Es werden seit einiger Zeit immer mehr Orcas (auch Schwertwale oder Killerwale genannt) in den Gewässern um Vancouver Island/West-Kanada gesichtet. Das ist nichts Ungewöhnliches, wenn man an die ortstreuen Tiere denkt. Aber es geht um Wale, die sich sonst nicht so nah an der Küste blicken lassen – die sogenannten Transient Whales.
Residents und Transients
Die Transients unterscheiden sich von den ortstreuen Walen (den sogenannten „Residents“) in ihrem Beutespektrum. Anders als die immer an der Küste von Vancouver Island lebenden Orcas, die sich ausschließlich von Fisch ernähren, pendeln die Transients zwischen Alaska und Washington. Sie machen nicht Jagd auf Fisch, sondern auf Seelöwen, Seehunde oder Schweinswale. Die Wale dieser Population kommunizieren außerdem wesentlich weniger als ihre residenten Artgenossen.
Vor allem in der Nähe von Nanaimo wurden in den letzten Wochen vermehrt Transients gesichtet. Dr. John Ford, der die Orcas rund um Vancouver Island erforscht, fragt sich, was wohl die Ursache für diesen ungewöhnlichen Besuch ist.
Bis zu 30 dieser „Vagabunden“ ziehen zurzeit an der Küste entlang. Normalerweise sieht man erst im August oder im frühen September ab und zu Transients an den Küsten. Dort fangen sie dann die im Frühjahr geborenen Seehunde.
Gedeckter Tisch
Bis jetzt können die Wissenschaftler nur spekulieren, warum sich so viele der Wale bereits im Frühjahr hier eingefunden haben. Ford vermutet, es liegt daran, dass die Population der Seehunde und Seelöwen in dieser Region sehr angestiegen sei und die Orcas an der Küste Vancouver Islands einen gedeckten Tisch vorfänden.
Wachsende Bestände
Auch die Anzahl der Transients ist angestiegen. Wurden in den 1970er-Jahren noch 50 Wale beobachtet und registriert, die zwischen Alaska und Washington pendelten, so sind es mittlerweile 250 Individuen. Sie werden vor allem in der Strait of Georgia angetroffen. Der Bestand der Seehunde ist zwischen 1970 und heute um das Zehnfache angestiegen – man schätzt ihn auf 52.000 Tiere.
Unterschiedliche Sozialverbände
Da die Transients ein großes Jagdgebiet haben, sind sie bisher nur spärlich erforscht. Anders sieht es da bei den Residents aus. Ihre Individuen sind katalogisiert und bekannt. Ford geht davon aus, dass sich die Transients nur zum Jagen und Fortpflanzen in großen Gruppen zusammenfinden und sich dann wieder in kleinere Pods aufsplitten. Die Residents bleiben dagegen das ganze Jahr über in großen Pods zusammen.
Orcas sollen katalogisiert werden
Ford arbeitet an einem Katalog, in dem alle Transients aufgelistet sind. Anhand der Fotos von den Rückenflossen kann man die einzelnen Individuen erkennen. Ford bittet alle Wassersportler und Kapitäne, mithilfe des Katalogs Ausschau nach Transients zu halten, um deren Verhalten besser erforschen zu können. Allerdings mahnt Ford, dass man sich den Tieren nicht allzu sehr nähern, sondern immer einen Abstand von etwa 100 Metern einhalten soll, um die Wale nicht zu stören.
(Quelle: Times Colonist)