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Japan ist keine herzlose Nation


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MEERESAKROBATEN, 4. Februar 2014

Ein paar wenige Fischer im japanischen Küstenort Taiji sind dafür verantwortlich, dass sich viele Tierfreunde hasserfüllt gegen eine ganze Nation wenden.

Fischer transportieren Delfine ab (Foto: Boyd Harnell))

Fischer transportieren Delfine ab (Foto: Boyd Harnell))

Jagd von zwölf Booten aus

Schon seit mehreren Jahren dokumentieren Tierschützer – sie nennen sich Cove Guardians („Wächter der Bucht“) – im Internet, wie immer zwischen September und März Delfine sieben verschiedener Arten von gerade mal zwölf Booten aus gejagt und in eine Bucht getrieben werden.

Eingepfercht in diese Falle wird ein Großteil der Delfine getötet, ein paar wenige werden später als Lebendfänge an (vor allem asiatische) Vergnügungseinrichtungen verkauft, je nach Art werden auch manche Tiere wieder freigelassen.

Großes Medieninteresse nach Großfang

Nach einem Großfang am 17. Januar 2014, bei dem 233 Pazifische Tümmler in die „Todesbucht“ getrieben worden waren, berichteten die Medien verstärkt über die grausame Delfin-Treibjagd in Taiji. Vor allem ein Tier hat das Medieninteresse geweckt: Unter den Delfinen befand sich nämlich ein weibliches weißes Jungtier – ein Albino.

Viele Japaner wollen Wale und Delfine im Meer sehen

Wenn man nun glaubt, alle Japaner würden lieber Delfinfleisch essen, statt die wunderbaren Meeressäuger in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten, der irrt. Immer mehr Japaner machen bei Whale-Watching-Touren mit oder schwimmen mit Delfinen im offenen Meer. Immer weniger Inselbewohner werten Delfinfleisch als kulinarischen Genuss.

Caroline und Angel wecken Emotionen

Die neue US-Botschafterin Caroline Kennedy war neben dem Albino (der von Tierschützern im Internet inzwischen auf den Namen Angel getauft wurde) die treibende Kraft, dass international vermehrt über die Treibjagd berichtet wurde. Sie drückte über Twitter ihre Sorge über die „Unmenschlichkeit“ der Jagd auf Delfine aus.

Blutrot gefärbte Bucht (Foto: Save Japan Dolphins)

Blutrot gefärbte Bucht (Foto: Save Japan Dolphins)

Medien werden für langes Leiden der Delfine verantwortlich gemacht

Doch der japanische Wissenschaftler Toshihide Iwasaki wendet sich gegen den Begriff „unmenschlich“. Er berichtet, dass die Delfine früher mit Speeren getötet worden seien. Dabei seien sie unterschiedlich schnell verstorben.

Eine relativ neue Praxis, welche die japanischen Fischer im Jahr 2000 von den Grindwal-Jägern auf den Färöer Inseln übernommen hätten, sorge dafür, dass die Delfine durch das schnelle Durchtrennen des Rückenmarks und den dadurch eintretenden hohen Blutverlust nicht lange leiden müssten.

Doch als das Töten der Delfine international publik wurde, wollten die Fischer vermeiden, dass sich das Wasser in der „Todesbucht“ übermäßig rot färbt und blutige Bilder veröffentlicht werden.

Sie verschließen seitdem die klaffende Wunde mit einem Holzpflock, damit nicht so viel Blut austreten kann. Das wiederum bedeutet für die Delfine eine längere Leidenszeit, laut Iwasaki. Er macht die Medien indirekt dafür verantwortlich, dass die Delfine wieder länger leiden müssten.

In der nationalen Presse ist Thema tabu

Obwohl die internationale Presse mehrere Tage lang das Schlachten der Delfine dokumentiert hat, ist dieses Thema in der nationalen Presse fast tabu. Die Beurteilung der Botschafterin Kennedy – die Jagd sei „unmenschlich“ – wird von vielen Japanern zurückgewiesen und als Einmischung in ihre Gepflogenheiten angesehen.
(Quelle: Delfine schlachten? Jetzt erst recht)

Delfine in der Todesbucht (Foto: Boyd Harnell)

Delfine in der Todesbucht (Foto: Boyd Harnell)

Beobachtungen aus Tokio

Der Japanologe Heiko L., der die MEERESAKROBATEN immer wieder mit aktuellen Meldungen aus Tokio versorgt, hat bestätigt, dass die japanische Presse kaum über das Aufbegehren gegen die Delfin-Treibjagd in Taiji berichtet hat.

Die meisten Artikel, die von den Protesten handelten, hätten sich mit der Stellungnahme von Caroline Kennedy befasst.

