Es gibt auch traurige Momente
Das enge Zusammenleben stellt uns auch vor die schwierigsten Momente: Abschied zu nehmen.
Tiere werden bei uns alt. Toll, dass sie durch die gute Pflege immer älter werden. Aber irgendwann sterben dann auch Tiere, die wir schon als Jungtiere kannten, eher als wir. Das ist immer verdammt hart für uns. Jeder Trainer geht mit solchen Abschieden anders um, aber es gibt keinen, der nicht trauert.
Wir geben alles für die Tiere. Manche von uns haben nur sehr wenig Privatleben. Die Tiere sind halt tatsächlich unser Lebensmittelpunkt, unsere Familie. Dafür müssen wir uns nicht rechtfertigen, es ist unsere Berufung.
Unberechtigte Kritik
Dass wir dennoch viel Kritik ertragen müssen von angeblichen Tierschützern, ist Berufsrisiko. Aber das ist eine Minderheit, die uns als dumm und naiv bezeichnet und denkt, wir seien in der „bösen Gefangenschaftsindustrie“ versklavt, da wir zu sehr an den Tieren hängen.
Ganz ehrlich, wer andere so unterschätzt, hat keinen Respekt vor unterschiedlichen Sichtweisen. In diesem Sinne an alle Aktivisten da draußen: Wir können selbst für uns denken und entscheiden! Keiner von uns wird gezwungen, in Zoos und Delfinarien zu arbeiten. Wir sind weder Sklaven noch werden wir erpresst oder indoktriniert von unseren „bösen Chefs“. Niemand von uns würde dort arbeiten, wenn es tatsächlich Tierquälerei wäre.
Unterschiedliche Lebensweisen
Gut, ich wollte noch etwas über Delfine und Seelöwen erklären. Wie ist es also eigentlich, mit ihnen zu leben? Für mich unterschiedlich, was vor allem auch an den unterschiedlichen Lebensweisen dieser Tiere liegt.
Obwohl ich zugeben muss, dass ich wegen der Delfine diesen Berufsweg gewählt habe, habe ich im Laufe der Jahre auch Seelöwen sehr schätzen gelernt. Das Zusammenarbeiten und Leben mit diesen Tierarten ist aber für mich immer grundverschieden gewesen.
Ob diese Eindrücke von anderen Trainern so geteilt werden, kann ich nicht sagen. Aber Tatsache ist, dass die Familienstrukturen von Seelöwen und Delfinen sehr unterschiedlich sind und sich das auch auf die Interaktionen der beiden Tiere mit Menschen auswirkt.
Seelöwen sind sehr gesellig
Seelöwen sind sehr gesellige Tiere, sie befinden sich eigentlich immer in der Gesellschaft vieler anderer Artgenossen. Doch echte Bindungen untereinander gibt es nur zwischen Müttern und ihrem Nachwuchs. Männliche Tiere, die am liebsten viele Weibchen für sich beanspruchen, sehen sich gegenseitig nur als Rivalen an, und die Weibchen sind auch nur interessant während der kurzen Paarungszeit.
Auch die Weibchen, die meist eng nebeneinander auf überfüllten Stränden ihren Nachwuchs großziehen, haben eine klare Vorstellung von Privatsphäre.
Selbst wenn diese zeitweise sehr eng definiert sein kann. Doch zumeist können sich die Weibchen untereinander so arrangieren, dass sie nah beieinander zusammengekuschelt dösen und schlafen. Wenn Seelöwen schwimmen gehen, interagieren sie aber kaum miteinander. Da zieht in einem Becken typisch jeder seine eigenen Kreise so geschickt, dass sich niemand zu nahe kommt.
Seelöwen brauchen Abstand
Seelöwen sind also durchaus sehr verschmust, brauchen aber auch immer etwas Abstand. Natürlich gibt es auch dabei sehr starke individuelle Unterschiede, doch kann man wohl sagen, dass ein Seelöwe den Trainer als Vertrauensperson ansieht und dabei sehr wählerisch sein kann. Also eher wie ein Hund, der seinem Herrchen vertraut, aber sonst eher skeptisch bleibt.
