiere und das herrliche Gefühl, im Element Wasser zu schweben.
Laurence war in Patagonien unterwegs. Vom 10. bis 27. März 2011 erkundete sie das Land, das ganz im Süden von Amerika liegt und dessen Entfernung zur Antarktis gerade mal 1.000 km beträgt. In Patagonien gibt es die meisten geschützten natürlichen Gebiete Argentiniens, wie Nationalparks, natürliche Monumente und Reservate.
Noch bevor Laurence das Flugzeug bestieg, hat sie mir zugesagt, einen Bericht und Fotos für die MEERESAKROBATEN mitzubringen. Ich freue mich sehr, dass die MEERESAKROBATEN-Besucher nun an Laurence‘ großem Abenteuer teilnehmen dürfen. Vor allem ihre Begegnungen mit Orcas fand ich besonders interessant, auch wenn diese alles andere als idyllisch waren.
Orca-Attacken in Punta Norte
Laurence war mit einer der führenden Orca-Experten der Welt unterwegs, mit der Neuseeländerin Dr. Ingrid Visser. Die Biologin erforscht schon lange Orcas. Ihre Beziehung zu den Tieren beschränkt sich nicht nur auf wissenschaftliche Fakten, sondern „es ist auch eine Art Liebesbeziehung, mehr als eine Leidenschaft, ich bin besessen von ihnen“, erklärt Visser ihre Liebe zu den Tieren.
Laurence hat sich von diesem „Orca-Virus“ infizieren lassen, obwohl es nicht immer schöne Szenen mit diesen Meeresriesen gab. Auf der Jagd nach Seelöwen kommt einem sehr schnell der Name „Killerwale“ ins Gedächtnis. So werden die Orcas nämlich auch genannt. Für Ingrid Visser sind Orcas die „Wölfe des Meeres“, da ihr Jagdverhalten dem von Wölfen ähnelt. Dazu gehört das Einkreisen der Beute und das Hetzen bis zur Erschöpfung. Orcas beherrschen die Jagd nicht von vornherein. Sie müssen sie von den älteren Tieren abschauen. Deshalb töten Orca-Mütter ihr Opfer oft nicht, sondern verletzen es nur. Dann überlassen sie die Beute ihrem Jungen, damit es lernt, wie man ein Beutetier jagt.
Nur manchmal entkommen Seelöwen-Babys den großen Zähnen der Orcas, oft endet die Attacke aus dem Meer tödlich für sie. Die Seelöwen-Mütter tun zwar alles, um die Raubtiere von ihren Jungen fernzuhalten, doch die Orcas von Punta Norte sind sehr jagderfahren.
Gefährliches Jagdmanöver
Laurence hat mir erzählt, wie erstaunlich es war, dass die Orcas bis auf den Strand gleiten. Denn dem Strand vorgelagert sind schroffe Felsen, an denen sich die Meeressäuger verletzen können. „Der Ranger vor Ort erzählte uns, dass der Höhenunterschied vom Wasser bei Flut und Ebbe ca. 3 bis 3,5 Meter beträgt. Gar nicht so viel, wenn man bedenkt, wie groß so ein Orca sein kann! Da müssen sie richtig aufpassen, dass sie sich nicht an den Felsen aufschlitzen.“
Vom Ranger hat Laurence auch erfahren, dass die Orcas meist eine Stunde nach Einsetzen der Flut mit der Jagd beginnen. Drei bis vier Stunden lang patrouillieren sie dann vor dem Strand und halten Ausschau nach Seelöwen-Babys. Aber auch die Seelöwen-Mütter schwimmen am Strand auf und ab, um ihre ahnungslosen Babys vor der Orca-Gefahr zu schützen. „Unglaublich, wie sie sich angestrengt haben und wie sie teilweise im letzten Augenblick durch ein gefährliches Manöver die Orcas irritiert haben, sodass der Angriff scheiterte. Es waren echte Heldinnen!“, bewundert Laurence die flinken Meeressäuger. „Die Orcas trauen sich nur an die kleinen Seelöwen heran. Bei so niedrigem Wasserstand haben sie keine Chane, eine erwachsene Mutter zu erwischen. Dafür sind die Seelöwen-Mütter viel zu schnell und die Orcas viel zu langsam. Im offenen Meer sieht das wieder ganz anders aus“, gibt Laurence zu bedenken.
