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Wer hat von wem abgeschaut?


Am 6. Juli 2016 wurde im SWR-Sender ein sehr interessanter Dokumentarfilm mit dem Titel Die Delfine von Shark Bay gezeigt.

Delfin benützt Werkzeug. (Foto: Rüdiger Hengl/LWL-Museum Münster)

Delfin benützt Werkzeug. (Foto: Rüdiger Hengl/LWL-Museum Münster)

Es ging um die Erforschung von drei ortstreuen Delfin-Populationen (Große Tümmler), die in den Gewässern rund um die Peron-Halbinsel/Australien leben und von denen ein Teil die Schwammtechnik als Beutefang-Möglichkeit nutzt.

Dieses Gebiet ist auch als Shark Bay (Haifischbucht) bekannt. 3.000 Delfine haben hier ihr Jagdrevier. Die Haifischbucht liegt etwa 800 km nördlich von Perth.

Geschwür stellte sich als Schwamm heraus

1984 beobachtete ein Fischer in der Shark Bay zum ersten Mal einen Delfin, der einen Schwamm auf der Schnauze trug. Zunächst glaubte er, es handele sich dabei um ein Geschwür, doch später wurde „dieses Ding“ als Schwamm identifiziert.

Seitdem begleiten Forscher die Delfine in dieser Gegend, um noch mehr über die Schwamm-Fangtechnik herauszufinden.

Bis zu fünf Schwämme am Tag

Inzwischen ist klar, dass der Schwamm die Schnauzen der Delfine vor Steinen und scharfkantigen Muscheln schützt. In der Shark Bay schwimmen die Großen Tümmler in seichtem Wasser und pflügen den Boden auf Essbares durch. Dabei ist ihnen der Schwamm von großem Nutzen.

Die Delfine verwenden einen Schwamm mehrmals. Insgesamt stülpen sie sich jedoch am Tag bis zu fünf verschiedene Schwämme über die Schnauze, um unverletzt zu bleiben.

„Frauen-Ding“

Die Schwamm-Technik scheint ein „Frauen-Ding“ zu sein. Bei 48 weiblichen und nur sieben männlichen Tieren konnte die Technik dokumentiert werden.

Die Schwammjäger leben in drei Populationen. Und zwar gibt es die Monkey-Mia-Population im Osten der Shark Bay, die Useless-Loop-Population im Westen und die Peron-Point-Population im Norden.

Anhand von Atemproben bzw. des darin enthaltenen genetischen Materials fanden Eric Patterson, Junior Professor für Biologie an der US-Universität Georgetown/Washington D.C., und seine Kollegen heraus, dass diejenigen weiblichen Delfine, welche mit Schwämmen auf die Jagd gehen, miteinander verwandt sind.

Um an die Atemproben zu gelangen, aus denen dann das genetische Material eliminiert wurde, hielten die Forscher eine Art Trichter über das Blasloch eines in der Nähe des Bootes schwimmnenden Delfins. Der ausgestoßene Blas sammelte sich in einem Röhrchen, das sich unterhalb des Trichters befand.

Wer ist die „Ur-Mutter“ der Schwammtechnik?

Doch in welcher Gegend und wann haben die Delfine angefangen, Schwämme als Jagdhilfe zu benutzen? Und welches Weibchen trat den langen Weg in andere Meeresgebiete an, um anderen Delfinen die Jagd mit dem Schwamm beizubringen?

Auch erlerntes Verhalten führt zur Artenbildung. Bilden die Schwammjäger um die Peron-Halbinsel bald eine eigene Spezies?

Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass dieses Verhalten vor ca. 180 Jahren zum ersten Mal aufgetreten sein muss.

Es muss ein weibliches Tier aus Monkey Mia gewesen sein, das den Grundstein für diese Jagdtechnik legte und diese Technik seinen Nachkommen lehrte.

Da Große Tümmler wahre Anpassungskünstler sind, werden sich die Populationen in der Shark Bay bestimmt wieder etwas Neues einfallen lassen, sollte es einmal keine Schwämme mehr geben. Denn man muss laut o.g. TV-Beitrag davon ausgehen, dass Schwämme in diesem Gebiet bis in 200 Jahren rar werden.

Link- und Lesetipp

* Delfine jagen mit Schneckenhäusern
* The Shark Bay Dolphin Project

2 Kommentare

  1. Vielen Dank für deinen Kommentar, Oliver!

    Meine Zusammenfassung des Dokumentarfilms mag evtl. etwas „schwammig“ sein ;o)), im Sinne von lückenhaft.

    Tatsächlich wird im Film der Wissenschaftler Patterson mit den Worten zitiert: „Nach neusten Erkenntnissen führt auch erlerntes Verhalten zur Artenbildung. Die Frage lautet, ob die Gruppen rund um die Peron-Halbinsel bald eine eigene Spezies bilden.“

    Wann man von einer neuen Art sprechen kann, ist ein umstrittenes Thema. Auch hier gibt es keinen Stillstand in der Wissenschaft, sondern stets neue Erkenntnisse.

    Offenbar sind die Schwammjäger aus allen drei Gruppen der Peron-Halbinsel mütterlicherseits miteinander verwandt. Patterson spricht von drei Populationen. Sie vermischen sich nicht miteinander, haben aber alle eine sogenannte „Schwamm-Eva“ (Ur-Mutter).

    Zur Fortpflanzungsfähigkeit verschiedener Delfin-Arten und der Fruchtbarkeit der Nachkommen habe ich unter http://www.meeresakrobaten.de/delfine/anatomie/die-fortpflanzungsorgane-der-delfine/ berichtet.

    geschrieben von Susanne
  2. Nun ja, die Entwicklung einer neuen Spezies, also einer neuen Art, würde ich als Biologe aus dem zusätzlich erlernten Verhalten nicht gerade herleiten, vor allem nicht innerhalb so kurzer Zeiträume. Denn der (durchaus umstrittene) Artbegriff beinhaltet in der Regel eine morphologische und genetische Trennung; doch Delfine, die Schwämme benutzen, paaren sich nach wie vor mit Nichtschwamm-Benutzern und können fruchtbare Nachkommen zeugen.
    Es können sich in den 30 Jahren maximal Populationen bilden, aber selbst das ist nicht der Fall; die Nutzung der Schwämme wurde auch an andere Gruppen weitergegeben (durch Weibchen, welche die Schule gewechselt haben), aber bislang deutet nichts drauf hin, dass sich die Schwammnutzer von den anderen abgrenzen.

    Ich sehe das eher so, dass manche Delfine in verschiedenen Gruppen einfach diese Technik beherrschen und andere nicht – so wie es bei uns Menschen Leute gibt, welche die Relativitätstheorie verstehen und andere, die sie nicht verstehen.

    Erstaunlich ist auf jeden Fall die Tatsache, dass Delfine diese Technik erfunden und das erlerntes Wissen weitergeben können.

    geschrieben von Oliver

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