Berichte, Biologen-Blog

Sanctuaries – Eine große Tierschutzlüge


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Serie von Benjamin Schulz, Teil 10
14. September 2015

„Freiheitsaktivisten“ vermarkten ihre Idee

Richtig wütend aber macht mich die Verlogenheit, mit der diese selbsternannten Freiheitsaktivisten ihre Ideen vermarkten.

Große Anlage in Harderwijk (Foto: Susanne Gugeler)

Große Anlage in Harderwijk
(Foto: Susanne Gugeler)

Denn solche Sanctuaries, wie sie die Aktivisten für sich fordern, gibt es schon lange. Mehrere Delfinarien weltweit haben exakt solche Anlagen. Doch alle werden sie standardmäßig von den Aktivisten attackiert.

Es scheint tatsächlich so zu sein, dass für diese Aktivisten Gefangenschaft nur dann in Ordnung ist, wenn sie selbst die Kontrolle haben und abkassieren dürfen. Denn das von einigen Gruppen geplante „Cetacean Sanctuary“ in Kanada soll schließlich auch Geld über Eintrittsgelder verdienen. Damit wollen sie ihren edukativen Auftrag erfüllen. Merkwürdig, da sie sonst immer skandieren, Delfinarien könnten überhaupt keinen Bildungsauftrag erfüllen.

Bis zu 300 Tiere sollen eingepfercht werden

Dort in Kanada will man rund um eine Insel bis zu 300 Tiere verschiedener Arten einpferchen. Welche Art der Bildung könnte dies wohl vermitteln? Dass es in Ordnung ist, einen bunten Mix für Besucher auszustellen und ihnen vorzugaukeln, das wäre so in der Freiheit? Oder dass es in Ordnung ist, das gesamte Ökosystem vor Ort durch die enormen Fäkalienmengen der 300 Wale vollends zu zerstören?

Das wäre tatsächlich merkwürdig, waren es doch die gleichen Aktivisten, die vor ein paar Jahren schriftlich bei der Regierung der British Virgin Islands gegen ein geplantes Delfinarium protestiert haben. Dort sollte eine kleine Meeresbucht ein paar Delfine aufnehmen. Begründung damals: die Verschmutzung durch die Tiere auf dem abgegrenzten Areal zerstört das sensible Ökosystem.

Mutter mit Kind (Foto: Benjamin Schulz)

Mutter mit Kind in Meerwasser-Anlage
(Foto: Benjamin Schulz)

Diese Argumente sind jetzt plötzlich vergessen, wo es um das eigene größenwahnsinnige Projekt für 300 Wale geht.

Millionengeschäft mit Spenden

Es wird immer deutlicher, worum es eigentlich geht: Die Organisationen wollen Geld verdienen. Delfine und Wale sind ein Millionengeschäft, allein schon mit Spenden, aber auch die Eintrittsgelder will man sich nun sichern.

Man muss nur sicherstellen, die eigenen Anhänger für dumm genug zu verkaufen, und ihnen vorzutäuschen, dass ihre Delfinarien die einzig guten sind.

Und die Anhänger lassen sich täuschen, da sie über Jahrzehnte hinweg mit den ewig gleichen Parolen gefüttert wurden, in denen die wissenschaftlich geführten Delfinarien üble Gefängnisse sind, aus denen die Tiere schnellstmöglich befreit werden müssen. Dann endlich hätte man die Tiere für sich und könnte sie in die eigenen Lagunen stecken, die paradiesische Zustände versprechen.

Sanctuaries werden zu Todeslagern

Doch in Wahrheit werden diese Sanctuaries zu Todeslagern. Die Strategie dahinter ist perfide, aber durchaus clever (wenn sie funktionieren würde): Man bekommt jederzeit Nachschub aus den Delfinarien der Welt, denn deren Tiere sollen ja beschlagnahmt werden.

Delfin spielt mit Wasserpflanze. (Foto: Susanne Gugeler)

Delfin spielt mit Wasserpflanze.
(Foto: Susanne Gugeler)

Wenn die Tiere im eigenen Sanctuary dann sterben, schiebt man das auf die katastrophalen Bedingungen bei ihren vorherigen Eigentümern. Und holt sich die nächsten. Alle teilen dann das Schicksal, dass sie den Rest ihres Lebens in einem total überfüllten Todeslager verbringen müssen, indem sie durch Stress und Dreck langsam zugrundegehen.

Nur etwa 1 % trifft ein anderes Schicksal: sie werden als Alibi unkontrolliert ausgewildert und verhungern kläglich.

Auf der nächsten Seite erfahrt ihr, wie eine seriöse Nutzung von Sanctuaries aussieht.

