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Tourismus-Unternehmen gibt sich „delfinfreundlich“


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MEERESAKROBATEN, 21. Juli 2013
Siehe bitte auch Nachtrag vom 8. September 2015 (am Ende des Beitrags)

Prangte das Zertifikat „delfinfreundlich“ bisher nur auf Thunfisch-Konserven und gab darüber Auskunft, wie der Dosen-Inhalt gefangen wurde, begegnet man der Auszeichnung seit neustem auch im FTI-Katalog.

Lagune in Antibes/Frankreich  (Foto: Susanne Gugeler)

Lagune in Antibes/Frankreich
(Foto: Susanne Gugeler)

Ob der FTI-Touristik/München mit dem Wort „delfinfreundlich“ mehr Kunden „ins Netz gehen“ werden, bleibt allerdings abzuwarten, denn das Prädikat wurde nicht etwa von einem Fachmann verliehen, sondern von dem Steuerberater und Delfinariengegner Jürgen Ortmüller aus Hagen/Westfalen, der sämtliche Delfin-Anlagen auf der Welt über einen Kamm schert.

Und wie ein Delfinariengegner das Wort „delfinfreundlich“ (in seinem Sinne) definiert, kann man sich leicht vorstellen.

Zuckerbrot und Peitsche

Jürgen Ortmüller von der Ein-Mann-Organisation WDSF lobt die FTI-Touristik in den höchsten Tönen, nachdem er kurz zuvor das Unternehmen zusammen mit Mitstreitern in Facebook massiv unter Druck gesetzt hatte.

Anlass für die Protestwelle war, dass die FTI-Touristik in ihren Reiseangeboten weltweit auch einige Delfinarien beworben hatte.

Aufgrund – ich nenne es mal – „sozialer Erpressung“ einiger Facebook-User versicherte die FTI-Touristik am 10. Juli 2013 in einer Pressemitteilung, dass das Unternehmen in Zukunft auf die Bewerbung von Delfinshows verzichten und „aus Tierschutzgründen grundsätzlich vom Besuch von Delfinarien“ abraten würde.

Delfin-Lagune in Harderwijk (Foto: Frank Blache)

Delfin-Lagune in Harderwijk (Foto: Frank Blache)

Der „Prädikat-Verleiher“ Ortmüller zeigt sich in einer Presseerklärung allerdings wenig glücklich über die späte Einsicht der FTI-Touristik. „Das ist eine Scheinheiligkeit sondergleichen. Erst wenn wir vom WDSF einen wirtschaftlichen Druck über Pressemitteilungen und über die sozialen Netzwerke aufbauen, bangen die Veranstalter um ihre Reisebuchungen und geben klein bei“, schimpft er.

Rundumschlag gegen alle Delfinarien

Um sich Gehör zu verschaffen, hat sich Ortmüller auch im Fall FTI mal wieder seiner (unbewiesenen) Lieblingsthese bedient, die er – ohne irgendwelche Beweisfotos oder Dokumentationen zu liefern – auf alle Delfinarien in südlichen Ländern anwendet und damit überall, wo Delfine gehalten werden, übelste Tierquälerei suggeriert: „Aufgrund fehlenden Sonnenschutzes verbrennen die Delfine regelrecht in der sengenden Sonne des Südens.“

Auch die Behauptung, dass „verstorbene Delfine über Nacht ausgetauscht“ würden, ist typisch für Ortmüllers Rundumschlag gegen alle Delfinarien. Klar, dass derartige unsinnige Schlagzeilen bei den Medien und uninformierten Laien wirken.

Doch hat die FTI-Touristik tatsächlich klein beigegeben, wie Ortmüller annimmt? Nur auf den ersten Blick. Denn das Reise-Unternehmen wirbt weiterhin für den Loro-Park auf Teneriffa, in dem Große Tümmler und Orcas beheimatet sind.

Der Loro-Park wird am Flughafen beworben. (Foto: Susanne Gugeler)

Der Loro-Park wird am Flughafen beworben.
(Foto: Susanne Gugeler)

Späte Einsicht oder nur ein Lippenbekenntnis?

So kann man auf der Website von FTI-Touristik Folgendes lesen (Stand 21. Juli 2013):

„Ebenfalls sehr beliebt ist der Tierpark Loro Parque (mit rund 2.000 Papageien und einer Delfin-Show) …“

(Zu finden ist der Text unter „Umgebungsinfos“ bei Puerto de la Cruz.) Wenn das keine Werbung für ein Delfinarium ist …

Einem Bekannten hat die FTI-Touristik auf dessen Anfrage versichert, dass der (Zitat FTI) „tierfreundliche Loro Parque auch noch weiterhin angeboten“ würde. „Ausflüge zum Park können direkt vor Ort beim Reiseleiter gebucht werden“, heißt es in der Bestätigung von der FTI-Touristik weiter. Tztztz …

Sind die Beteuerungen der FTI-Touristik also doch nur Lippenbekenntnisse, die genauso wie der dekorative Aufdruck auf den Thunfischdosen einzig und allein das Gewissen der Käufer beruhigen sollen, aber keinerlei Delfinschutz gewährleisten …

Oberpeinlich

Das WDSF stellt beim Thema „FTI verzichtet weltweit auf Delfin- & Orca-Show-Werbung“ ausgerechnet ein Foto vom Loro Parque ein, das den Schwertwal Tekoa zeigt. Den Loro Parque bewirbt FTI jedoch weiterhin (s.o.).

