Gastbeitrag von Daniela Breuer, 31. Dezember 2014
Daniela hat sich die Mühe gemacht und im Internet recherchiert, wie viele Delfine (Tursiops t. truncatus) heute in westeuropäischen Delfinarien leben, wie viele in diesem Jahr geboren wurden, wie viele Transfers es gegeben hat und wie viele Tiere gestorben sind.
Die MEERESAKROBATEN bedanken sich herzlich für diese tolle Arbeit und die Erlaubnis, die Daten hier zu verwenden.
Hinweis: Alle Grafiken stammen von der Autorin. Sie dürfen ohne ihr Einverständnis nicht übernommen werden.
Einleitung
In der Diskussion um Delfinhaltung greifen die Beteiligten häufig auf Argumente zurück, die sich auf Haltungsdaten beziehen. Gegner verweisen auf Sterberaten, Befürworter geben ein hohes Alter und Zuchterfolge an. Teilweise widersprechen sich diese Argumente, konkrete Zahlen, die selbige belegen könnten, bleiben beide Seiten aber nicht selten schuldig.
Dieser Jahresüberblick stellt den Verlauf der Delfinhaltung und –zucht in Westeuropa in Zahlen dar. Er nimmt dabei keine Wertung vor, sondern soll über Fakten informieren und zur eigenen Meinungsbildung beitragen.
Die Grafiken und Zahlen wurden aus den Haltungsdaten erarbeitet, die in der unabhängigen Datenbank www.ceta-base.com zusammengetragen sind.
Aktueller Bestand und Einrichtungen
Zum Ende des Jahres 2014 existieren in Westeuropa 26 Einrichtungen, in denen die karibische Küstenform des Atlantischen Großen Tümmlers (Tursiops t. truncatus) gehalten wird.
Die interaktive Karte zeigt die Standorte, die dort jeweils gehaltene Zahl der Tiere sowie Informationen zu deren Geschlecht und das Verhältnis von Wildfängen zu Nachzuchten.
Insgesamt werden in Westeuropa am 31. Dezember 2014 259 Individuen der Art Tursiops t. truncatus gehalten.
79 dieser Tiere sind Wildfänge,
180 sind Nachzuchten.
Die Nachzuchten unterteilen sich in 140 Nachzuchten der 1. Generation (direkte Nachkommen der Wildfänge), 39 Nachzuchten der 2. Generation (die Muttertiere sind Nachzuchten der 1. Generation) und eine Nachzucht der 3. Generation (das Muttertier ist eine Nachzucht der 2. Generation).
Atlantische Große Tümmler leben in der Wildbahn in Gruppen von 2-10 Tieren. Die durchschnittliche Gruppengröße in den westeuropäischen Einrichtungen beträgt 9,96 Individuen, die mittlere Gruppengröße liegt bei 8,5. Die größte Gruppe lebt mit 36 Tieren in Harderwijk (Niederlande), die kleinste mit 4 in Tampere (Finnland).
Nachzucht
Im Jahr 2014 erfolgten in den westeuropäischen Delfinhaltungen insgesamt 13 Geburten (siehe dazu auch die Zusammenstellung unten links).
* Yuki ist Vickys zweites Kalb nach ihrer Erstgeburt 2001, die nicht überlebte. Vicky selbst kam 1996 in
Barcelona zur Welt.
* Kai ist das vierte Kalb von Malou (34). Ihr erster Sohn Cornelius (1993) wurde nur 2 Jahre alt. Ihr Sohn Neo (2006) und ihre Tochter Nala (2010) leben bei ihr in Antibes.
* Mary (34) aus Madrid hat zum dritten Mal ein Kalb zur Welt gebracht. Ihre ersten beiden Kälber Rocky (1997) und Romeo (2009) leben heute in Antibes, bzw. in der Jungesellengruppe in Selwo Marina.
* Für Guarina (27) ist dies das vierte Kalb. Ihre Erstgeburt Steve (2002) wurde nur 7 Jahre alt. Ihre Töchter Naia (2005) und Iruka (2009) leben in Aquopolis und Madrid.
* Blue ist das zweite Kalb von Luna (1996), der Tochter von Roxanne aus Brügge. Lunas älterer Sohn Bio (2010) lebt ebenfalls in Zoomarine Portugal.
* Das Kalb von Naomi (Nürnberg 1998), ihr drittes Kalb, war eine Totgeburt. Auch die Erstgeburt 2010 war nicht erfolgreich. Ihr Sohn King (2012) lebt in Harderwijk.