Heiko teilte mir außerdem mit, dass Reaktionen aus dem Ausland in der japanischen Presse fast immer in den Rahmen „westlicher Kulturimperialismus“ gepackt werden – „nach dem Motto, das derzeitig dominierende Wertesystem des Westens, das die Delfine als „süß und schützenswert“ definiert, wird imperialistisch Japan aufgezwungen, und damit seine Kultur des Delfinfangs diskreditiert, von der doch ganze Familien schon generationenlang gelebt haben etc.“

Manche Politiker (wie zum Beispiel der Gouverneur der Präfektur, in der sich Taiji befindet) sprechen nach Heikos Beobachtungen von Doppelmoral. Im Westen würden schließlich auch Kühe geschlachtet. Und das würde keine Tierschützer auf den Plan rufen.

Änderung nur von innen heraus möglich

Meiner Meinung nach hinkt dieser Vergleich der japanischen Politiker gewaltig (siehe dazu auch meine Ausführungen über den Grindwal-Fang auf den Färöer Inseln im Vergleich mit der Jagd auf Rehe, Hasen usw. in Deutschland). Einmal davon abgesehen, dass im Westen viele Tierschützer das Schlachten von Kühen und anderen Zuchttieren anprangern und dagegen demonstrieren.

Fluke eines Großen Tümmlers (Foto: Rüdiger Hengl)

Fluke eines Großen Tümmlers (Foto: Rüdiger Hengl)

Trotzdem möchte ich hier unbedingt festhalten, dass es nicht um JAPAN geht, das Delfine tötet, sondern um eine relativ kleine Gruppe von „Tätern“, deren Tun von der Regierung gebilligt wird.

Festhalten möchte ich außerdem, dass sich auch innerhalb Japans immer mehr Menschen gegen die Delfin-Treibjagd in Taiji aussprechen. Nur von den Einheimischen lässt sich das Massaker letztendlich beenden.

Trotzdem darf der internationale Protest gegen das sogenannte Dolphin Drive in Taiji selbstverständlich nicht nachlassen. Denn dieser sensibilisiert die einheimische Bevölkerung erst für das Thema.

Mehr zur Delfin-Treibjagd und was man selbst tun kann unter Japan – Land der blutenden Buchten.

2 Kommentare

  1. „Festhalten möchte ich außerdem, dass sich auch innerhalb Japans immer mehr Menschen gegen die Delfin-Treibjagd in Taiji aussprechen. Nur von den Einheimischen lässt sich das Massaker letztendlich beenden. “

    genau so ist es. von den japanern.aber warum tut sich dann seit der großen veröffentlichung in japan nicht viel? die delfine werden absgeschlachtet.und warum? weil das fleisch verkauft wird.welches auch noch giftig ist. wenn es in japan so wenig menschen wissen warum wird das fleisch denn dann verkauft?warum besuchen die menschen ihr walmuseum in dem viele der von der mutter getrennten tiere leben? all das sind fragen die ich mir immer wieder stelle.auch in japan muss mittlerweile publik geworden sein was sich da jeden jahr abspielt. wenn keine nachfrage nach dem fleisch bestehen würde,dann würde man sie auch nicht mehr schlachten. diese menschen werden nicht nur von den politikern gebilligt sondern auch von ihrem eigenen volk.und dann sprechen wir schon nur noch von einer minderheit die für die delfine kämpft.und das ist durchaus mehr als traurig.

    geschrieben von na si
  2. Es ist wirklich traurig, wenn aus dem Verhalten einiger Fischer auf das Verhalten einer ganzen Nation geschlossen wird. Aber das liegt im Trend: Man verallgemeinert. Das ist ja auch so einfach. Etliche Menschen, insbesondere seit es Facebook gibt, neigen zur Verallgemeinerung. Man hat ja gar keine Zeit mehr, sich detailliert mit einer Sache zu beschäftigen.

    Sieht ein „Verallgemeinerer“ irgendwo einen jungen Menschen, der sich nicht richtig artikulieren kann, weiß er sogleich: „Die Jugend wird ohnehin immer dümmer.“ Wird irgendwo ein Auto gestohlen und der Täter kommt nicht aus dem vertrauten Kulturkreis, hat der „Verallgemeinerer“ sofort die Antwort parat „Die *** klauen eh wie die Raben.“

    Solche „Verallgemeinerer“ bilden die Meinung, insbesondere für solche, die keine eigene Meinung haben. Sich selbst mit etwas zu beschäftigen, eine eigene Meinung zu entwickeln und diese dann auch zu vertreten, strengt nämlich an und ist uncool. Da ist es doch viel cooler, jemandem zu folgen, der einem das Denken bereits abgenommen hat. Nichts denken und trotzdem dabei sein. Da ist man „in“.

    Wie „in“, konnte ich vergangene Woche in Facebook beobachten. Unter einem Aufruf, wegen Taiji an japanische Minister oder Botschafter zu schreiben „tausende“ Likes und der entwaffnende Satz: „Was sollen wir den schreiben? Gibt’s da ne Vorlage?“ ¬

    geschrieben von Rüdiger

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