Können Flug- und Kreuzfahrtanbieter überhaupt „delfinfreundlich“ agieren?

Delfinfreundlich heißt für mich, das Meer so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Doch ein Tourismus-Unternehmen, das Billig-Flüge und Lockangebote für Kreuzfahrtreisen im Angebot hat, kann meiner Meinung nach von Haus aus schon gar nicht „delfinfreundlich“ sein.

Auch jeder Tourist muss sich im Klaren darüber sein, dass er auf einer Delfin-Safari in den Lebensraum der Meeressäuger eindringt und die Tiere stören kann …

Mehr zu FTI und der Bewerbung von Delfinarien

Sealife-Park in Oahu – Schwimmen mit Delfinen

Im Wal-Museum von Taiji läuft der Delfin-Handel ab.

Diese Einrichtung in Taiji/Japan ist nicht zu empfehlen, denn von hier aus werden gefangene Delfine in asiatische Länder verkauft.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen …

… auch die MEERESAKROBATEN lehnen eine nicht artgerechte Haltung sowie den Fang von Delfinen ab.

Aber deshalb gleich alle Einrichtungen über einen Kamm zu scheren, finde ich falsch. Außerdem kommen Zoos, in denen Delfine leben, heute weitgehend ohne Wildfänge aus. Inzwischen gibt es so viele Nachzuchten, dass auf den Fang von Delfinen verzichtet werden kann – Ausnahmen sind Freizeitanlagen in asiatischen Ländern, die regelmäßig frisch gefangene Delfine aus dem Delfinfang-Ort Taiji/Japan aufnehmen.

Sollte eine Prüfung vor Ort (mit Beweismaterial) ergeben, dass Tiere gequält oder inakzeptabel behandelt werden, sind Protestaktionen angebracht und der Reiseanbieter muss in diesem Fall selbstverständlich seine Werbekampagnen für die entsprechende Einrichtung einstellen.

Meiner Meinung nach ist es jedoch sehr wichtig, unterschiedliche Stimmen zu hören und sich nicht ausschließlich auf die Meinung eines einzelnen, fachfremden Delfinariengegners zu stützen. Sonst ist keine seriöse Entscheidung für oder gegen ein Delfinarium möglich.

Delfinshows werden nicht geplant, sondern spontan besucht

Außerdem plant nach meinen Erfahrungen kaum ein Tourist seinen Urlaub danach, ob sich im Reiseland ein Delfinarium befindet oder nicht.

Der Besuch solcher Einrichtungen im Ausland wird spontan vor Ort gebucht, wenn der Tourist durch Auslagen im Hotel, Plakate in der Stadt oder Aktionen der lokalen Freizeitanbieter auf ein Delfinarium aufmerksam gemacht wird und er sich zum Beispiel an einem eher regnerischen Tag eine Delfinshow anschauen möchte.

Nachtrag vom 8. September 2015

FTI hat sich endlich vom WDSF losgesagt. Siehe Pressemitteilung des sehr erbosten Jürgen Ortmüller vom 8. September 2015.

Auch im Winterkatalog 2015/2016 (Seite 164/165) wird der Loro-Park von FTI nun wieder aktiv beworben.

Selbstverständlich fällt Ortmüller mal wieder nichts Besseres ein, als zum Boykott aufzurufen …

4 Kommentare

  1. Ein Leser der Meeresakrobaten hat mich gerade darauf aufmerksam gemacht, dass das WDSF unter der Überschrift "FTI verzichtet weltweit auf Delfin- & Orca-Show-Werbung" ausgerechnet ein Foto vom Loro Parque verwendet hat. Aber dieser Park auf Teneriffa wird weiterhin von der FTI beworben (siehe mein Beitrag oben) … Das ist oberpeinlich!

    geschrieben von Susanne
  2. Anmerkung zu Loro-Parque: Dieser Park hat eine nagelneue, gerade erst modernisierte Delfinlagune, die zudem intensiv wissenschaftlich genutzt und betreut wird. Loro-Parque ist eines der aktivsten Mitglieder im EAAM e.V. und wird von den wissenschaftlichen Delfin- und Meeresforschern als vorbildlich eingestuft. Die Herkunft aller dort gehaltenen Tiere ist lückenlos bekannt, die veterinärmedizinische Betreuung hervorragend. [Quelle: EAAM-Symposium 2013].
    60% der dort lebenden Delfine sind bereits Nachzuchten, bei den Orcas sogar 86% (= 6 von 7, der einzige Wild"fang" ist Morgan, der gestrandet war und aufgrund eines Hörschadens nicht mehr ausgewildert werden kann). [Quelle: http://www.Ceta-Base.com]

    Von daher spricht es eher für FTI, dass Besuche in diesem Park weiterhin angeboten werden. Es wäre viel schlimmer, wenn noch mehr Touristen zum "Whale-Watching" gekarrt würden – zumal sich auch in dieser Branche inzwischen weiße und schwarze Schafe weitgehend die Waage halten dürften.

    geschrieben von Norbert
    1. Norbert, ich finde es halt scheinheilig, wenn FTI ganz vorne im Katalog schreibt:

      "FTI Touristik rät vom Besuch von Delfinarien und Orca-Shows aus Tierschutzgründen ab. Vom Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) wurden wir daher als delfinfreundlich ausgezeichnet."

