(Fortsetzung meiner Mail an die WELT)
Die Welt: Und wo kommen die (gemeint sind Wildfänge, die in Delfinarien landen) her?
Meine Antwort: Es ist richtig, dass in einigen Ländern (u.a. im Fischerort Taiji in Japan) immer noch Delfine gefangen und an Aquarien verkauft werden. Doch wo landen diese Tiere? Der allergrößte Teil wird in asiatische Länder verkauft. (Quelle u.a.: CetaBase)
In europäischen Zoos, die der European Association of Aquatic Mammals (EAAM) angeschlossen sind, gibt es keinen einzigen Delfin aus Taiji/Japan. Bei Tümmlern aus Taiji handelt es sich übrigens um eine Unterart, die sich vom atlantischen Tümmler unterscheidet. In Deutschland werden ausschließlich atlantische Tümmler gehalten. In deutschen Delfinarien ist seit über 20 Jahren kein Wildfang mehr angefordert worden.
„Der letzte Wildfang für ein deutsches Delfinarium (erfolgte) im Jahr 1990. Der letzte Wilddfang für das Duisburger Delfinarium im Jahr 1982, vor über 30 (!) Jahren.“ (Quelle: Stellungnahme von Dr. Kerstin Ternes zur Anhörung im Landtag von NRW)
Die Welt: Chlor, Futter, Bakterien – woran sterben die gefangenen Tiere genau?
Meine Antwort: Die Sterberate bei Delfinen sinkt von Jahr zu Jahr, da man mittlerweile mit Immunschwächen, Infektionen usw. medizinisch sehr gut umgehen kann. Vergleichbar ist das mit der optimalen medizinischen Betreuung von Menschen. Auch hier lag die Sterbequote in Bezug auf Krankheiten vor Jahrzehnten weit höher als heutzutage.
Zur Vereinsamung habe ich bereits weiter oben etwas geschrieben.
Herr Ortmüller schreibt von bekannten Fällen des Delfin-Selbstmords. Mir ist kein einziger seriös bestätigter Selbstmord bei Delfinen bekannt. Es handelt sich meines Wissens ausschließlich um vermenschlichende Interpretationen.
Tiere begehen keinen Selbstmord. Sie haben ein ganz anderes Bewusstsein als wir, es ist nicht bekannt, dass Tiere zweifeln können oder eine Weltanschauung haben. Das sind u.a. wesentliche Voraussetzungen, um sich selbst das Leben nehmen zu können.
Meines Wissens stimmt auch nicht, dass „die meisten“ Delfine in Delfinarien über eine Sonde mit Süßwasser versorgt werden müssen, wie Herr Ortmüller behauptet. Es handelt sich hierbei ausschließlich um ältere Tiere, deren Niere – altersbedingt – nicht mehr so gut arbeitet. Da Delfine keinen Würgreflex haben und durch das sogenannte medical training an medizinische Maßnahmen gewöhnt sind, schlucken sie ohne Weiteres den Schlauch, über den ihnen das Süßwasser zugeführt wird.
Heute hat Frau Warnholtz ein Interview mit einer wahren Delfin-Expertin (Dr. Kerstin Ternes) veröffentlicht. Jeder Leser kann sich nun selbst ein Bild davon machen, wie haltbar oder unhaltbar etliche Behauptungen von Jürgen Ortmüller (WDSF) sind. Vielen Dank an die WELT für diesen Beitrag!
Inhaltlich umfassend und gut belegt wie immer. Kommunikatorisch, naja, hat das hier und dort so seine Haken. Und die könnten dazu führen, dass die Zuschrift nicht so aufgenommen wird, wie sie eigentlich sollte. Vor allem die Einleitung könnte so aufgefasst werden, als ob sich da jemand wichtig tuen wollte („Wenn sie das Interview mit mir gemacht hätten…“). Denn, von der Perspektive der Publicity aus betrachtet, ist Herrn Orthmüller sehr erfolgreich darin, sich Öffentlichkeit zu verschaffen. Die Meeresakrobaten sind außerhalb des Netzes nicht so präsent. (Müsste man das nicht ändern?) Dann kann so eine Einleitung allerdings wirken, als wollte da jemand auch unbedingt mal in die Medien.
Geschickter ist es mMn, ganz konkret die Kritik zu formulieren (z.B.: „Ein großer Teil der Aussagen im Interview sind falsch/Halbwahrheiten/stellen Tatsachen verfälschend dar.“) und das im Artikel gesagte an Beispielen zu belegen, bzw. das gesagte mit Fakten zu wiederlegen. Wenn die Fakten mit Belegen unterfüttert sind (und das sind sie ja hier serh gut), kann man auf Verweise auf die eigene Kompetenz und Qualifikation oft auch verzichten. Spekulationen über die Gedankenwelt des „Gegners“ wirken auch eher, als zielte man auf diese Person ab, und nicht auf die Sache. Das sollte vermieden werden. Nicht den Redakteuren schlechte Arbeit vorwerfen. Statt dessen lieber anregen, die geäußerten Thesen (schließlich hat Herr O. ja das Recht dazu, seine Thesen zu äußern) auf ihre Stichhaltigkeit zu untersuchen und Hilfe bei der Recherche anbieten. (Recherche kostet Zeit, die sind immer froh, wenn man denen etwas abnimmt, meiner Erfahrung nach. Man muss nur glaubwürdig wirken, und das sollte mit dem Faktenhintergrund, denn ihr hier aufweisen könnt, der Fall sein.)
Falls ihr da mal ein paar Tips braucht, helfe ich gerne weiter. Jedenfalls sollte man solche zu schriften nicht aus dem eotionalen Bauch heraus schreiben und abschicken, da läuft man zu leicht auf, ist mir auch schon öfter passiert. ;-)
MfG