Nachdem sich die SPD/Nordrhein-Westfalen vom PIRATEN-Antrag, das Delfinarium in Duisburg zu schließen, distanziert hat, ist der übliche „Delfinariengegner-Shitstorm“ auf der Facebook-Seite der Partei losgegangen.
Nicht nur, dass Shitstorm (Wikipedia: Massenhafte öffentliche Entrüstung führt dazu, dass sachliche Kritik mit zahlreichen unsachlichen Beiträgen bis hin zur Schmähkritik vermischt und eine sinnvolle Diskussion dadurch verhindert wird.) offenbar gerade in Mode ist (siehe Markus Lanz oder Giraffe Marius), halte ich für verwerflich, sondern auch die Argumentation der PIRATEN und deren Anhänger. Diese wollen dem Leser tatsächlich weismachen, dass die Delfine im Duisburger Zoo leiden würden und dass dort Tierquälerei stattfinden würde.
Ich gehe davon aus, dass keiner der „Shitstormer“ die Großen Tümmler in Duisburg sowie deren Pfleger kennt. Sonst würden sie solch einen Unsinn nicht behaupten.
Die Antwort der SPD auf den Shitstorm (veröffentlicht auf Facebook) gefällt mir gut. Daher möchte ich sie hier – versehen mit eigenen Kommentaren – wiedergeben:
SPD: Die Entscheidung der nordrhein-westfälischen SPD-Fraktion, dem Antrag der Piraten-Fraktion zum „Verbot der Haltung von Delfinen“ nicht zu folgen, sorgt für harsche Kritik. Deshalb einige erklärende Sätze zu unserer Haltung:
Bislang hat der Delfinschutz in Deutschland Vorbildfunktion und das weltweit. Auch für uns als SPD-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen ist unstrittig, dass der internationale Artenschutz im Allgemeinen und der Tierschutz in Deutschland im Speziellen konkretisiert und verbessert werden können. Allerdings ist das nur möglich, wenn beispielsweise die aktuelle Diskussion um die deutschen Delfinarien weitergeführt wird – allerdings wissenschaftlich und seriös.
MEERESAKROBATEN: Genauso sehe ich das auch. Wie die Zoos allgemein in den letzten Jahren bewiesen haben, wird die Haltung von Tieren immer weiter optimiert. So wird schon lange nicht mehr auf Quantität, sondern auf Qualität gesetzt. Beispielsweise wird in vielen zoologischen Einrichtungen zugunsten einer Tierart auf eine andere verzichtet So geschehen in Münster. Dort hat man zugunsten der Elefanten (bzw. des betreffenden Gehegeausbaus) auf die Haltung von Delfinen verzichtet.
Speziell das Delfinarium im Nürnberger Tiergarten hat eine Veränderung erfahren, die eine große Haltungsverbesserung für die Tiere darstellt (nur einige Stichworte: an das alte Delfinarium wurde eine Lagune mit sechs Becken und einem Wasserfassungsvermögen von 5,4 Millionen Liter Meerwasser gebaut, die Tiere befinden sich nun draußen im natürlichen Licht, eine Hebebühne macht ein schnelles medizinisches Eingreifen möglich, die Pumpenaktivität ist so gut wie nicht mehr hörbar …)
Aber auch in Duisburg erfolgten Veränderungen zugunsten der Tiere. Dadurch dass sich das Dach öffnen lässt, können die Großen Tümmler Wetter und Tageszeiten erleben. Die Nachzucht ist inzwischen so erfolgreich, dass von neun Tümmlern bereits sieben in Duisburg geboren sind. Davon einige in zweiter Generation …
SPD: Für uns als SPD-Landtagsfraktion ist ebenfalls unstrittig, dass der Tierbestand in bestehenden Delfinarien nicht durch Wildfänge gedeckt werden darf. Dafür brauchen wir Transparenz und keine Zahlenspekulationen. Aufschluss geben Zuchtbücher. Bis in die neunziger Jahre gab es in Deutschland neun Delfinarien, die meisten davon in Vergnügungsparks. Das sind ganz klar keine geeigneten Aufenthaltsorte für Delfine. Unstrittig ist aber auch, dass die Auswilderung von Delfinen extrem schwierig ist. Allein aus diesem Grund ist eine sofortige Schließung der Delfinarien in Nordrhein-Westfalen unmöglich und wäre unverantwortlich den dort untergebrachten Tieren gegenüber. Eine sofortige Schließung würde zu kurz greifen und die eigentlichen Probleme nicht lösen.
