Gast-Beitrag von Philipp J. Kroiß/15. Dezember 2013
Wie lernen Orcas?
Orcas in Menschenobhut lernen auf, grob gesagt, drei Arten.
* Es ist möglich, dass ein Orca von einem anderen lernt. Ein Orca macht dabei ein Verhalten vor und der zweite macht einfach mal mit. So ein Vorgehen ist als Prinzip sehr naturnah. Auch in der Wildbahn lernen Orcas von erfahrenen Kollegen neues Verhalten. Die Orcas arbeiten im Team. Auch in der Wildbahn ist team work wichtig, um zu überleben.
* Eine weitere Möglichkeit ist die Arbeit mit einem Target (eine Art verlängerte Hand des Trainers). Nachdem das Tier an das Target gewöhnt worden ist, wird es möglich, durch das Target Verhalten zu erarbeiten, indem das Tier dem Target folgt. Ist das Verhalten mit dem Target erlernt, beginnt das schrittweise Weglassen der Hilfen durch das Target, sodass später das Verhalten ohne Target möglich ist.
* Die dritte Möglichkeit ist das Abpassen. Dabei wird das gewollte Verhalten abgewartet und dann fleißig belohnt. Anschließend wird das Bewusstsein des Tieres dahingehend gestärkt, wie das richtige Verhalten genau beschaffen sein soll. Mit diesem Vorgehen wird zum Beispiel trainiert, dass eine Urinabgabe des Tieres für medizinische Zwecke stressfrei ablaufen kann.
Der Weg ist das Ziel
Nicht nur beim zuletzt erwähnten Vorgehen ist der Weg weit und dauert nicht kurz. Häufig geht man dabei in kleinen Schritten vor. Natürlich ist das aufwendig für die Trainer, so vorzugehen; für die Tiere ist es aber ein sehr lohnenswertes und sinnvolles Vorgehen. So ist der Weg auch das Ziel.
Warum man Orcas in Menschenobhut Lernaufgaben stellt, liegt eigentlich auf der Hand: In der Wildbahn sind die Tiere täglich neuen Herausforderungen gegenübergestellt, bei denen auch das Lernen eine wichtige Rolle spielt. Die Tiere sind also in der Natur immer geistig gefördert und gefordert.
Gleiches muss man natürlich auch in der Haltung nachempfinden, um ordentliche Haltungsbedingungen zu garantieren. Training ist aber nicht nur bei Orcas ein sinnvolles Mittel des behavioural enrichment. Vielen Tieren in verschiedensten Arten kann man Verhalten beibringen, die ihren Alltag in Menschenobhut maßgeblich bereichern und vereinfachen (Beispiel medical training: Die Erarbeitung der einzelnen Verhalten bereichert den Alltag durch geistige Herausforderung und das erlernte Verhalten vereinfacht veterinärmedizinische Untersuchung nachhaltig).
Training ist also in erster Linie wichtig, um Orcas ordentlich zu halten. Schwertwale, die sich den ganzen Tag ohne geistige und körperliche Herausforderungen im Becken langweilen, sind nicht tiergerecht gehalten. Deswegen ist Training und jeder Bestandteil der HELPRS-Regel wichtig, weil sie dafür sorgen und garantieren, dass es den Tieren in Menschenobhut gut geht.
Den Beitrag von Jenni Schmidt habe ich auf Bitten der Kommentatorin gelöscht.