* Für Roxanne (30) in Brügge war Origi die neunte Geburt, bzw. das zehnte Kalb, und der dritte Misserfolg in Folge nach den Zwillingen 2011, deren Überleben von vornherein unwahrscheinlich war, und 2012. Ende 2014 leben noch 3 von Roxannes Kälbern: Ihre Tochter Luna (1996) lebt im Zoomarine Portugal und hat bereits selbst 2 Kälber Bio (2010) und Blue (2014) aufgezogen. Ihre Söhne Marco (1998) und Ocean (2003) leben im Zoomarine Italy und in Planète Sauvage.
* Indy ist Nalus zweites Kalb. Ihr erster Sohn Makai (2011) lebt ebenfalls in Harderwijk. Nalu selbst
wurde 2005 in Harderwijk geboren.
* Für Blue in Oltremare ist dies das vierte Kalb. Ihre ersten beiden Kälber 2007 und 2008 wurden nur wenige Tage alt. Ihr drittes Kalb Zeus (2010) lebt inzwischen im Zoomarine Italy. Blue selbst kam 1997 in Rimini zur Welt.
* Mancha hat mit Blu ihr fünftes Kalb zur Welt gebracht. Ihr zweiter Sohn Bruce (2002) starb im Alter von 5 Jahren. Ihre 3 anderen Söhne, Dam (1999), Zeus (2004) und Rumbo (2009), leben heute in Antibes und Selwo Marina.
* Naús Kalb ist ihre Erstgeburt. Naú kam 2001 im Gardaland zur Welt.
* In Tampere setzt sich die Serie erfolgloser Zuchtversuche fort, die im Grunde seit Eröffnung der Einrichtung 1985 besteht. Von 16 Geburten seit 1990 verliefen nur 2 erfolgreich, die beiden Männchen Leevi (1993) und Eevertti (1996). Ein Auslaufen der Haltung in Tampere ist absehbar (s.u.).
* Nami (siehe Foto rechts) ist Sunnys zweites Kalb. Ihre Erstgeburt 2007 überlebte nicht. Sunny selbst wurde 1999 in Soltau geboren.
Von 13 Geburten im Jahr 2014 starben 2 Kälber in der ersten Woche. Ein Tier war eine Totgeburt. 10 Kälber leben am 31. Dezember 2014 noch. Die Erfolgsquote des Jahrgangs 2014 beträgt 77 %, die Verlustrate 23 %. Insgesamt zeigt der Nachzuchterfolg in den Jahren 2005-2014 eine steigende Tendenz.
Transfers
Im Jahr 2014 wechselten 7 Tiere den Standort.
* Ocean (11) stammt gebürtig aus Brügge, kommt als Partner für die dortigen Jungweibchen Yotta (16) und Indy (11) aber nicht in Frage, da sie mit Text den gleichen Vater haben und somit Halbgeschwister sind.
* Ocean tauschte den Standort mit Kite (9), der, gebürtig aus Harderwijk, 2012 wegen der anstehenden Schließung der veralteten Anlage das Delfinarium Münster verlassen hat und zwischenzeitlich in der aus Harderwijker und Brügger Nachzuchten bestehenden gemischten Gruppe im Planète Sauvage untergebracht war. In Brügge kann Kite in einer jungen Gruppe als Zuchtmännchen aktiv werden.
* Dolly und Donna (beide 7) stammen gebürtig aus Duisburg. In der Duisburger Gruppe steht für die beiden gut sozialisierten Jungweibchen kein Partner zur Verfügung, die einzigen Männchen sind ihr Vater Ivo und die beiden knapp vierjährigen Halbbrüder Diego und Darwin. In der Nürnberger Gruppe, befinden sich mit Noah (21), Arnie (14) und zukünftig vielleicht auch Kai (4) passende Partner, hingegen mit Sunny (15) nur ein junges Weibchen.
* Zeus (4) ist die letzte Nachzucht aus Oltremare. Möglicherweise wurde er abgegeben in Hinblick auf die anstehende Geburt des nächsten Kalbes seiner Mutter Blue (9. August 2014). Im Zoomarine Italy lebt er in einer rein aus Nachzuchten bestehenden Familiengruppe mit Männchen aus Brügge und Mundomar, Weibchen aus Zoomarine Italy und deren erstem eigenem Nachwuchs.
