Meeresakrobaten, 19. Dezember 2015
Immer wieder gibt es Meldungen über gestrandete Wale und Delfine. Vor allem Grindwale gehören zu den Kandidaten, die besonders oft an Stränden gefunden werden. In den wenigsten Fällen gelingt es, den Tieren zu helfen.
Massenstrandungen
Über die Gründe, warum die Meeressäuger stranden, haben sich Wissenschaftler schon lange den Kopf zerbrochen. Ist es der Lärm unter Wasser, der die Tiere orientierungslos macht, ist es eine Krankheit, die ihnen zum Verhängnis wurde?
Die Gründe können vielfältig sein. Doch wenn es sich um Massenstrandungen handelt – wie vor kurzem in Chile, wo über 300 tote Seiwale gefunden wurden -, gehen Biologen davon aus, dass ein besonderes Ereignis stattgefunden haben muss, welches für die Wale tödlich endete.
Nervengift in Algen
Forscher aus den USA haben nun herausgefunden, dass ein spezielles von Algen produziertes Nervengift der Auslöser für Massenstrandungen sein könnte. Diese Algen verbreiten sich besonders stark, wenn sich das Wasser erwärmt. Vor allem an der West- und Ostküste der USA wird die sogenannte Red Tide (= Algenblüte; das ist eine plötzliche massenhafte Vermehrung von Algen, bei der sich das Wasser rötlich färbt) häufig beobachtet.
Algen werden von Plankton aufgenommen, welches wiederum als Nahrung für Fische dient und sich in deren Organismus anreichert. Und die Fische ihrerseits werden von Seelöwen und Walen gefressen.
Getrandete Seelöwen waren orientierungslos
1998 wurde das Phänomen der Massenstrandung in Kalifornien bei Seelöwen beobachtet. Hunderte Tiere wurden orientierungslos angetroffen. Damals schon stellte man fest, dass ein Gift das Gehirn der Seelöwen geschädigt und in einigen Fäller sogar zum Tod der Tiere geführt hatte.
Um herausfinden, wie negativ sich das Algengift auf das Orientierungsvermögen von Seelöwen auswirken kann, führten der Wissenschaftler Peter Cook und seine Kollegen Tests durch. Ihre Probanden waren 30 Seelöwen, die orientierungslos gestrandet waren und die am Marine Mammal Center in Sausalito/Kalifornien gesund gepflegt wurden.
Schäden im Gedächtniszentrum
Die Wissenschaftler hatten vor der Versuchsreihe mithilfe von Hirn-Scans eine Gehirnregion (Hippocampus) der gestrandeten Seelöwen untersucht, welche für das Gedächtnis eine große Rolle spielt.
Dort stellten sie bei den Seelöwen Schäden fest, die durch Domoinsäure verursacht worden waren. Dabei handelt es sich um ein von Kieselalgen produziertes Nervengift.
Die Tiere, mit denen anschließend Gedächtnistests durchgeführt wurden (bei denen sie übrigens nicht mit den Menschen in Berührung kamen, da sie ja wieder ausgewildert werden sollten), zeigten, dass ihr räumliches Gedächtnis sehr schlecht funktionierte. Das ließ die Wissenschaftler darauf schließen, dass die Meeressäuger beim Jagen und Orientieren stark beeinträchtigt und wahrscheinlich aus diesem Grund auch gestrandet waren.
Auswirkungen beim Menschen
Auch bei Menschen kann es zur Schädigung des Kurzzeitgedächtnisses oder zu Übelkeit und Krämpfen kommen, wenn sie Meeresfrüchte oder Fische aus einer Gegend beziehen, wo Algen der Gattung Pseudo-Nitzschia blühen.
Seelöwen kommen mit Algen naturgemäß viel öfter in Berührung als Menschen und sind daher der Vergiftungsgefahr viel stärker ausgesetzt. Allerdings ist nicht klar, wie lange die Tiere dem Nervengift ausgesetzt sein müssen, damit sich irreparable Schädigungen im Hirn einstellen.
(Quellen: sciencemag.org und Was Meeressäuger zum Stranden bringt)