Berichte

Aktuelles über Delfinschutz und Delfinhaltung


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Symposium, Teil 4

Der nächste Vortrag am 19. Juli 2014 lautete:

* Conservation of river dolphins in South America:
linking scientific research and economic alternatives

Referent Dr. Fernando Trujillo (Kolumbien), Fundación Omacha, Bogota, Colombia

Der Sotalia Paco lebte im Delfinarium in Münster (Foto: Verena Pecsy)

Der Sotalia Paco lebte im Delfinarium in Münster
(Foto: Verena Pecsy)

Amazonas-Delfin (Foto: Fernando Truijllo)

Amazonas-Delfin
(Foto: Fernando Truijllo)

Trujillo berichtete von der Situation der Sotalia– und der Amazonas-Flusseldfine in Südamerika. Da der Sotalia oft im Brackwasser gesichtet wird, nennt man ihn auch Brackwasser-Delfin. Der Amazonas-Delfin kommt ausschließlich in Flüssen vor.

Die bedrohtesten Delfine sind Flussdelfine

„Flussdelfine gehören zu den am stärksten bedrohten Delfinarten weltweit. Die Errichtung von Staudämmen, Kontamination der Gewässer, Lebensraumverlust, Beifang und gezielte Tötung sind die größten Gefahren.

Von der gezielten Tötung direkt betroffen ist seit einigen Jahren der Amazonas-Delfin (Inia geoffrensis). In Brasilien werden jährlich bis zu 1.500 Tiere getötet, weil ihr Fleisch sehr begehrt ist. Aber nicht, weil Menschen es essen, sondern vielmehr, weil das Inia-Fleisch als Köder benutzt wird, um einen etwa 45 cm langen Wels (Calophysus macropterus) zu fangen.

Die Nachfrage nach diesem Welsfleisch ist besonders in Kolumbien stark angestiegen und führt dazu, dass immer mehr Delfine getötet werden. Der schnelle Profit lockt immer mehr Fischer an den Fluss. Laut Aussagen der Wissenschaftlerin Vera da Silva (INPA, Manaus) ist die Anzahl der an dieser Fischerei beteiligten Kommunen signifikant gestiegen. Erste Bestandszählungen zeigen bereits, dass bestimmte lokale Populationen des Amazonas-Delfins rückläufig sind.“ (Info: YAQU PACHA)

Dr. Fernando Trujillo (Foto: Rüdiger Hengl)

Dr. Fernando Trujillo
(Foto: Rüdiger Hengl)

Mit Delfin-Kadavern werden Fische angelockt

In einem Film konnte man sehen, wie die Welse mit dem Delfinfleisch angelockt und gefangen werden. Der Delfin-Kadaver wird dafür in eine Bretterkiste gepackt und ins Wasser gehängt. Sofort kommen die Welse und reißen sich Stücke vom vermodernden Fleisch ab. Sie werden nun selbst zu den Gejagten.

Gemeinschaft kommt sowohl Menschen als auch Delfinen zugute

Der Referent Dr. Fernando Trujillo berichete über ein interessantes Projekt aus Kolumbien. Hier schließen sich Frauen zusammen und fertigen aus von Flussdelfinen angebissenen Fischen (die für den Verkauf nicht mehr verwendet werden können) Fischburger. So kann mit dem Fisch weiterhin Geld verdient werden und er fällt nicht aus der Ernährungskette der Kolumbinaner. Der Flussdelfin wird nicht mehr als gehasster Konkurrent gesehen. Das Geld aus dem Verkauf der Fischburger fließt ausschließlich in die Taschen der Frauen.

Immer häufiger Dolphin-Watching

Die Menschen aus Kolumbien bieten immer häufiger Dolphin-Watching-Touren an, statt die Delfine zu töten. Die Anbieter verdienen ein Vielfaches von dem Geld, das sie für einen toten Delfin erhalten würden.

