Bei höheren Tieren und vor allem Säugetieren mit ihrer auf innerer Befruchtung und langer Jungtieraufzucht ausgelegten Fortpflanzungsstrategie haben sich dabei höchst komplexe Verhaltensweisen und Sozialstrukturen entwickelt, die in gewisser Weise zum wichtigsten Lebensinhalt geworden sind. Auch auf Delfine trifft dies zu.
Tierrechtler fordern Tierquälerei
Den Tieren das zu verwehren, bedeutet unnötiges Leid zu verursachen. Man muss sich das einmal genau vor Augen führen: Es geht hier nicht nur allein um die schadhafte dauerhafte Anwendung von Verhütungsmitteln (schon deren begrenzte Anwendung wird merkwürdigerweise von allen Tierrechtlern bereits als Tierquälerei verdammt, doch bei den von ihnen selbst geforderten Zuchtstopps spielt das dann keine Rolle mehr) oder um die permanente Trennung der Geschlechter (was dem Verlust des letzten Restes von Selbstbestimmung gleichkommt), sondern auch darum, dass nun Hunderte einzigartige Individuen dazu verdammt sind, ein Leben in absoluter Einsamkeit und Bedeutungslosigkeit zu führen und irgendwann durch den eigenen Tod im Nichts zu verschwinden.
Obwohl die Tierrechtler Delfine als Persönlichkeiten betrachten, verwehren sie ihnen hier auf grausame Weise das Recht auf Fortbestehen durch Weitergabe ihrer einzigartigen Gene und Aufzucht von neuen, von ihnen selbst geschaffenen Individuen.
Es ist leider schwer, den Tierrechtsextremisten das klarzumachen. In dieser Menschengruppe, in der es als „guter Ton“ gilt, andere Meinungen grundsätzlich zu verachten und ins Lächerliche zu ziehen, kann man auf Argumente nur wenig Hoffnung setzen.
Sie können einfach nicht verstehen, warum eine langfristige Trennung der Geschlechter oder der dauerhafte Einsatz von Verhütungsmitteln schädlich für die Tiere ist, schließlich nutzen Delfinarien diese Methoden ja auch. Dass diese dann aber nur im Rahmen eines verantwortungsbewussten Populationsmanagements zeitlich begrenzt genutzt werden, verstehen sie nicht und wollen dies auch gar nicht, da per se ja sowieso alles, was Delfinarien machen, schlecht ist.
Komplizierte Argumentation
Wer jetzt denkt, meine Argumentation ist doch hier ziemlich verdreht: Ja ist sie! Sie reflektiert eben das total verdrehte Denken der Tierrechtsaktivisten.
Wenn Delfinarien Verhütung einsetzen, müssen die Tierrechtler das als Tierquälerei darstellen. Wenn sie aber selbst in ihren Planungen für betreute Meeresbuchten die Zucht stoppen müssen oder einen Zuchtstopp für Delfinarien politisch erzwingen wollen, es also ihrer Agenda dient, dann ist es auf einmal völlig in Ordnung, die Tiere damit zu quälen.
Das Existenzrecht von Zootieren muss anerkannt werden
Die Delfinarien aber (genauso wie übrigens die Zoos auch bei anderen Tierarten) sind diejenigen, die das Existenzrecht dieser künstlich geschaffenen Population anerkennen und damit auch verantwortungsbewusst umgehen. Um das leisten zu können, ist Geld nötig und damit auch eine kommerzielle Nutzung der Tiere.
Man kann gegen eine kommerzielle Nutzung der Tiere sein. Das akzeptiere ich und ich denke auch jeder Delfintrainer und jeder Manager eines Delfinariums akzeptiert diese Meinung ohne Weiteres. Aber gegen den verantwortungsvollen Umgang mit dem Existenzrecht dieser Population zu sein, nur um eine Agenda gegen die Delfinhaltung durchzusetzen, bedeutet Verachtung der Tiere und ihrer naturgegebenen Rechte.