2 Kommentare

  1. Meine Meinung zu den angesprochenen „Sea-Pen-Sanctuaries“ ist sehr durchwachsen, um nicht zu sagen „eher ablehnend“. Klar, ist das die „natürlichste“ Umgebung, die man domestizierten Delfinen bieten kann. Andererseits kann man solche Gehege nur an recht wenigen Orten einrichten (Wasser- und Lufttemperaturen im Winter) – im Wesentlichen nämlich in der Karibik und in Teilen des Mittelmeeres – wobei Letzteres schon wieder das Problem mit der „falschen“ Delfin-Unterart hat. Zudem bin ich mir alles andere als sicher, ob ein Delfinarien-gewöhnter Delfin wirklich so wild auf mehr oder weniger dreckiges Wasser, Parasiten, nervige Möven und ungefiltertes Wetter ist.

    In der Realität kämpfen praktisch alle bestehenden „Sea-Pen-Sanctuaries“ regelmäßig mit Stürmen, die an Meeresküsten bekanntlich eine immense Wucht entwickeln können und nicht selten dazu führen, dass die Delfine in ihren Gehegen jämmerlich ertrinken oder von einlaufenden Brechern auf Land oder gegen Mauern gespült und verletzt werden.
    Einzelne Meeresgehege in der Karibik sind sogar dazu übergegangen, bei heraufziehenden Stürmen ihre Delfine mit Sendern auszustatten und auf das offene Meer hinaus zu treiben (nein, das tun die ganz und gar nicht freiwillig!), in der Hoffnung, dass sie dort eine bessere Überlebenschance haben (was offenbar der Fall ist). Dennoch bedeutet ein Orkan in solchen Gehegen fast jedes mal auch tote, vermisste (ein Sender, der zusammen mit dem toten Tier tief genug absinkt, kann nicht mehr mit vertretbarem Aufwand geortet werden), und verletzte Delfine.

    Natürlich kann man die „Sea-Pen-Sanctuaries“ zumindest theoretisch in geschützen Buchten und Lagunen anlegen (was bei einem ausgewachsenen Hurrican auch nicht viel bringt), aber da liegen die noch verfügbaren Grundstücke bereits jetzt praktisch bei Null – oder sie liegen in unmittelbarer Nähe großer Hafen- und Industrieanlagen.

    Ich befürchte, dass ordentlich gebaute und geführte Inlands-Delfinarien am Ende doch die beste Lösung sind. Denn offenbar haben die Großen Tümmler die merkwürdige Eigenheit, dass eine Domestizierung zwar recht schnell und einfach vonstatten geht, aber letztlich nicht mehr rückgängig zu machen ist.

    Und ich wüsste am Ende auch keinen Grund, der gegen weitere Delfinarien spricht, wenn diese im Großen und Ganzen der jeweiligen „Best practice“ genügen und durchweg mit Nachzuchten ausgestattet werden können. Vermutlich wird man aber auf Dauer auch nicht um eine Begrenzung der Nachkommenszahlen durch Medikamente („Pille“) herumkommen.

    Ich sehe da aber vorher noch die durchaus attraktive Möglichkeit, die Zahl der Wildfänge dadurch gegen Null zu reduzieren, dass man den Markt für Delfine mit einer hohen Zahl von legalen Nachzuchten für andere „Anbieter“ (Taiji, Salomonen) unattraktiv macht und damit zumindest eine wichtige Einnahmequelle solcher Jagden abgräbt.
    Bei weniger im öffentluchen Fokus stehenden Tierarten (z.B. Papageien) hat man diese Möglichkeit bereits wiederholt und letztlich sehr erfolgreich durchexerziert – ob das auch bei Delfinen funktionieren kann, ist schwer zu sagen – auf jeden Fall verlieren solche Unternehmungen ihre wichtigsten Unterstützer, wenn niemand mehr an deren Lebenfängen interessiert ist.

    Die Färöer-Inseln sind da leider nochmal ein ganz anderer Fall. Die werden vermutlich erst dann mit ihren sinnlosen Abschlachtorgien aufhören, wenn die Grindwale rund um die Inseln ausgerottet sind. Tradition eben …

    geschrieben von Norbert
  2. Das „Dolphin Care“-Projekt am Roten Meer ist allein schon deshalb ein gefährlicher Unsinn, weil im Roten Meer eine andere Unterart des Großen Tümmlers (der kleinere indopazifische Große Tümmler ca. 120 kg) lebt, als in den Delfinarien (Karibischer Großer Tümmler, ca. 250 – 300 kg).

    Die Tiere aus den Delfinarien haben im Roten Meer schlicht nichts zu suchen. Würde das Gehege aus irgendeinem Grund zerstört (und die Delfine tatsächlich auswildern), könnten sie bei der endemischen Population immensen Schaden anrichten, da sie den dort lebenden Tümmlern körperlich weit überlegen sind. Umgekehrt sind die Delfine aus den Delfinarien nicht mit den dort lebenden Gifttieren vertraut (Rotfeuerfisch, Stechrochen u.A.) und würden – so sie nicht mangels Jagderfahrung verhungern – höchstwahrscheinlich an Vergiftungen und Stichen sterben.

    An eine Auswilderung in diesem Gebiet braucht man erst gar nicht zu denken.

    Aber solche Details scheinen die selbsternannten „Experten“ ja nicht weiter zu stören.

    geschrieben von Norbert Fleck

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