Worte einer Inselbewohnerin
Wie bereits erwähnt, hat Eileen Sanda die Jagdszene fotografiert. Sie hat einen Text dazu geschrieben, den ich den Meeresakrobaten-Besuchern (in übersetzter Form) nicht vorenthalten möchte.
Dieses Foto wurde von Land aus aufgenommen, schreibt Eileen. Es zeigt, wie Boote eine Gruppe Grindwale in einen Fjord treiben. Die Wale wurden einige Minuten später getötet, nachdem sie auf den Strand oder neben den Strand geschwommen waren, wo Männer bereits warteten.
Die Fotografin hat das Foto ausgewählt, weil es sonst im Internet nur blutige Szenen zu sehen gäbe und immer nur Wale, nachdem sie getötet wurden. Aber für Eileen gehören zur Jagd auch die Boote, die vor dem eigentlichen Tötungsprozess in Aktion treten.
Die Jagd wird nicht geplant, die Boote fahren also nicht hinaus, um Wale zu finden. Die Jagd wird eingeleitet, sobald von einem Boot oder einer Fähre aus gemeldet wird, dass sich eine Grindwal-Schule in Landnähe aufhalte. Die Nachricht verbreitet sich dann und es fahren viele Boote hinaus, um die Tiere in die nächstgelegene Bucht zu treiben. Diese Bucht muss als Walfang-Bucht ausgewiesen sein (hvalvág), sie darf nicht verschmutzt usw. sein.
Bevor die Wale gejagt werden, muss die Erlaubnis eines regionalen hochrangigen Polizeibeamten vorliegen (Sýslumaður). Dieser erteilt zum Beispiel keine Erlaubnis, wenn er der Meinung ist, die Inselbewohner hätten noch genug Walfleisch. In diesem Fall müssen die Jäger die Wale in Ruhe lassen. Oder aber die Wale werden in eine andere Bucht getrieben, wo die Erlaubnis zum Töten ausgesprochen wurde.
Das Fleisch der Wale wird nicht verkauft. Aber es gibt unterschiedliche Regeln auf den verschiedenen Inseln. So bekommen in Suðuroy, wo dieses Foto entstand, alle Einwohner etwas von dem Walfleisch und -speck ab. Auf anderen Inseln bekommen zuerst diejenigen etwas vom Fleisch und Speck ab, die an der Jagd beteiligt waren. Erst danach wird der Rest an die Insulaner verteilt.
In Suðuroy entscheidet die Polizei auch, ob alle der 4.800 Inselbewohner etwas vom Fleisch erhalten oder nur diejenigen in dem Ort, wo die Wale getötet wurden. Manchmal werden verschiedene Orte mit Walfleisch und Walspeck versorgt oder eine bestimmte Region der Insel. Wenn die Begünstigten das Fleisch nicht wollen, so wird es an andere verteilt.
(Quelle: Wikimedia)
Vielen Dank für eure sehr interessanten Beiträge, Wolfgang und Norbert!
Mit meiner Übersetzung von David Lusseaus Artikel soll keineswegs die Grindwaljagd schöngeredet werden. Auch Lusseaus ist gegen das Abschlachten von Meeressäugern. Er plädiert allerdings dafür, dass Gegner mit dem Thema besonnen und sachlich umgehen sollten, damit tatsächlich eine Änderung herbeigeführt werden kann. Schnelle Lösungen wird es meiner Meinung nach sowieso nicht geben, auch wenn die wünschenswert wären.
Dass die Färöer ganze Gruppen von Grindwalen abschlachten, begründen sie damit, dass Grindwale Herdentiere sind. Würde man einige von ihnen verschonen, so würden sie wahrscheinlich den (getöteten) Gruppenmitgliedern an den Strand folgen. Man sieht das ja auch immer wieder, wenn einige Grindwale aus einer gestrandeten Gruppe gerettet werden. Diese Einzeltiere schwimmen sehr oft wieder an den Strand zu ihren Artgenossen zurück und verenden dort.