Auf der nächsten Seite bemängelt Benjamin die fehlenden Konzepte für eine Zuchtstopp-Forderung.
Gibt es eigentlich noch eine realistische Chance, dass das Zuchtverbot in Frankreich in abesehbarer Zeit gelockert oder aufgehoben wird?
Eine gute Frage, da die Ministerin, die das zustande gebracht hat, kurz danach mit dem Regierungswechsel weg vom Fenster war. Fast könnte man meinen, die wollte kurz vor dem politischen Abtritt sich noch mal ein ökologisch-korrektes Denkmal setzen. Und hat sich was medienwirksam-simples gesucht – anstatt z.B. den Atomaustieg einzuläuten.
Eine Statistische Befragung hat gezeigt, dass (begeistere) Definarienbesucher und Unterstützer von Tierrechtsgruppen bis zu 80% identisch sind. Würde auf einem EAAM-Symposium präsentiert und hat erstmal ganz schön für Verwirrung gesorgt. Das erprobte Schwarz-Weiß-Muster war total im Eimer.
Das ist eine interessante Erhebung, Norbert. Aber irgendwie ist das Ergebnis auch nachvollziehbar. Es geht um Menschen, die sich (in Zoos/Delfinarien) mit Tieren befassen, sie beobachten, Freude an ihnen haben und sie demzufolge auch schützen wollen.
Diese Erkenntnis hat inzwischen zu einem deutlich anderen Umgang mit dem Publikum und dem Umfeld der Kampagnen-Organisationen (sog. „Tierschützer“) geführt. Die Ansprache ist heute (3 Jahre nach der Umfrage) eine spürbar andere.
Ich finde, gerade gut geführte Zoos tragen heute wesentlich zum Schutz der Tierwelt bei, man denke nur an die nicht unerhebliche Zahl an Arten, die es heute kaum noch im Freiland gibt und die nur in Tierparks und anderen Einrichtungen noch nachhaltig gezüchtet werden können. Moderne Zoos in Mitteleuropa haben glücklicherweise nichts mehr mit der Käfighaltung der 50er Jahre gemein; aber einige radikale Organisationen haben wohl immer noch dieses veraltete Bild des Zwingers im Kopf. Echte Tierschützer versuchen, im Dialog mit den Zoos die Haltungsbedingungen weiter zu verbessern und wissen, dass das Aussetzen der Tiere in der „Freiheit“, die in 3. oder 4. Generation in Zoos leben und an das Leben mit den vertrauten Pflegern gewohnt sind, lediglich deren sicheren Tod bedeuten würde.
Ob eine Auswilderung möglich ist, hängt wohl sehr stark von der Tierart ab. Bei Steinböcken, Pferden und diversen Vogelarten hat das jedenfalls sehr gut funktioniert – in einem freien Gebiet ohne angestammte Population (also Neubesiedlung eines verwaisten Habitats, wie in den ICUNN – Richtlinien vorgesehen). Ob das bei Delfinen auch möglich wäre, ist sehr schwer zu sagen. Die Viecher sind extrem anhänglich, wenn sie mal in menschlicher Obhut waren.
Bei einer zumindest latenten Bedrohung einer Tierart deren Zucht zu verbieten (wie in Frankreich) halte ich aber in jedem Fall für ein völliges Unding. Nicht nur aus der Sicht des Tierwohls, sondern auch, weil man damit für eine weitere Tierart die Garantie des Überlebens aufgibt. Der drohende Kollaps der Ozeane 2048 (und damit das weitgehende Aussterben der Meeressäuger) ist noch lange nicht abgewendet.
Der Unterschied von Schimpanse zum Menschen liegt bei etwa 1,2%. Also finde ich 80% Gemeinsamkeiten nicht sehr aussagekräftig. Denn die 20% die hier angeblich nur unterschiedlich sein sollen, ziehen die Grenze zwischen fürsorglichem Tierschutz und wahnhaftem Missionierungszwang für Tierrechtsideologien.
