„Handelt endlich im Sinne der Pferde“ – so lautet die Überschrift eines Artikels in DIE WELT.
Was war geschehen? Das Dressurpferd Totilas lahmt in einer EM-Prüfung, das Pferd Undercover blutet aus dem Maul. So mancher Laie hat sein Urteil gefällt: Reitsport ist Tierquälerei.
Bei dem 15-jährigen Totilas wurde ein Knochenödem festgestellt. Meist die Folge einer Überbelastung. Der Zehn-Millionen-Hengst hatte während des Wettbewerbs gelahmt und stand offensichtlich unter Schmerzen. Das Pferd musste in die Tierklinik.
Mitbesitzer Paul Schockemöhle spricht von einem „Karriereende“ für das Pferd. Ob Totilas überhaupt Karriere machen wollte – oder waren es nicht eher sein Reiter, die Trainer und die Investoren?
Offenbar hat Totilas seit 2010 Hunderte (!) Stuten decken müssen. Allerdings nicht auf direktem Wege, sondern durch eine Pferde-Attrappe (Phantom genannt), über die sein Samen abgenommen wird. Doch auch schon bei solch einem Deckakt hatte sich Totila verletzt, wie in der Presse zu lesen war.
Pferd stand „unter Strom“
Der niederländische Reiter Edward Gal setzte offenbar sein Pferd – Undercover – „unter Strom“. Er wird wegen austretenden Bluts aus dem Pferdemaul disqualifiziert. Offenbar ritt er den Hengst in extremer „Rollkur“. Das bedeutet, das Pferd wird mithilfe von Zaumzeug in eine unnatürliche Kopfhaltung gezwungen.
Bald gibt es nur noch Verluste
DIE WELT schreibt: „Wird der Bogen überspannt in Richtung Mechanik, dann gibt es nur noch Verluste.“ Das Blatt fordert, endlich im Sinne der Pferde und des Reitsports zu handeln.
Der Umgang mit Delfinen gestaltet sich da ganz anders
Was haben Totilas und Undercover bzw. der Umgang mit den beiden Pferden mit Delfinen zu tun, werdet ihr euch fragen. Meine Antwort lautet: Bei den einen (nämlich den Delfinen) wird von „übereifrigen“ Aktivisten von Tierquälerei gesprochen, wenn sie (ohne irgendwelche mechanischen Hilfsmittel und aus eigenem Antrieb) im Nürnberger Tiergarten oder im Duisburger Zoo akrobatische Sprünge zeigen. Bei den Pferden wird immer noch die Rollkur erlaubt und die Huftiere, die ja eigentlich Fluchttiere sind, werden zu völlig unnatürlichen Bewegungen und Haltungen gezwungen.
Darüber sollten sich vor allem einmal Delfinariengegner Gedanken machen, die selbst am Reitsport großes Vergnügen haben.
Siehe zu diesem Thema auch meinen Beitrag Welchen Tieren geht es in Deutschland besser – Pferden oder Delfinen?
Lese- und Schautipps zum Thema
* Impressionen Eröffnungsfeier Aachen (hier sieht man u.a. die unnatürliche Körperhaltung der Pferde und hört, welcher Lärmbelästigung die mit einem feinen Gehör ausgestatteten Tiere ausgesetzt sind)
* Geht das Millionen-Pferd in Sex-Rente?
* Totilas konnte nicht schreien
* Quarks und Caspers: Das Pferd: 7 Dinge, die Sie wissen sollten
Am 20.8.2015 in der Augsburger Zeitung:
„Trotz des sportlichen Kariere-Endes von Totilas kann sich für Paul Schockemöhle der Kauf des Pferdes im Jahr 2010 noch rentieren.“ Dann wird der Pferdehändler aus Mühlen noch mit den Worten zitiert „Wenn er jetzt seinen Job als Deckhengst macht, dann ist das immer noch eine vernünftige Sache“.
Muss man dazu noch was sagen? Es kann also immer noch „eine vernünftige Sache“ sein und sich (für Schockemöhle!) „rentieren“, wenn Totila jetzt weiter den Deckhengst macht.
Ich denke, es gibt für einen Hengst definitiv schlimmeres, als echte und weniger echte Stuten zu beglücken.
Dass Pferde keinen Blümchensex haben und sich dabei hin und wieder auch mal weh tun, ist wohl ebenfalls naturgegeben.
Wobei Pferdehengste im Vergleich zu Eseln noch richtig gut dran sind. Ein Eselhengst sieht nach der Begattung einer (echten) Eselstute regelmäßig aus, als habe er gerade ein wütendes Nashorn geknutscht.
Übrigens: 1000 Nachkommen von einem Hengst klingt erst einmal nach furchtbar viel, bei künstlicher Besamung wird aber ein „Schuss“ durchaus auf bis zu 100 Portionen aufgeteilt.
Na ja … wenn jemand, der sich als Vorkämpfer für „Tierrechte“ ausgiebt, sein Pferde immer noch „traditionell“ reitet, dann lässt das schon irgendwie an der Ernsthaftigkeit zweifeln. Dass man Pferde auch ganz gut ohne Trense und ständig angezogene Zügel reiten kann, sollte sich sogar unter „Tierschützern“ herumgesprochen haben.
Ich kenne genügend Reiter, die nur mit Halfter und fast ständig losen Zügeln reiten. Ein ordentlich trainiertes Pferd lässt sich auch ganz hervorragend nur durch Oberschenkeldruck und Gewichtsverlagerung steuern; die Zügel braucht man dann nur noch in Gefahrensituationen, die das Pferd nicht schnell genug selbst erkennt, oder wenn auf engem Raum manövriert werden muss – also sehr selten!
Hier sollte sich die Familie Ortmüller vielleicht mal von Delfintrainern beraten lassen. Der „Delfinkram“ (gewalt- und bestrafungsfreies Training nur mit positiven Anreizen) funktioniert nämlich bei allen Tierarten. Und sogar in aller Regel sehr viel besser, als die „klassichen Trainingsmethoden“. Auch bei Pferden.
Aber über die Trainingsmethoden in Delfinarien ist man ja offensichtlich erhaben.
Wer im Glashaus sitzt, sollte sich besser im Dunkeln umziehen ;-)
Wenn ich das Bild vom „zu tief eingestellten“ Pferd aus Wikipedia ansehe
(https://de.wikipedia.org/wiki/Rollkur_(Pferdesport)#/media/File:Drk_Brown_Dressage.jpg
und mit dem Facebook-Profilbild von Frau Ortmüller
(https://www.facebook.com/photo.php?fbid=441197796056083&set=a.110977639078102.17527.100004975994224&type=1&theater),
der Mutter der Kinder des Delfinarien-Anklägers Ortmüller vom WDSF, vergleiche, erkenne ich da keinen großen Unterschied.
Das WDSF bzw. Ortmüller verwenden den Ausdruck „Tierquälerei“ gerne, wenn es um Delfine in Delfinarien geht. Dass die Organisation und/oder ihr Geschäftsführer jemals etwas über Tierquälerei allgemein oder Tierquälerei im „Pferdesport“ geschrieben hätte, ist mir nicht bekannt.