      Dann aber die Shows doch bewirbt. FTI führt damit die Leute aufs Glatteis, wie ich finde.

      Dass FTI versucht, mit einem mehr als fragwürdigen "Zertifikat" von Ortmüller mehr Touristen zu "fangen", ist nicht akzeptabel.

      geschrieben von Susanne
  3. Da ist er wieder, der weltweit einzigartige Jürgen Ortmüller, heute in seiner Funktion als Exklusiv-Zertifikats-Verteiler!

    Für seinen beispiellosen Einsatz, für seine mit nichts zu vergleichenden Penetranz und seine ausgeprägte Medienpräsenz verleihe ich Ortmüller heute und hier exklusiv das Zertifikat: „Weltweit wohl aktivster, sich ohne Hintergrund in den Vordergrund spielender „delfin-kenntnis-freier“ Geschäftsführer einer sich nur dem Namen nach für Delfine einsetzenden, steuerbefreiten Organisation.“

    Zur Würdigung im Detail:

    Ortmüllers Aussage „Kaum ein Delfin in Gefangenschaft überlebt mehrere Jahre“ ist schlicht und einfach nicht wahr, in den Bereich „unbewiesener und unbeweisbarer“ Populismus einzustufen und durch nichts zu halten.

    Zu seiner Aussage „Besucher betreten mit Straßenschuhen die Beckenränder und fördern die Bakterienentwicklung“ kann man nur sagen: „Und?“

    Von Anbeginn an leben auf Menschen und Tieren (auch auf Delfinen!) Bakterien und zwar in einer Größenordnung jenseits unseres Vorstellungsvermögens. Diese Bakterien sind für Mensch und Tier überlebensnotwendig und halten deren „Chemie“ im Gleichgewicht. Würden Bakterien fehlen, erhielten beispielsweise Pilze die Oberhand, die dann auf ihre Weise das Leben des „Wirts“ beeinflussen.

    Zum Glück ist Ortmüller aber nicht „Gottvater“. Fauna und Flora hätten sich niemals entwickeln und einpendeln können. Die Erde wäre tot, hätte aber ein exklusiv verliehenes Zertifikat.

    Auch für Ortmüllers zweite Aussage „Todesfälle werden vertuscht und verstorbene Delfine über Nacht ausgetauscht“ gibt es nicht einen einzigen Beweis. Selbst wenn irgendwo auf der Welt einmalig ein totes Tier ausgetauscht worden sein sollte, ist es in höchstem Maße unreell, unlauter, unseriös, um nicht zu sagen hinterlistig, derartige Behauptungen verallgemeinernd für alle Delfinarien (auch für die deutschen, zu denen ich stehe) zu tätigen.

    Warum nur lassen sich manche Menschen von dieser „Einmanngesellschaft“ dermaßen blenden?

    Man muss doch nur vergleichen, was Ortmüller schreibt, beispielsweise „Darüber hinaus hat die FTI Group sämtliche Reiseleiter vor Ort und ihre rund 3.500 Mitarbeiter sowie etwa 10 000 Partneragenturen angewiesen, in keinem Urlaubsland mit Delfinarien mehr Tickets für Delfin-Shows anzubieten“ und was Realität ist.

    Vielleicht bietet FTI ja tatsächlich keine Karten mehr an. Trotzdem FTI bewirbt auch heute noch den Loro-Parque und die dortigen Shows. „Der Loro Park zählt zu den schönsten Tiergärten der Welt und feiert in diesem Jahr sein 40-jähriges Jubiläum. Mittlerweile beherbergt der Park neben der weltweit größte Papageiensammlung zahlreiche weitere spannende Tierarten wie die einzigartigen Orcas, die aus SeaWorld USA nach Teneriffa kamen, oder die Delfine und Seelöwen, die Sie mit ihren Tricks und ihrer Intelligenz in ihren Shows begeistern werden. Unterhaltung für die ganze Familie ist hier garantiert.“ Nachzulesen auf: http://www.fti.de/fti-family/teneriffa-loro-park-… den Loro Parque

    Was sind Ortmüllers Aussagen und Zertifikate schlussendlich also wert? Was sind die Lippenbekenntnisse von FTI wert?
    Das kann doch wohl jeder für sich selbst beurteilen.

    geschrieben von Rüdiger

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