* Das Altweibchen Linda (39) ist der einzige Wildfang, der 2014 den Standort wechselte. Sie stammte aus den texanischen Küstengewässern des Golfes von Mexiko und lebte von 1988 bis 2006 bereits in Brügge, wurde aber dann zusammen mit ihrem Sohn Mateo (11) nach Genua abgegeben. 2012 wurde Mateo mit dem aus dem Aqualand stammenden Teide (17) ausgetauscht. 2013 nahm das Acuario die Familiengruppen aus den aufgegebenen Haltungen im Gardaland und in Rimini auf. Möglicherweise konnte die betagte Linda sich in zwei größere, bereits zusammengewachsene Familiengruppen nicht mehr integrieren. Linda wurde nach Brügge zurückgebracht, wo sie auf die ihr bekannten Weibchen Puck (52) und Roxanne (30) trifft.
* Rocco (9), gebürtig aus Harderwijk, lebte von seinem dritten Lebensjahr an bis zur Schließung 2013 in Münster. Nach einem Zwischenaufenthalt in Harderwijk kam er nach Nürnberg, erwies sich aber als für die Gruppe unverträglich. Daher wurde er in die Junggesellengruppe in Selow Marina abgegeben, in der Nachzuchten aus Mundomar und Madrid leben.
Todesfälle
Im Jahr 2014 starben in den westeuropäischen Einrichtungen 2 Tiere, die älter als 1 Jahr waren.
* Taina kam am 11. Januar 1996 im Loro Parque zur Welt. Gestorben ist sie am 12. März 2014 im Alter von 18,2 Jahren. Sie war das erste von 2 Kälbern des wild gefangenen Weibchens Crystal (+2005). Crystals zweiter Nachkomme César (2001) lebt noch im Loro Parque. Über die Todesursache liegen z.Z. keine Informationen vor.
* Am 29. August 2014 starb Näsi im Alter von 35,7 Jahren. Sie gehörte zu den 5 1985 für das Delfinarium in Tampere (Finnland) aus dem Golf von Mexiko importierten Großen Tümmlern.
In Tampere brachte Näsi insgesamt 5 Kälber zur Welt (1990, 1991, 1993, 1996, 1997). Von diesen Kälbern überlebte nur das Männchen Leevi (1993). Mit knapp 36 Jahren hatte Näsi die natürliche Lebenserwartung Großer Tümmler in der Wildbahn, 25-30 Jahre, bereits überschritten. Über die genaue Todesursache liegen keine Informationen vor. Nach Näsis Tod leben in Tampere nur noch das Weibchen Veera (37), der Altbulle Delfi (35) und die beiden Nachzucht-Männchen Eevertti und Leevi. Da der Import von Großen Tümmlern nach Finnland verboten ist, ist davon auszugehen, dass keine jungen Nachzuchtweibchen nach Tampere kommen werden. Da eine Investition, die 30 Jahre alte Anlage auf den aktuellen Stand der Haltung zu bringen, unter diesen Umständen wenig sinnvoll ist, wird die Haltung in Tampere voraussichtlich mit dem Tod der beiden verbleibenden Alttiere und einer Abgabe der Jungbullen auslaufen.
Im Jahr 2014 starben 2 Tiere, die das erste Lebensjahr vollendet hatten.
Das durchschnittliche Todesalter der Tiere betrug 2014 26,9 Jahre.
Die Anzahl der jährlichen Todesfälle setzt damit die abnehmende Tendenz der letzten 10 Jahre fort.
Das durchschnittliche Todesalter lag 2014 an der unteren Grenze der natürlichen Lebenserwartung.
Auch hier ist in den letzten 10 Jahren eine Tendenz zu einem höheren Alter festzustellen.
Bestandsentwicklung
Am 1. Januar 2014 zählte der Bestand 251 Tiere. Der Verlust auf diesen Bestand beträgt am 31. Dezember 2014 2 Tiere und damit 0,8 %. Im Jahr 2014 kamen 10 überlebende Nachzuchten hinzu. Der Bestand zählt am 31. Dezember 2014 259 Tiere.
Damit ist der Bestand insgesamt um 3,2 % angewachsen. Die Trends der letzten 10 Jahre setzen sich damit in 2014 fort. Insgesamt wächst der Bestand kontinuierlich an, mit einem durchschnittlichen Zuwachs von 1,4 % pro Jahr. Der Anteil an Wildfängen im Bestand hat in den letzten 10 Jahren von 107 auf 79 abgenommen, ein Rückgang von 26 %. Der Anteil von Nachzuchten ist von 120 auf 180 gestiegen, ein Zuwachs von 50 %.