Dass auch trächtige Kühe getötet werden, ist natürlich sehr schlimm. Aber da macht Deutschland leider keine Ausnahme. Wie in einem ZDF-Bericht zu erfahren war, werden pro Jahr 180.000 trächtige Kühe (meist „aus Versehen“) geschlachtet. Ein Tierarzt erklärt in dem Beitrag, dass die ungeborenen, aber oft schon ganz ausgereiften, Kälber eine lange Leidenszeit mitmachen müssten und qualvoll ersticken würden. Mehr dazu siehe unter https://www.youtube.com/watch?v=Y4QOhN8BFNU Solange hier keine Abhilfe geschafft wird, tut man sich schwer mit dem Finger auf andere Länder zu zeigen. Zumal die Grindwaljagd auf den Färöern legal ist.
Lusseau schreibt außerdem, dass die Färöer eben gerade nicht die Grindwale ausrotten wollen, Norbert. Das zeigt die jahrhundertealte Jagdgeschichte des Inselvolkes.
Das „fette Minusgeschäft“ wegen der ausbleibenden Kreuzfahrtschiffe scheinen die Färöer nicht zu fürchten. Erst vor ein paar Tagen sind erneut Grindwale geschlachtet worden … Auch gibt es ja nur ein paar wenige Anlandungen pro Jahr. Und Übernachtungsgäste werden darunter auch keine sein.
Wie dem auch sei, wir alle sind gegen die Grindwaljagd. Doch auf welche Weise sie beendet werden kann – dazu gibt es verschiedene Meinungen.
Die Argumentation mit der „Tradition“ und der „nachhaltigen Nutzung“ kann ich so nicht akzeptieren: Erst mit dem Einsatz von Motorbooten und Flugzeugen konnten die Fangzahlen massiv gesteigert werden – und das in einer Zeit, in der Walfleisch für die Nahrungsmittelversorgung der Fähriger keinerlei Rolle mehr spielte.
Fakt ist auch, dass sich seit dem Maximum an getöteten Tieren die Fangzahlen mathematisch sauber entlang einer Zerfallsfunktion bewegen, was als sicheres Zeichen gewertet werden muss, dass die Fangmethoden inzwischen so effektiv sind, dass das Ganze doch auf eine Dezimierung und schließlich Ausrottung dieser Tierpopulation hinausläuft.
Während bei der traditionellen Bejagung mit Ruder- und Segelbooten nur ein Bruchteil der entdeckten Tiere auch tatsächlich an den Strand getrieben werden konnten, dürfte es inzwischen wohl so sein, dass so gut wie jede entdeckte Schule auch abgeschlachtet wird.
Und was den Grind als Solchen angeht. Nehmen wir gedanklich einmal die emotional überladenen Wale aus dem Spiel:
Versuchen Sie sich einfach einmal vorzustellen, es ginge um ganz stinknormale, gezüchtete Hausschweine:
Da treibt man also eine Schweineherde (samt Ferkel und trächtigen Sauen) in einerm abgezäunten Bereich zusammen, ruft die Nachbarn zusammen und metzelt sie ohne Betäubung unter dem Gejohle der Zuschauer mit Messern nieder.
Fänden Sie das akzeptabel? Human? Einer modernen Zivilisation würdig?
Und ja: Auch in der modernen Nutztierzucht und Schlachtung gibt es noch mehr als genug Mißstände, die auch dringend abgestellt werden müssen. Aber das, was auf den Färöer-Inseln stattfindet missachtet praktisch jede Regel, die im Westen für die Tierjagd Geltung hat:
– Es werden regelmäßig mehr Wildtiere getötet, als genutzt werden können
– Es liegen keinerlei verlässliche Zahlen über den Populationsbestand und dessen Entwicklung vor
– Die Jagd und Abschlachtung der Tiere wird als „Volkssport“ öffentlich betrieben
– Die „Jäger“ sind nicht oder nur unzureichend ausgebildet
– Die Jagdwaffen und die Jagdmethode sind nicht geeignet, den Tieren einen schnellen und halbwegs schmerzlosen Tod zu bereiten
– Es wird eine weiträumig wandernde Tierart bejagt, die eigentlich einem internationalen Schutz unterliegt
– Man beruft sich auf eine „nachhaltige Tradition“, gestaltet die Jagd aber mit modernen Hilfsmitteln (Motorboote, Flugzeuge, Sonar) so effektiv, dass sie (fast) zwangsläufig auf eine Ausrottung der Tierpopulation hinausläuf
Es gibt noch weitere Unterschiede: Gerade die Färöer-Inseln gewähren den Wale/Delfinen keinerlei Gnade oder gar „waidgerechte Bejagung“ – es werden immer ganze Gruppen samt Jungtieren und trächtigen Kühen abgeschlachtet.