MEERESAKROBATEN: Auch ich finde es richtig, dass es in Deutschland keine weiteren Wildfänge mehr gibt. Das ist auch gar nicht mehr nötig, denn unter den 17 in Nürnberg und Duisburg gehaltenen Tümmlern sind inzwischen zwölf Nachzuchten. Die anderen Delfine sind Wildfänge aus der Anfangszeit der Delfinhaltung in Zoos. Meiner Meinung nach wäre es extrem unverantwortlich, die Tiere in eine andere Einrichtung (zwangsläufig im Ausland) zu geben, obwohl sie hier optimale Haltungsbedingungen genießen.
SPD: Wale und Delfine sind nach der EG-Verordnung 338/97 geschützt. Wildtiere fallen in der EU unter das Einfuhrverbot, das gilt vor allem für kommerzielle Zwecke. Der Fang von Catacea-Arten in EU-Gewässern bedarf einer Genehmigung der jeweils zuständigen nationalen Behörden nach Artikel 16 der Flora-Fauna- Habitat-Richtlinie. In Deutschland wurden keine Ausnahmegenehmigungen erteilt. Zudem wurden nach unserer Kenntnis in den letzten Jahren keine Wildfänge nach Deutschland importiert.
Auch für uns als SPD-Landtagsfraktion haben der Schutz der Tiere in freier Wildbahn und die Forschung oberste Priorität. Wir brauchen eine konkrete Aufklärungs- und Bildungsarbeit. Und es müssen internationale Herausforderungen angegangen werden: Die Vermüllung der Meere, Delfine als Beifänge, steigender Schiffsverkehr, Klimawandel und dessen Auswirkungen auf die gesamte maritime Ernährungskette.
MEERESAKROBATEN: Liest man Bücher über die Intelligenz und das soziale Verhalten von Delfinen, so sind dort vornehmlich Forschungsergebnisse, die in Delfinarien erlangt wurden, aufgelistet. Sogar Dr. Karsten Brensing von der WDC/München begründet in seinem Buch „Persönlichkeitsrechte für Tiere“ seine These, dass Delfine und andere Tiere dem Menschen an Intelligenz in nichts nachstehen, mit Ergebnissen aus Delfinarien. Ohne diese unter wissenschaftlicher Führung stehenden Einrichtungen hätte das Buch meiner Meinung nach gar nicht geschrieben werden können. Außerdem sieht selbst der Delfinariengegner in der Lagune eine Verbesserung für die Delfine.
Und genau da muss angesetzt werden: Die Haltung von Tieren (damit meine ich alle – egal ob Nutztiere, Haustiere oder Zootiere) muss immer weiter optimiert werden. Außerdem wäre keinem einzigen Delfin im Meer gedient, wenn die Tümmler aus Deutschland verschwinden würden.
Ich denke, man sollte sich mit dem Piraten-Antrag nicht weiter auseinandersetzen. Er ist einer bundesweit zugelassenen Partei einfach nicht würdig. In der Schule würde man ein dermaßen schlecht recherchiertes Referat noch nicht mal mit „ausreichend“ bewerten. Es ist voll von Fehlern und falschen Folgeschlüssen. Ich denke, wir können uns ruhig zurücklehnen und den 19.3.2014 abwarten. Ich hoffe, dass sich in der Gruppe der 54 Mitglieder des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (SPD 23, CDU 18, Grüne 5, FDP 4 und Piraten 4) auch Personen befinden, die sich mit der Sache (Delfinhaltung in Deutschland) auseinandergesetzt haben und nicht nur den West-Deutschen-Shitstorm-Freunden nachrennen.
Vielen Dank, liebes Meeresakrobaten-Team, für die o.g. Anmerkungen Ihrerseits zur Stellungnahme der SPD. Ich teile eben jene voll und ganz und bin überzeugt davon, dass in den beiden deutschen Delfinarien von Nürnberg und Duisburg wertvolle und professionelle Arbeit betrieben wird. In Duisburg konnte ich mir bereits selbst ein konkretes Bild von der Delfinhaltung und -Pflege machen, welche es zukünftig nicht abzuschaffen sondern weiter zu optimieren gilt – zum Wohlergehen der Tiere, der Haltungsbefürworter und -Gegner!