Die Schweizer Wal- und Delfinschutz-Organisation OceanCare betrachtet in ihrem aktuellen Newsletter die Lage der Wale in Europa.
Vom 15. bis 18. September 2014 tagt in Portoroz, Slowenien, zum 65. Mal die Internationale Walfangkommission (IWC), die Vorverhandlungen beginnen bereits am 11. September.
Norwegens und Islands Walfang stehen nicht auf der Agenda
Artenschutzverbände drängen darauf, dass der Schutz der Wale nicht weiter aufgeweicht wird. Dafür setzt sich Sigrid Lüber, Vertreterin von OceanCare – der einzigen Schweizer Nichtregierungsorganisation mit Beobachterstatus an der IWC – ein.
OceanCare und ihre deutsche Partnerorganisation Pro Wildlife kritisieren, dass an der IWC weder Norwegens noch Islands Walfang auf der Agenda stehen. Positiv bewerten die Organisationen, dass die IWC nach dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes zumindest Japans „Wissenschaftswalfang“ stark einschränken soll.
Viele Zwergwale werden getötet
„Während die Welt mit dem Finger auf Japan zeigt, wird gern vergessen, dass der Walfang in Europa immer weiter eskaliert“, sagt die Biologin Dr. Sandra Altherr, die für Pro Wildlife an der IWC-Tagung teilnehmen wird: „Island jagt immer mehr bedrohte Finnwale und exportiert das Fleisch nach Japan, Norwegen vermeldet Rekordzahlen an getöteten Zwergwalen und auf den dänischen Färöer Inseln werden Hunderte Grindwale und Delphine jährlich mit Messern grausam getötet – all das kommt auf der offiziellen Tagesordnung der IWC gar nicht vor.“
Islands kommerzieller Walfang
Seit 2003 betreibt Island wieder Walfang und exportierte seither 5.000 Tonnen Walfleisch nach Japan. Dies untergräbt das kommerzielle Walfangmoratorium und das internationale Handelsverbot. Für die Jahre 2014-2018 hat Island seine Fangquote eigenmächtig erhöht, auf 154 Finn- und 229 Zwergwale jährlich.
„Die Chance auf eine IWC-Resolution gegen Island ist für das anstehende Treffen vertan – damit versäumt die IWC es seit elf Jahren, zu Islands Waljagd Stellung zu beziehen“, so Sigrid Lüber, Präsidentin von OceanCare. OceanCare, Pro Wildlife und 27 europäische Verbände drängen nun auf eine Demarche der EU gegen Island.
Grönlands Piratenwalfang
Seit 2013 jagt Grönland Wale ohne Genehmigung der IWC – und betreibt damit Piratenwalfang. 2012 entzog die IWC Grönland die Fangquote, weil das zur Selbstversorgung der Bevölkerung genehmigte Walfleisch teils an Touristen verkauft wurde. „Mutterland Dänemark drohte 2013 mit dem IWC-Austritt und erzwang somit eine Wende der EU. Diese unterstützt nun nicht nur die höheren Quotenwünsche von 2012, sondern will auch noch die strikten Auflagen für den Ureinwohner-Walfang verwässern“, betont die Pro Wildlife Sprecherin.
Norwegens Walfang
2014 hat Norwegen 729 Zwergwale getötet – so viele wie seit 15 Jahren nicht mehr. Zuvor hatte die Regierung in Oslo die Auflagen für den Walfang gelockert und angekündigt, dass sie den Export von Walfleisch nach Japan wieder ankurbeln möchte.
Japan will den Wissenschaftswalfang fortsetzen
Am 30. März 2014 verbot der Internationale Gerichtshof in Den Haag Japan, seinen „Wissenschaftswalfang“ in der Antarktis fortzuführen. Zu viele Tiere seien getötet worden, und das ohne nennenswerte Forschungsergebnisse. Nun hat Japan angekündigt, sein Wissenschaftsprogramm zu modifizieren, um weiter Wale in der Antarktis jagen zu dürfen. Eine Resolution Neuseelands für die diesjährige IWC-Tagung fordert hingegen, die IWC-Auflagen für Wissenschaftswalfang zu verschärfen.
Japans Stimmenkauf für den Walfang
Seit Mitte der 90er-Jahre betreibt Japan Stimmenkauf mittels Fischereibeihilfen, die an die Bedingung geknüpft sind, an der IWC im Sinne Japans Interessen zu stimmen. Im Fokus dieser „Wirtschaftshilfen“ aus Tokio stehen Entwicklungsländer und kleine Inselstaaten.
Dieser Praxis begegnete die IWC 2001 mit einer Resolution für mehr Transparenz und doppelte 2011 mit der Regelung nach, dass die IWC Gebühren der Mitgliedstaaten nur noch akzeptiert, wenn sie von einem Regierungskonto des jeweiligen Mitgliedlandes kommen. Zahlungen per Bargeld oder Kreditkarten werden nicht mehr angenommen. „Japans Scheckbuch-Diplomatie geht aber auch 2014 ungebremst weiter“, sagt Sigrid Lüber von OceanCare. „Erst im Juni erhielt Dominika erneut 1 Million US Dollar. Diesem Geldgeschenk folgte unverzüglich die öffentliche Solidaritätsbekundung des Inselstaats mit Japan.“
Kein Schutz für Delphine
Delphine und Kleinwale stehen bislang nicht unter dem Schutz der IWC. Die grausame Delphinjagd in Japan veranlasste Politiker und Diplomaten mehrerer Länder im Frühjahr 2014, einen besseren Schutz für Delphine und Kleinwale zu fordern.
Auch die Kleinwaljagd auf den dänischen Färöer Inseln löst immer wieder internationale Empörung aus. Dennoch fand ein Resolutionsentwurf Deutschlands gegen die Delphinjagd bereits im Vorfeld der IWC keine Unterstützung.
(Quelle: OceanCare)