Solch eine Jagdstrategie verfolgt man eigentlich nur, wenn man eine Tierart so schnell wie möglich dezimieren oder ausrotten möchte – ich denke da an die Bejagung der US-amerikanischen Büffelherden im 19. Jahrhundert, wo es erklärtermaßen darum ging, den Indianern die Lebensgrundlage zu entziehen.
Zudem ist die Grindwaljagd auch weder wirtschaftlich, noch gesundheitspolitisch in irgendeiner Weise zu rechtfertigen. Spätestens, seitdem nun auch (endlich) die maßgeblichen Kreuzfahrtreedereien erklärt haben, die Färöer-Inseln aus der Routenplanung zu nehmen, dürfte die Grindwaljagd ein fettes Minusgeschäft werden.
Und dass der Verzehr von Grindwalfleisch aufgrund der Schadstoffbelastung akut gesundheitsgefährlich ist, (und nach allen irgendwo auf der Welt geltenden Verbraucherschutzrichtlinien verboten werden müsste), sollte langsam auch sattsam bekannt sein.
So bleibt als „Rechtfertigung“ nur noch eine krude und für mich durch und durch abstoßende „Tradition“ die nichts anderes ist, als eine Belustigung für eine Gruppe von Männern, die hier glauben ein Recht auf ein archaisches, entmenschlichendes, blutiges Ritual zu haben, das jeder Humanität aufs Grausamste spottet.
Auch der Vergleich mit dem spanischen Stierkampf hinkt auf übelste Weise:
Nicht ein geschulter Stierkämpfer erlegt nach einem festgelegten Ritual einen durchaus wehrhaften Stier in einem zumindest kalkuliert gefährlichen Kampf.
Nein!
Beim Grinderap metzelt eine Gruppe Halbstarker eine ganze Herde samt Kälbern und trächtiger Kühe nieder, während sie regelrecht im Blut badet. Nur dass – anders als Rinder – die Wale niemals zum Angriff übergehen, sondern nur verzweifelt versuchen, sich gegenseitig zu helfen … Das muss ja wirklich heroisch sein, einem Tier, das sich verzweifelt vor seine trächtige Mutter wirft, das Messer in den Körper zu rammen.
Was für ein Schandfleck für die menschliche Zivilisation.
Es fällt mir echt verdammt schwer, hier noch irgendein Verständnis für die Fähringer aufzubringen.
„Das Töten eines Tieres ist ganz gewiss keine leichte Angelegenheit – egal ob es sich dabei um einen Wal, einen Hirsch oder ein Huhn handele. Trotzdem versteht es Lusseau nicht, dass es bei keiner anderen Jagdart so viele Proteste gibt wie bei der Waljagd…“ – Und genau da kann ich Herrn Lusseau nicht verstehen: Ein Hirsch stirbt bei waidgerechter Bejagung vom Ansitz in der Regel durch einen Schuss, ohne zuvor langen Ängsten und Panik ausgesetzt zu sein! Und wenn das Ganze dann – wie in so manchem Video zu sehen – noch von einem barbarischen Gegröhle der zu einem großen Teil offenbar noch jugendlichen Walkiller begleitet wird, so hat das so gar nichts mit dem angeblich zur Weisheit (und Empathie….) befähigten und kulturell hochstehenden Homo sapiens zu tun!!! Da wird gesellschaftlicher Verrohung unter kulturellem Deckmäntelchen Tür und Tor geöffnet!
Man stelle sich ein dermaßen barbarisches Gegröhle in unseren Schlachthäusern vor… (Wobei natürlich auch das Geschehen beim Schlachten unserer Nutztiere dringend überprüft und reformiert gehört, weil die Atmosphäre und Enge in diesen standortfernen Großbetrieben, incl. dem Transport dorthin alles andere als „tiergerecht“ sind!!!)
Übrigens lehne ich aus den genannten Gründen auch den „nachhaltigen Walfang“ bei indigenen Völkern, ebenso wie den blutigen Stierkampf in Spanien oder das verrohte Geschehen auf vielenTiermärkten insbesondere in Ostasien ab!