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„Katastrophales“ Interview in der WELT


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(Fortsetzung meiner Mail an die WELT)

Die Welt: Sie (gemeint ist Herr Ortmüller) sprachen von Todesfällen in Delfinarien – wie viele Orcas und Delfine sterben pro Jahr in Gefangenschaft?

Nynkes Baby an der Milchbar  (Foto: Rüdiger Hengl)

Nynkes Baby an der Milchbar
(Foto: Rüdiger Hengl)

Meine Antwort: Die Sterberate hat sich drastisch reduziert.

Theo Pagel – Leiter des Kölner Zoos – hat sich zur Lebenserwartung ausführlich bei einer Anhörung im April im NRW-Landtag geäußert. Er sagt: „… in der Zeit von 1964 bis 2011 (wurde) eine mediane Lebenserwartung von 13 Jahren ausgewiesen. Wir sind jetzt mit Blick auf die Zahl 1990 bis 2011 bei einer medianen Lebenserwartung von 22 Jahren. Darüber liegt nur die Haltung der Zoos in den Vereinigten Staaten mit über 34 Jahren.

Die uns vorliegenden Dokumentationen zu den Beständen im Freiland liegen deutlich unter zehn Jahren und einmal um die 17 Jahre. Das heißt: Tiere in Menschenhand – nicht nur Delfine – werden in der Regel älter. Das liegt daran, dass wir unsere Tiere tiermedizinisch betreuen, sodass sie viele Stresssituationen, denen sie im Freiland ausgesetzt sind, nicht haben.

Die Natur erzeugt Überschuss. Das wissen wir zum Beispiel von Antilopenmännchen, die sich aufopfernd um die Weibchen streiten und dann gefressen werden. Sie alle werden nicht sehr alt. Wenn man sich Zahlen zur Lebenserwartung der einheimischen Singvögeln anschaut – ich nenne diese Zahl hier nicht, denn dann wird jedem von uns schlecht und man fragt sich, ob es draußen überhaupt noch Tiere gibt –, stellt man fest: Sie sind verschwindend gering.

Wir haben in Duisburg etwas sehr Positives. Der älteste bekannte Tümmler, den es weltweit gibt, befindet sich nicht in Duisburg, aber immerhin in einem meiner Verbandszoos, nämlich in Nürnberg. Das ist der Moby. Er ist 55 Jahre alt. Er ist der nachweisbar älteste Tümmler, den es gibt. Zu Duisburg kann man sagen, dass wir einen immer noch lebenden Tonina haben, der jetzt 51 Jahre alt ist. Im Freiland liegen die Zahlen bei maximal 40 Jahren.

Beim Jakobiter, den wir in Duisburg früher auch gehalten haben, liegt die Lebenserwartung bei etwa zehn Jahren. Der älteste Jakobiter in Duisburg war 32 Jahre alt. Ich glaube, wenn ich mich recht entsinne, dass auch der älteste Beluga Ferdinand, der hier im Duisburger Zoo gehalten wurde und sich mittlerweile in Kalifornien befindet, immer noch lebt und dort einen Altersrekord hält.“ (Quelle: Protokoll vom Landtag NRW vom 28. April 2014)

2 Kommentare

  1. Heute hat Frau Warnholtz ein Interview mit einer wahren Delfin-Expertin (Dr. Kerstin Ternes) veröffentlicht. Jeder Leser kann sich nun selbst ein Bild davon machen, wie haltbar oder unhaltbar etliche Behauptungen von Jürgen Ortmüller (WDSF) sind. Vielen Dank an die WELT für diesen Beitrag!

    geschrieben von Susanne
  2. Inhaltlich umfassend und gut belegt wie immer. Kommunikatorisch, naja, hat das hier und dort so seine Haken. Und die könnten dazu führen, dass die Zuschrift nicht so aufgenommen wird, wie sie eigentlich sollte. Vor allem die Einleitung könnte so aufgefasst werden, als ob sich da jemand wichtig tuen wollte („Wenn sie das Interview mit mir gemacht hätten…“). Denn, von der Perspektive der Publicity aus betrachtet, ist Herrn Orthmüller sehr erfolgreich darin, sich Öffentlichkeit zu verschaffen. Die Meeresakrobaten sind außerhalb des Netzes nicht so präsent. (Müsste man das nicht ändern?) Dann kann so eine Einleitung allerdings wirken, als wollte da jemand auch unbedingt mal in die Medien.
    Geschickter ist es mMn, ganz konkret die Kritik zu formulieren (z.B.: „Ein großer Teil der Aussagen im Interview sind falsch/Halbwahrheiten/stellen Tatsachen verfälschend dar.“) und das im Artikel gesagte an Beispielen zu belegen, bzw. das gesagte mit Fakten zu wiederlegen. Wenn die Fakten mit Belegen unterfüttert sind (und das sind sie ja hier serh gut), kann man auf Verweise auf die eigene Kompetenz und Qualifikation oft auch verzichten. Spekulationen über die Gedankenwelt des „Gegners“ wirken auch eher, als zielte man auf diese Person ab, und nicht auf die Sache. Das sollte vermieden werden. Nicht den Redakteuren schlechte Arbeit vorwerfen. Statt dessen lieber anregen, die geäußerten Thesen (schließlich hat Herr O. ja das Recht dazu, seine Thesen zu äußern) auf ihre Stichhaltigkeit zu untersuchen und Hilfe bei der Recherche anbieten. (Recherche kostet Zeit, die sind immer froh, wenn man denen etwas abnimmt, meiner Erfahrung nach. Man muss nur glaubwürdig wirken, und das sollte mit dem Faktenhintergrund, denn ihr hier aufweisen könnt, der Fall sein.)
    Falls ihr da mal ein paar Tips braucht, helfe ich gerne weiter. Jedenfalls sollte man solche zu schriften nicht aus dem eotionalen Bauch heraus schreiben und abschicken, da läuft man zu leicht auf, ist mir auch schon öfter passiert. ;-)

    MfG

    geschrieben von Dani

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