Der rein physische Unterschied bei der Arbeit mit Seelöwen im Vergleich zu Delfinen ist die Arbeit an Land. Das macht das Training sehr direkt und viel greifbarer. Es entsteht eine Beziehung wie zu einem Haustier. Wenn das geschehen ist, kann man mit Seelöwen toll arbeiten!
Ich selbst habe länger gebraucht, um mit Seelöwen gut klarzukommen. Nach jahrelanger Arbeit nur mit Delfinen war die Distanz, die beide Elemente dort schufen, für mich ein wichtiger Bestandteil des Trainings. Die direkte Art von Seelöwen hat mich beeindruckt. Aber nach vielen Jahren habe ich diese Arbeit mit ihnen und den Unterschied zu den Delfinen sehr schätzen gelernt und möchte sie nicht mehr missen!
Auf der nächsten Seite geht es weiter mit Benjamins Biologen-Blog.
Hallo Benjamin,
eine Idee für den nächsten Biologen-Blog:
Erzähl‘ uns doch bei Gelegenheit mal, wie so ein typischer Tag bei Dir aussieht.
Ich könnte mir nämlich vorstellen, dass manche vielleicht jetzt denken: „Delfintrainer ist ein cooler Job: man kann den ganzen Tag mit den Tümmlern spielen und wird dafür auch noch bezahlt!“
Doch ich vermute mal, dass diese Highlights nur einen kleinen Teil der täglichen Arbeitszeit ausmachen und z.B. auch viel „trockene Büroarbeit“ und andere Tätigkeiten dazu gehören.
Viele Grüße
Oliver
„Wenn man dann zurückkehrt freuen sie sich eigentlich nur wahnsinnig und spielen sofort mit dir. “
Sag‘ ich doch immer: Das sind eigentlich nur große graue Hunde mit Flossen :-)
Auf jeden Fall ticken die offenbar ganz ähnlich.
Hallo Benjamin,
vielen Dank für die interessaten Eindrücke von Deiner Arbeit mit den Tieren. Ich finde, Deine Begeisterung und die Freundschaft bzw. Vertrautheit, die Dich mit den Tümmern verbindet, kommt sehr gut rüber. Das ist ein Beruf, der wohl wirklich Berufung ist, bei dem man auch mit dem Herzen dabei sein muss, da es kaum die üblichen „8-Stunden-Tage“ geben wird. Wie ist denn das, wenn man mal Urlaub hat? Die Delfine wissen ja nicht, was Urlaub ist. Wie reagieren die dann, wenn der vertraute Trainer mal zwei, drei Wochen weg ist? Sind die dann etwas beleidigt wie manche Katzen oder freuen die sich dann „tierisch“, wenn man dann zurück kommt?
Mit Delfinen mal eine Runde zu schwimmen und sie bessr kennen zu lernen, wäre schon mal ein tolles Erlebnis, aber mit einem so einem großen, männlichen Seelöwen würde ich dann doch nicht auf Tuchfühlung gehen wollen, wenn der mal schlecht drauf ist…
Danke für deinen Kommentar, Oliver! Du hast recht, es gibt bei uns nicht wirklich 8-Stunden-Tage. Eher 10-12 Stunden Tage bei einer 6-Tage Woche. Das mit dem Urlaub ist eine interessante Frage. Bei den Delfinen ist es wahrscheinlich schon so, dass sie sich fragen wo man denn plötzlich abgeblieben ist. Wenn man dann zurückkehrt freuen sie sich eigentlich nur wahnsinnig und spielen sofort mit dir. Bei den Seelöwen reicht ein Futtereimer, um sich schnell wieder beliebt zu machen. Manchmal testen sie den Trainer aus, wenn man nach einer längeren Pause zurückkommt. Da kann man als Seelöwe schonmal auf den Gedanken kommen, ob sich der Trainer nach dem Urlaub noch genauso aufmerksam verhält und evtl. nicht sieht, ob man gerade einem anderen den Fisch klaut oder sich an den Eimer ranschleicht…Sind halt Schlitzohren.
Jedes Tier kann mal schlechte Laune haben. Unabhängig davon ob es ein Seelöwe oder Delfin, Männchen oder Weibchen ist. Alle sind dem Menschen überlegen und könnten diese Kraft jederzeit ausnutzen. Manche tun es auch schonmal. Das liegt in erster Linie am individuellen Charakter.