Bei den männlichen Delfinen folgt die Fortpflanzung einer ganz anderen Strategie. Denn Delfinmänner sind den größten Teil ihres Lebens damit beschäftigt, zu zweit oder zu dritt, seltener alleine, auf der Suche nach Partnerinnen die Meere zu durchstreifen.
Immer auf Partnersuche
Doch: „Vater werden ist nicht schwer, Vater sein kümmert uns nicht mehr!“ So könnte das Motto der männlichen Delfine in Bezug auf die Erhaltung ihrer Art lauten.
Der Delfinforscher Randall Wells hat das mal in einem seiner Bücher folgendermaßen ausgedrückt: „Nach der erfolgreichen Besamung eines Weibchens verlassen die Männchen es und suchen sich neue Partnerinnen.“
Wie romantisch die Wissenschaft doch immer wieder ist! ;o)
Aber in diesem Fall hat sie nun mal recht. Männliche Delfine sind darauf aus, mit so vielen fruchtbaren Weibchen wie möglich zu kopulieren. Bei jeder bleiben sie dann nur so lange wie nötig.
Allerdings sind die Weibchen da nicht unbedingt besser: auch sie folgen dem Drang, so viele Partner wie möglich während ihres Zyklus zur Paarung zu finden. Spaß haben dabei sicher beide Seiten, gerade bei Delfinen, aber mit Romantik hat es natürlich nichts zu tun.
Mehrere Partner
Delfine sind also polygynandrisch, d.h. beide Geschlechter haben mehrere Partner.
Viele Menschen nennen das Sexualverhalten von Delfinen auch promiskuitiv, was aber bedeutet dass alle sich wahllos paaren. Experten sind sich aber sicher, dass trotz der wechselnden Bekanntschaften die Paarungen nicht wahllos stattfinden.
Warum Delfine sich derart verhalten, ist immer noch nicht vollständig geklärt. Männliche Tiere wollen natürlich ihren Fortpflanzungserfolg maximieren. Trotzdem schließen sie sich mit anderen Männchen zusammen, anstatt z.B. wie bei Ohrenrobben Harems zu bilden.
Weibliche Tiere wollen ihren Nachwuchs eventuell vor Infantizid (was Tötung der Jungtiere durch ein männliches Tier bedeutet) schützen. Auch eine Theorie, der zurzeit immer noch schlagende Beweise fehlen.
Eine eher zutreffende Erklärung sind unfruchtbare Zyklen, in denen die Weibchen zwar paarungsbereit sind, aber nicht empfangen können. Männliche Delfine können dann diese Zyklen von fruchtbaren Zyklen nicht unterscheiden. So haben die Weibchen etwas Kontrolle darüber, mit welchen Männchen sie zusammen sein möchten.
Delfin-Männchen können viele weibliche Tiere begatten
Das meiste zur Fortpflanzung von Delfinen wissen wir von gestrandeten Tieren und der Forschung an trainierten Delfinen. Und daraus geht hervor, dass männliche Delfine extrem gut darauf vorbereitet sind, möglichst viele weibliche Tiere in kurzer Zeit begatten zu können und gleichzeitig mit anderen Männchen durch die Menge ihrer Spermien in Konkurrenz zu treten.
Enorme Samen-Menge
Dazu besitzen männliche Delfine die im Verhältnis zum Körpergewicht größten Hoden aller Säugetiere. Diese speichern enorme Mengen an Samen. Während einer einzigen Paarung sind es wohl viele Milliarden Spermienzellen, die übertragen werden.
Zwischen einer halben und zwei Milliarden sind es allein schon pro Milliliter Ejakulat. Und davon produzieren die Delfine bei einem Samenerguss gute 150 Milliliter.
Samenkonkurrenz
Diese große Menge soll den Samen vorheriger Liebhaber des Weibchens einfach rausspülen, so jedenfalls die Theorie. Samenkonkurrenz nennen das die Wissenschaftler, wenn männliche Tiere eher wenig um die Paarungsrechte selbst streiten und stattdessen ihre Spermien innerhalb des Weibchens gegeneinander antreten lassen.
Wer mehr produziert, hat auch bessere Chancen, Vater zu werden. Doch das ist noch längst nicht alles. Delfine wiederholen die Begattung sehr oft, auch mit demselben Partner in kurzer Zeit. Jeder Akt dauert dabei nur ein paar Sekunden, doch reicht das dem Männchen, immer wieder erneut Samen zu übertragen.
Wenig Romantik, aber ausgeklügeltes Kühlungssystem
Definitiv also nur wenig Zeit für Romantik, aber erstaunt sein kann man darüber, wie die Natur hier mal wieder die Entwicklung bestimmter Fähigkeiten auf die Spitze getrieben hat. Denn für die Erhaltung der Samenzellen im Körper hat sie sich sogar noch ein ausgeklügeltes Kühlungssystem ausgedacht.
Da die Hoden bei Delfinen innerhalb des Körpers liegen (wäre sonst unpraktisch zwei so schwere Football-förmige Dinger hinter sich her zu ziehen), ist die Temperatur für die empfindlichen Spermien eigentlich zu hoch. Doch ein Netz aus Blutgefäßen leitet die Wärme von den Hoden in die Schwanzflosse, wo das Blut abkühlen kann und zurückgeleitet wird. Eine serienmäßige Klimaanlage also, ohne die eine funktionierende Fortpflanzung für alle Waltiere nicht möglich wäre.
Ihr seht also, wie sehr die Delfine auch bezüglich ihrer Fortpflanzung sowohl an den Lebensraum als auch an die soziale Lebensweise angepasst sind. Doch leider bedeutet so eine komplexe Anpassung auch, dass sie sehr empfindlich auf Störungen reagiert.
Durch menschliche Einflüsse sinkt der Fortpflanzungserfolg
Menschliche Einflüsse lassen den Fortpflanzungserfolg der Delfine sinken. Das beginnt bei der Vergiftung der Meere durch Chemikalien, die sowohl die Fruchtbarkeit der männlichen Tiere sinken lässt als auch die Muttermilch selbst kontaminiert. So können Delfinkälber häufig keinen ausreichenden Immunschutz aufbauen. Und selbst wenn sie es doch schaffen, sind Treibnetze, Schiffsverkehr und Fischerei eine zunehmende Bedrohung für ihr Überleben.
Wir Menschen müssen mehr Respekt dafür zeigen, auch für unsere tierischen Mitbewohner auf diesem Planeten.
Lasst uns endlich damit beginnen,
* Treibnetze zu bergen und zu vernichten, damit Mütter nicht mehr um ihre Kälber trauern müssen.
* Lasst uns endlich unsere Giftstoffe verantwortlich entsorgen, damit kleine Delfine keine verseuchte Milch mehr trinken müssen.
* Lasst uns endlich in verantwortlichem Maße die Fischerei regulieren. Damit Delfinmütter nicht die qualvolle Entscheidung treffen müssen, das Säugen einzustellen, weil sie selbst sonst nicht überleben könnten.
Und lasst es uns jetzt machen, bevor es zu spät ist!
In diesem Sinne,
Euer Benjamin
Zu den Teilen 1 bis 7 meines BIOLOGEN-BLOGS geht es hier.
Weitere Informationen über die Fortpflanzung bei Delfinen erhältst du im ANATOMIE-Teil der Meeresakrobaten.