4 Kommentare

  1. Danke für diesen sachlichen Bericht!
    Ich finde es wirklich wichtig, zu differenzieren: Einem Delphin in einem deutschen Delphinarium geht es heute echt gut.
    Wahrscheinlich hat er eine höhere Lebenserwartung als im Freiland. Neben den genannten Hai-angriffen u. a. Unbilden kommen ja noch die harten Kämpfe innerhalb der Delphingruppen dazu: Halbstarke und ausgewachsene Bullen können andere Tümmler verprügeln oder sogar töten.
    Das ist eine normale Verhaltensweise. Das Leben im Freiland ist für Delphine kein Zuckerschlecken.
    http://scienceblogs.de/meertext/2014/01/12/delphin-verhaltensforschung-2-von-schwammtauchern-und-kindsmoerdern/
    Delphinhaltung an anderen Orten und zu anderen Zeiten ist sicherlich weniger gut, aber man muss jeweils den Einzelfall beurteilen.

    Die Tierschutzextremisten sagen auch an keine Stelle, was ihr Ziel ist:
    Würde die Delphinhaltung in Deutschland verboten, was würde dann mit den Tieren passieren?
    Würden sie getötet oder verkauft?
    Auswildern kann man sie nicht, die meisten sind Nachzuchten aus Zoos.

    Und sie verkennen den Wert eines Delphins im Zoo: Er ist ein Meeresbotschafter und arbeitet jeden Tag für den Schutz der frei lebenden Wale und den Ozeanschutz. Die didaktisch aufbereiteten Programme der deutschen Delphinarien greifen genau diese Themen auf. Und zumindest ein Teil der Besucher wird so für diese Themen sensibilisiert.

    geschrieben von Bettina Wurche
    1. Vielen Dank für Ihre Einschätzung, die ich voll und ganz teile!

      geschrieben von Susanne
  2. Delfine werden nicht nur von Seelowen zerkratzt (eher selten) sonden in aller Regel von ihren Artgenossen. Diese sogenannten „Rake-Marks“ (viele parallele Kratzer) findet man bei allen Großen Tümmlern, aber auch bei Orcas und anderen Zahnwalen; deren Fehlen ist ein sicheres Zeichen dafür, dass das Tier schon längere Zeit keinen Kontakt mehr zu Artgenossen hatte.

    Von sogenannten Delfinschützern werden diese „Rake-Marks“ gerne als Zeichen gedeutet, dass Tiere „gemobbt“ würden – das Gegenteil ist der Fall: Solange diese Schrammen nicht überhand nehmen, sind sie ein Zeichen dafür, dass in dem Pod alles in Ordnung ist. Das Fehlen (oder zu wenige Kratzer) würde bedeuten, dass ein Tier den Rest der Gruppe konsequent meidet, bzw. gemieden wird.

    Im Übrigen sind Delfine in Delfinarien eher wenig verschrammt, da es durch vernünftiges Gruppenmanagement inzwischen möglich ist, relativ harmonische Gruppen zu bilden. Wer beim Whale-Watching einmal genau hinsieht, wird erschrocken sein, wie stark wild lebende Tiere oftmals mit Rake-Marks übersät sind. Die Delfinkuh (samt Kalb) die ich im Frühjahr beim Whale-Watching auf Teneriffa beobachten durfte, hätte in einem Delfinarium mit Sicherheit eine Welle der Empörung ausgelöst. Laut der anwesenden Wissenschaftler des EAAM (von denen etliche an wilden Populationen forschen), war sie aber für ein wild lebendes Tier keineswegs auffällig.

    Im Freiwasser sind halt keine Tierpfleger zur Stelle, um Kämpfe und Rangeleien zu schlichten, oder Streihähne in anderen Anlagen unterzubringen. So, wie in Nürnberg mit Arni geschehen – der hat jetzt seine eigenen Kühe und braucht sich nicht mehr mit Moby und Noah zu fetzen – was er ohnehin weder durfte, noch konnte – dank des absperrbaren Mehr-Becken-Systems der Lagune.

    geschrieben von Norbert
    1. Vielen Dank für deine Ergänzungen zu den „Rake-Marks“, Norbert! Deine Beiträge sind immer eine große Bereicherung für die MEERESAKROBATEN! Schade, dass du letztes Wochenende nicht dabei warst …

      geschrieben von Susanne

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