Gastbeitrag von Oliver Schmid, 25. September 2016
Oliver war am 10. September 2016 zu Besuch im Nürnberger Tiergarten. Die Meeresakrobaten danken ihm sehr herzlich dafür, dass er alle Delfin-Freunde an seinen Erlebnissen teilhaben lässt. Hier ist Olivers Bericht:
Hans-Jürgen Klinckert ist seit 50 Jahren dabei
Am Samstag waren wir im Tiergarten Nürnberg, um an der Spezialführung „Begegnung mit Delfinen“ teilzunehmen.
Herr Klinckert beantwortete der Gruppe aus sechs delfinbegeisterten Besuchern viele Fragen und erzählte uns viele interessante Fakten und Anekdoten zu den Meeressäugern.
Herr Klinckert war viele Jahre Delfintrainer in verschiedenen Delfinarien; begonnen hat er bereits Mitte der 1960er Jahre, als die Delfinhaltung in Europa noch Neuland war. Damals wusste man längst noch nicht so viel über die Haltung und das Training von Delfinen; man lernte durch Ausprobieren und durch den Austausch mit den amerikanischen Kollegen.
Delfine interagieren gerne mit Menschen
Da Delfine in menschlicher Obhut gefüttert werden und nicht jagen müssen, bietet man ihnen zum Ausgleich die Trainingseinheiten an. Ein großer Vorteil ist dabei, dass die Tiere von sich aus sehr neugierig und verspielt sind und ähnlich wie wir an den Delfinen auch sie ein großes Interesse an der Interaktion mit uns Menschen zu haben scheinen.
Trainiert werden die Delfine nach der Methode der positiven Konditionierung: In kleinen Schritten lernen die Delfine eine Übung; hierbei wird jedes erwünschte Verhalten belohnt (meist durch einen kleinen Happen oder auch durch Lob und Streicheleinheiten), „falsches“ Verhalten wird nicht bestraft, sondern einfach ignoriert.
Unterhaltsames Spiel
Für die Delfine ist das Ganze ein unterhaltsames Spiel, das sie in der Regel gerne mitspielen. Nur ganz selten möchte ein Delfin nicht mitmachen – und das hat dann handfeste Gründe: sei es, dass in der Paarungszeit die Hormone mit ihm durchgehen oder dass er krank ist.
Delfin-Psychologie
Zum Training gehört auch etwas „Delfin-Psychologie“: Man muss drauf achten, dass die dominanten Tiere sich nicht zu sehr in den Vordergrund drängen und dass es keine Eifersüchteleien oder Futterneid zwischen den Tieren gibt.
Deshalb findet die Fütterung außerhalb der Trainingseinheiten und der Vorführungen statt und jeder Delfin bekommt seine volle Ration, unabhängig davon, wie viel er an Übungen mitmacht; die Belohnungshappen während des Trainings und den Vorführungen werden aus der Tagesration der Delfine genommen.
Unterschiedliche Futtermengen
Jeder Delfin bekommt hierbei je nach seinen Bedürfnissen eine bestimmte Menge an Futter. Nesthäkchen Nami, die noch gesäugt wird, braucht nur 2,5 Kilo, während ihre Mama Sunny stolze 11 Kilo Fische und Tintenfische täglich verputzt.
Die Meerestiere, die verfüttert werden, stammen aus nachhaltiger Fischerei. Jeder Delfin hat seinen „eigenen“ Eimer, in dem die Fische für ihn kommen, um kontrollieren zu können, wer wie viel frisst.
So bekommen die Delfine genügend Flüssigkeit
Da Delfine Flüssigkeit nur mit der Nahrung aufnehmen und die Fische beim Einfrieren oft Wasser verlieren, hat man früher vor der Fütterung Wasser in die Fische gespritzt.
Eher aus Zufall hat man irgendwann herausgefunden, dass Delfine total auf Eiswürfel stehen. Damit war es natürlich sehr viel einfacher, den Tümmlern zusätzliches Wasser zu geben.
