Die Schweizer Wal- und Delfinschutz-Organisation OceanCare beobachtet die Verhandlungen der 65. IWC-Tagung (IWC = Internationale Walfang-Kommission) in Portoroz/Slowenien. In einer Pressemitteilung hat OceanCare folgende Ergebnisse vom 15. September 2014 festgehalten:
Mit großer Enttäuschung reagieren OceanCare und Pro Wildlife auf die gestrige Entscheidung der Internationalen Walfangkommission, Grönland den Fang von jährlich 178 Zwergwalen, 19 Finnwalen, 10 Buckelwalen und zwei Grönlandwalen zu genehmigen.
„Dass Grönlands Ureinwohner eine Quote bekommen, ist prinzipiell richtig“, betont Dr. Sandra Altherr von Pro Wildlife, die an der IWC-Tagung in Portoroz teilnimmt. „Aber die Höhe der Quote ist ein Skandal und war nur möglich, weil die EU-Kommission gemeinsam mit Dänemark diesen Antrag rücksichtslos durchgeboxt hat. Die EU-Mitgliedsstaaten haben damit ihre berechtigte Kritik von vor zwei Jahren komplett über Bord geworfen.“
Lediglich die lateinamerikanischen Länder lehnten die Quoten ab, doch die erforderliche Dreiviertelmehrheit wurde mit 46 Ja gegenüber elf Nein erreicht. Auch die Schweiz stimmte Ja.
Studie belegt niedrigeren Bedarf für Walfleisch
Grönland beansprucht offiziell 799 Tonnen Walfleisch für die Selbstversorgung seiner Ureinwohner. Doch eine wissenschaftliche Befragung zum Konsumverhalten der grönländischen Inuit von 2012 zeigt deutlich, dass der wahre Bedarf weit geringer ist: Der Studie zufolge konsumieren die Inuit auf Grönland etwa 533 Tonnen „Wal“ pro Jahr.
„Diese Zahl liegt nicht nur um ein Drittel niedriger als die bei der IWC beantragten Mengen – darin enthalten sind auch die 4.000 Kleinwale und Delphine, die jährlich in Grönland erlegt werden und die mindestens 150 Tonnen Fleisch und Speck liefern“, berichtet Sigrid Lüber, Präsidentin von OceanCare. „Der wahre Bedarf an Großwalen liegt also deutlich niedriger als die hier eingeforderte und bewilligte Quote.“
Leere Drohung Dänemarks zeigte Wirkung
Vorangegangen war die Drohung Dänemarks, aus der IWC auszutreten, wenn die EU keine Quote für Grönland fordern würde. Bei der letzten IWC-Tagung 2012 war Grönland, u.a. aufgrund des Neins der EU, eine höhere Fangquote verweigert worden, weil es Kritik an der Kommerzialisierung des Walfangs der Inuit dort gab. Ein Teil des Walfleisches wird in Supermärkten, Touristenrestaurants und auf anlegenden Kreuzfahrtschiffen verkauft.
„Dänemarks Rechnung ging voll auf: Vor lauter Angst, die EU könnte an Einfluss verlieren, zahlt sie nun einen hohen Preis: Sie opfert mehrere Großwale jährlich einer falsch verstandenen politischen Rücksichtnahme – und sie hat dazu beigetragen, die Grenzen zwischen Subsistenzwalfang und kommerziellem Walfang aufzuweichen“, so die Pro-Wildlife-Sprecherin abschließend.
Resolution der EU weicht Auflagen für Subsistenzwalfang auf
Zusätzlich zu der erteilten Quote wurde gestern auch eine Resolution der EU verabschiedet (mit 40 Ja, 5 Nein und 15 Enthaltungen), die die Anforderungen an Ureinwohnerwalfang verwässert. Sie überlässt die Entscheidung über künftige Bedürfnisberichte dem jeweiligen IWC-Mitgliedsstaat – eine Mitsprache der IWC ist künftig kaum noch möglich.
(Quelle: OceanCare)