Eine interessante Betrachtungsweise – so hab ich das noch gar nicht gesehen. Was die Tiere fühlen, darüber können wir nur spekulieren. Ich kann die Argumentation jedoch nachvollziehen, wenn ich es auch ziemlich übertrieben finde, einen Zuchtstopp mit den Massenschlachtungen von Taiji zu vergleichen.
Die Abgrenzung zwischen „Delfinarienbefürwortern“ und „Delfinariengegnern“ ist mir persönlich zu sehr schwarz-weiß-Malerei. Ich denke, die meisten von uns sehen dies differenzierter, frei nach dem Motto: „Zeige mir, wie Du Delfine hältst und ich sage Dir, ob ich diese Art der Delfinhaltung befürworte.“ Für mich ist solch ein Beurteilungskriterium, an dem ich Delfinarien messe, die Einhaltung von Standards zur Haltung der Tiere, wie sie z.B. vom Weltzooverband und der EAAM vorgegeben werden.
Was ist eigentlich „kommerzielle“ Nutzung?
Ich stelle diese Frage, weil der Blog „kommerzielle Nutzung“ von Delfinen ablehnt, ohne hier Grenzen zu ziehen:
Ist es bereits verwerflich, wenn die notwendigen Beschäftigungsprogramme („Präsentationen“) einem zahlenden Publikum zugänglich gemacht werden? Ist es wirklich ein Problem, wenn man (wie früher in Conny-Land) unter streng kontrollierten Bedingungen Delfinschwimmen anbietet? Ich hatte in Lipperswil (anders als in Dubai) immer das Gefühl, dass es für die Tiere immer ein positiver Höhepunkt war, mit Touristen zu spielen. Klar war das durch und durch kommerziell (250 Euro für 45 Minuten) – aber was genau ist daran zu bemängeln? Dass die Touristen zahlen mussten hat die Delfine nun wirklich nicht interessiert und letztlich sind die Einnahmen (auch) der Betreuung der Tiere zugute gekommen.
Wenn man ehrlich ist: Ohne zahlendes Publikum ist es realistisch nicht möglich, die (laufenden) Kosten für ein Delfinarium zu stemmen. Ein oder zwei reine Forschungseinrichtungen weltweit reichen nicht aus, und für mehr ist (wie so oft) sowieso kein Geld da.
Wo also Grenzen ziehen? Und bitte nicht auf die Argumentationen von „Tierrechtlern“ hereinfallen.
Da stimme ich Dir zu, Norbert. Der Ausdruck „Kommerzielle Nutzung“ ist vielleicht etwas mißverständlich, suggeriert „kommerziell“ doch irgendwie, dass sich mit Delfinen richtig Kohle scheffeln lässt und klingt irgendwie nach Ausbeutung der Tiere („… die armen Tiere müssen das Geld für Ihre Haltung auch noch selbst verdienen und dafür Zirkustricks aufführen!“) – natürlich ist Geld das Letzte, was die Delfine selbst interessiert, sie machen aus Spieltrieb an den Vorführungen mit
Mir fällt spontan aber auch kein anderer / besserer Begriff für „kommerzielle Nutzung“ ein. Ich verstehe Benjamins Satz so: „Um das leisten zu können, ist Geld nötig und um diese Kosten zumindest halbwegs decken zu können. Deshalb ist es legitim, wenn Delfinarien Eintritt verlangen und für interessierte Besucher zusätzliche kostenpflichtige Aktionen wie z.B. einen Blick hinter die Kulissen oder eine Begegnung mit Delfinen anbieten“.
Bitte lies noch einmal aufmerksam, ich habe den Begriff der „kommerziellen Nutzung“ von Delfinen hier nur als Zitat gebraucht, habe sie keineswegs abgelehnt da mir durchaus bewusst ist, dass die Pflege der Tiere Geld kostet und das nicht auf Bäumen wächst.