Es ist schon schwierig genug, ertragen zu müssen, dass im Nordatlantik Delfine und andere Kleinwale durch die Jagd zu Tode kommen.
So mussten allein im Juni 2017 auf den Färöer Inseln über 350 Grindwale und 60 Weißseitendelfine ihr Leben lassen. Sie wurden von den Inselbewohnern in Buchten getrieben und anschließend geschlachtet.
Doch auch weiter südlich lauert der Tod. So schreibt die Wal- und Delfinschutzorganisation WDC/München, dass Anfang 2017 eine noch nie da gewesene Zahl von Delfinen durch Beifang an der französischen, britischen und irischen Atlantikküste, also in EU-Gewässern, gestorben ist.
Viele Tausend Beifang-Opfer
Zitat aus einem Artikel auf der WDC-Website: „Der Bericht identifiziert 700 bis 800 Delfine, die zwischen Januar und März 2017 an der französischen Atlantikküste gestrandet sind; zeitgleich wurden Hunderte an der britischen und irischen Küste angespült. Delfine, die in Fischernetzen erstickt sind, fallen aus dem Netz, wenn dieses an Bord eines Schiffes gehievt wird oder sie werden über Bord geworfen. Ein Teil dieser toten Delfine wird an Küsten angespült, wo die Verletzungen an ihrem Körper auf den Tod im Fischernetz schließen lassen.“ … „Bereits seit den 1990er-Jahren werden allein in der Region rund um den Golf von Biskaya und den westlichen Ärmelkanal jährlich 3.650 bis 4.700 Delfine Opfer von Beifang.“
(Quelle und weitere Informationen zu diesem Thema unter whales.org/news)
Nur ein Bruchteil der verendeten Tiere wird entdeckt
Wie ich erst neulich bei einem Vortrag von Dr. Lorenzo von Fersen – Vorsitzender der Artenschutzorganisation YAQU PACHA – erfahren habe, wird nur ein Bruchteil (nämlich ca. 20 Prozent) der in Netzen verendeten Delfine angespült. Die meisten Tiere versinken im Meer und fallen somit aus der Statistik. In Wirklichkeit handelt es sich also um viele Tausend Delfine, die Jahr für Jahr im Atlantik umkommen.
Ich hoffe nur, die Dunkelziffer ist nicht ganz so hoch, wie angenommen: Über 4000 tote Delfine pro Jahr durch die Fischerei wäre wohl deutlich mehr, als durch Geburten ausgeglichen werden kann.
Allerdings scheint der WDC bei den angespülten Delfinen nicht zwischen den Todesursachen zu differenzieren. Gerade im Winterhalbjahr ist auch die Zahl der natürlichen Todesfälle (Alter, Krankheit) besonders hoch – und ob gerade mal wieder eine Morbillivirus-Seuche grassiert, wird auch nicht erwähnt. Letztere bricht wohl (seit Urzeiten) recht regelmäßig alle 20 – 25 Jahre aus, und rafft einen erheblichen Teil der Delfin- und Robben-Bestände dahin. Da die Überlebenden dann erstmal immun sind, ist dann wieder für etwa eine Generation Ruhe, danach wiederholt sich das grausame Spiel.
Natürlich ist jeder Beifang einer zu viel, aber eine genaue Betrachtung ist in jedem Fall angebracht. Es liegt nunmal in der Natur der Sache, dass bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 25 Jahren jedes Jahr ca. 4% des Gesamtbestandes eines mehr oder weniger natürlichen Todes stirbt. Von daher sagen die Zahlen erst einmal recht wenig, solange nicht nach eindeutigen Ursachen (Verletzungen durch Netze etc.) differenziert wird.
Dass man diese Mechanismen inzwischen kennt und einschätzen kann, ist übrigens ganz wesentlich den Forschungen in und im Umfeld der Delfinarien zu verdanken.
Vielen Dank für deinen Beitrag, Norbert.
Ich glaube, die WDC hat schon zwischen den Todesursachen differenziert. Zitat: „Ein Teil dieser toten Delfine wird an Küsten angespült, wo die Verletzungen an ihrem Körper auf den Tod im Fischernetz schließen lassen.“ Es handelt sich also tatsächlich um Beifang-Opfer.
„Ein Teil dieser toten Delfine …“ ist das Zitat. D.h. es wird offensichtlich eben *nicht* zwischen natürlichen und menschenverusachten Todesursachen unterschieden!
Eine korrekte Aussage wäre dann gewesen: „Davon wiesen xx% der angespülten Tiere Verletzungen auf, die auf den Tod im Fischernetz schließen lässt“.
Mit einer solchen Prozentangabe hätte man was anfangen können – die Angabe „ein Teil“ sagt erstmal gar nichts und dient offensichtlich mehr der Stimmungsmache, als sachlicher Information.
Danke für deine Erwiderung, Norbert.
Es steht nicht da, dass ein Teil der Delfine Netzmarken aufweist, sondern dass ein Teil der ins Meer geworfenen toten Delfine an den Küsten angespült wird. Der weitaus größere Teil sinkt auf den Meeresboden und wird nie entdeckt. „Ein Teil dieser toten Delfine“ bezieht sich also ausschließlich auf die Tiere, die an Land entdeckt werden und nicht auf die Verletzungen. So verstehe ich jedenfalls den Beitrag.
Tragisch! Un leisten kann es sich die Menschheit schon lange nicht mehr….
Angesichts dieser Zahlen kann ich nicht verstehen, dass manche „Tierschützer“ meinen, sich für die „Handvoll“ Delfine, die in deutschen Delfinarien ein – aus meiner Sicht – super Leben haben, einsetzen zu müssen.
Wollen sie damit ihr Gewissen rein waschen, weil sie in den Weltmeeren eh nichts erreichen können?
Jedenfalls sind die ganzen Aktionen vor deutschen Delfinarien –
für mich – purer Aktionismus, der keinem Delfin oder Wal in den Weltmeeren hilft.