Aussichtspunkte
Sobald das Wasser wieder zurückgeht, schwimmen die Orcas hinaus aufs Meer. Es gibt allerdings eine ca. 50 m breite Stelle, die frei von Riffs ist. Dort jagen die Orcas länger. In Punta Norte wird sie „Attack Channel“ (= Angriffskanal) genannt. Frank Wirth hat hier einen spektakulären Film von der Jagd gedreht. Ein weiterer guter Aussichtspunkt für die Orca-Beobachtung ist El Mirador.
Jagdsaison
In den vergangenen 19 Jahren, in denen in Punta Norte die Orcas beobachtet und erforscht werden, gab es offenbar sehr selten Strandungen, bei denen ein Orca verletzt wurde. Darunter war keine, die tödlich für einen Schwertwal (so werden die Orcas auch genannt) ausging. Es sind außerdem lediglich acht Orcas (sieben Weibchen und ein Männchen) der hier registrierten Orca-Population, die diese Jagdmethode – „hunt by intentional stranding“ – gewählt haben. Die Orcas, die Laurence beobachtet hat, waren meist zu zweit oder zu dritt in Begleitung eines Jungtiers.
Gejagt wird von Februar bis April, denn in dieser Zeit trauen sich die im Januar geborenen Seelöwen zum ersten Mal ins Wasser. Außerhalb der Seelöwen-Aufzucht-Saison ernähren sich die Orcas von Fischen und Haien.
Andere Tiere im Schwarz-Weiß-Look
Aber nicht nur die Orcas haben es Laurence angetan. Sie sah außerdem die seltenen Commerson-Delfine, die ebenfalls wie die Orcas durch eine markante Schwarz-Weiß-Zeichnung auffallen. Schöne „Schwarz-Weiß-Burschen“ gab es auch an Land. Die Magellan-Pinguine ließen die kleine Forschergruppe ganz nah an sich heran.
Unter Wasser begegnete Laurence den flinken Seelöwen, die sich ohne Scheu den Tauchern näherten.
Laurence‘ nächste Ziele stehen schon fest. Gerne würde sie wieder eine Tour mit der kompetenten Orca-Forscherin Ingrid Visser unternehmen. Vielleicht geht es bald nach Neuseeland oder nach Vancouver Island …
Echt? Killerkatze? Man lernt nie aus.
Wieder ein schöner und interessanter Bericht bei den Meeresakrobaten,
der Erinnerungen an meinen eigenen Aufenthalt in Punta Norte weckt.
Es muss ein einmaliges Erlebnis gewesen sein, diese besondere Jagdmethode der Orcas mit eigenen Augen gesehen zu haben.
Und die Begleitung – Dr. Ingrid Visser – hätte wohl nicht kompetenter
sein können!
Die Aufnahme des Commerson-Delfins gefällt mir besonders gut.
Das war sicher eine außergewöhliche Erfahrung mit der Gelegenheit zu spektakulären Fotos. Danke für den informativen Bericht. Tja, unsere heißgeliebten Orcas können manchmal schon ganz schön gruselig sein…aber das empfinde ich bei einer Katze, die eine Maus oder einen Jungvogel totspielt, ganz genauso. Und trotzdem würde niemand auf die Idee kommen, eine Katze den Titel "Killer" zu verpassen ;-)
Doris, dann musst du mal googeln – dort findest du über 40.000 Einträge zur Killerkatze ;o))))