Besonders beliebt ist auch ein „Delfin-Wackelpudding“, den die Tiere insbesondere auch dann bekommen, wenn sie krank sind und keine Fische essen wollen oder können.
Übungen sind mit Handzeichen gekoppelt
Die Delfine in Nürnberg beherrschen etwa 45 verschiedene Übungen, die an Handzeichen gekoppelt sind.
Wenn ein Delfin einmal eine Übung und das zugehörende Handzeichen beherrscht, dann kann sogar ein Laie den Delfin dazu bringen, ein Kunststück vorzuführen, wie wir selbst ausprobieren durften.
So sprang Delfindame „Sunny“ auf Handzeichen aus dem Wasser, um mit der Schnabelspitze die Hand zu berühren, drehte sich im Wasser im Kreis, gab Geräusche von sich oder winkte mit den Brustflossen.
Natürlich gab es nach jeder Übung eine kleine Belohnung in Form eines Fischhappens. Da manche Fische kleine “Widerhaken“ haben, muss man den Delfinen die Fische stets mit dem Kopf voran anbieten, dann können sie diese viel leichter schlucken
Wie eine nasse Gummimatte
Wir hatten vor den Übungen die Hände desinfiziert und so gab es die Gelegenheit, die Delfine auch mal kurz zu berühren und zu streicheln. Sie fühlen sich recht glatt an, in etwa wie eine nasse Gummimatte.
Der jüngste Delfin in Nürnberg ist die fast zweijährige Nami. Ältester Delfin ist Moby, der stolze 56 Jahre alt ist und schon seit 1971 im Delfinarium lebt. Er ist einer der wenigen Wildfänge, die meisten anderen Delfine sind in Delfinarien geboren, Nami ist sogar bereits ein Delfin der zweiten Generation.
Nachtrag: Moby ist leider am 16. September 2018 gestorben.
Nami fordert uns zum Spielen auf
Während wir uns die Infos über die Delfine angehört haben, kam die kleine Nami und wollte mit uns spielen.
Dass wir uns unterhielten und ihr nicht genügend Aufmerksamkeit schenkten, passte ihr nicht so recht – und schon gab’s eine kleine Wasserdusche für uns!
Besonders gerne spielen Delfine mit Bällen. Manche Tiere geben den Ball nur ungern wieder her, wenn sie ihn einmal haben, andere, wie Nami und Anke, werfen den Ball aber immer wieder zu den Menschen zurück, sodass man richtig mit ihnen Ball spielen kann. Gerade Delfindame Anke war erstaunlich treffsicher, während die übermütige Nami den Ball oft weit ins Gelände schleuderte.
Nachtrag: Anke ist leider am 26. April 2020 im Alter von 37 Jahren gestorben.
In Nürnberg wird geforscht
In Nürnberg werden auch verschiedene Forschungen mit den Delfinen durchgeführt. Derzeit wird u.a. untersucht, ob Delfine elektromagnetische Felder wahrnehmen und sich daran orientieren können, was nach bisherigen Erkenntnissen höchstwahrscheinlich der Fall ist. (Siehe hierzu auch Meeresakrobaten-Beitrag Forschung im Nürnberger Tiergarten.)
Delfine bevorzugen eher kleine Becken
Zuletzt waren wir noch im alten „Delfinarium I“. Vorübergehend leben dort zwei männliche Delfine. Die Becken der Delfinarien sind alle miteinander verbunden, nur derzeit ist dieser Bereich abgesperrt, weil sich die beiden Männchen nicht immer so gut mit den anderen vertragen.
Obwohl man annehmen könnte, dass sich die Delfine am liebsten in einem möglichst großen Becken aufhalten, bevorzugen sie – wenn sie es sich aussuchen können – aber meist doch nicht den großen „Blauen Salon“, sondern das recht kleine Becken des alten Delfinariums aus den 70er Jahren.
Insgesamt war’s ein sehr interessanter und lehrreicher Nachmittag, den man jedem Delfinfreund ans Herz legen kann. Es ist toll, so viel über die Tiere zu lernen und mit ihnen zu spielen.
Welche zwei Delfine waren abgetrennt ?