Im ersten Programm kam am 17. Februar 2013 um 17 Uhr ein hochinteressanter Beitrag über die Delfine von Golfo Aranci/Sardinien. Da ich 2009 selbst vor Ort war und dort den Delfin-Forscher Bruno Diaz Lopez kennengelernt hatte, hat mich die Sendung natürlich auch aus diesem Grund vor den Bildschirm gelockt ;o))
Begegnung mit Bruno
Ich habe Bruno als sehr freundlichen und kompetenten Delfin-Forscher erlebt, der mir alle meine Fragen professionell beantwortet hat. Leider konnten wir nicht hinaus in den Golf fahren, da zu dieser Zeit der Mistral wehte – oder besser gesagt stürmte. Doch auch die Stunden im Bottlenose Dolphin Research Institute mit Bruno und mehreren Praktikantinnen waren eine Bereicherung für mich und die MEERESAKROBATEN. Meinen Bericht über meinen Aufenthalt im BDRI findest du hier.
Zum Film
Es wurde gezeigt, dass die intelligenten Meeressäuger ihre Jagdstrategien je nach Lebensraum ändern können. So haben sich die ortstreuen Großen Tümmler von Golfo Aranci (im Nordosten Sardiniens) darauf spezialisiert, Fische aus den Netzen einer Fischfarm zu stibitzen. Die Fischgehege befinden sich nur ein paar Hundert Meter vom Ufer entfernt und sind daher für Beobachter leicht zu erreichen.
Bruno hat sich deshalb diesen Forschungsort ausgesucht. Mit der Fotoidentifikation (einer nicht-invasiven Forschungsmethode) hat Bruno herausgefunden, welche Delfine sich an den Netzen gütlich tun. Dazu gehören eine Mutter mit ihrem Kalb. Sie sind quasi Stammgäste an der Farm.
Per Unterwassermikrofon fand der Wissenschaftler heraus, wie die Delfin-Mutter ihr Kalb durch die gefährlichen Netz- und Seilkonstruktionen unter Wasser leitet. Die beiden Delfine bleiben durch ihre hoch-frequenten Töne immer in Kontakt.
Außerdem finden sich die Meeressäuger mithilfe der Echo-Ortung selbst in trüben Gewässern sehr gut zurecht. Dazu stoßen sie Klicks aus, die von einem Gegenstand zurückgeworfen werden und dem Delfin ein räumliches Bild von seiner Umgebung ermöglichen. (In Delfinarien hat man herausgefunden, dass Delfine Dinge, die sich bewegen, bis auf einen Zentimeter genau orten können.)
Wie man auf den Tonaufnahmen hören konnte, kommunizierten Mutter und Kalb ständig miteinander. Man bekam den Eindruck, sie berührten sich mit ihren Lauten.
Unterschiedliches Nahrungsangebot
Man könnte vermuten, dass sich die Großen Tümmler vom Golf von Aranci nur in den Sommermonaten so nahe an der Küste Sardiniens aufhalten. Denn nur im Sommer nähern sich Wildfische der Fischfarm, um dort aus den Netzen entweichende Pellets (Futter für die Zuchtfische) aufzunehmen. Doch 15 Delfine bleiben auch im Winter ortstreu. Sie haben ihr Wanderverhalten aufgegeben.
Bruno ist der Frage nachgegangen, welche Beute die Delfine machen, wenn die wilden Fische in tiefere Gewässer abgewandert sind. Dazu hat er sich selbst unter Wasser begeben. Er hat festgestellt, dass die Delfine kleine Löcher in die Fischfarm-Netze beißen und sich dann tote Fische aus dem Gehege angeln oder sich die aus dem Gehege entweichenden Zuchtfische schnappen.
Delfine können auf engstem Raum überleben
Diese Nahrungsanpassung ermöglicht einer ganzen Gruppe Delfine im mittlerweile völlig überfischten Mittelmeer auf engstem Raum zu überleben. Da diese Fähigkeit an die Jungtiere weitergegeben wird, kann man davon ausgehen, dass die ortsansässige Population in Sardinien noch lange zu beobachten ist.
Bruno Diaz Lopez steht in Kontakt mit den Fischfarm-Besitzern. Er möchte erreichen, dass die Delfine trotz ihres diebischen Verhaltens akzeptiert werden. Bis heute hat er es geschafft, dass die Großen Tümmler von Aranci nicht vertrieben werden.
Die Sendung „Diebische Delfine“ kannst du in der Videothek im Ersten ansehen.
Du kannst übrigens Bruno beim Forschen unterstützen. Der Meeresbiologe bietet jedes Jahr Seminare und Praktikumsstellen für Studenten und interessierte Laien an. Mehr dazu auf der Website vom BDRI.
Genau das ist der Punkt, Rüdiger. Es gibt viele verschiedene Delfinarten, die verschiedene Gewohnheiten haben. Aber auch bei den Tieren, die einer Art angehören, gibt es Unterschiede, wie die küstenfern und küstennah lebenden Populationen des Großen Tümmlers zeigen.
Für diese ortstreuen Delfine, die sich in einem Gebiet aufhalten, wo das Meer nur wenige Meter tief ist, scheint die wie in einer tibetanischen Gebetsmühle ständig wiederholte Aussage, dass Delfine täglich bis zu 100 Kilometer weit schwimmen und bis zu 300 Meter tief tauchen dann ja wohl nicht zu gelten.
Könnte es sein, dass Delfine, wenn sie sich in einem Gebiet wohlfühlen und genug Nahrung haben, gar nicht drauf angewiesen sind, auf "Nahrungssuch-Wanderschaft" zu gehen?
Die Delfine bei Golfo Aranci fühlen sich augenscheinlich ja wie "All-inclusive-Gäste" im "Hotel Lagune".