Anlässlich des 20. Jahrestages des MSC-Siegels zeigt Paul Urban Blaha auf, wie es um den weltweiten Fischbestand bestellt ist.
Zertifikat für nachhaltiges Fischen
1997 wurde das MSC-Siegel ins Leben gerufen. MSC steht für Marine Stewardship Council. Dabei handelt es sich um ein Nachhaltigkeitszertifikat für wild lebenden Meeresfisch. Damit ausgezeichnet werden die Betriebe, die dafür sorgen, dass das ökologische Gleichgewicht geschützt wird.
Gegründet wurde das MSC-Siegel von der Umweltschutzorganisation WWF (World Wide Fund for Nature) und dem Unilever-Konzern.
Wie Blaha in seinem Artikel 20 Jahre MSC-Siegel für Nachhaltigkeit im Fischfang schreibt, wacht der MSC seit 1997 über eine freiwillige Selbstverpflichtung von Fischereien zu nachhaltigem Fischfang.
Starke Überfischung
In Blahas Artikel kann man außerdem erfahren, dass derzeit 39 Prozent der Meeresgebiete als überfischt gelten. Das bedeutet, dass mehr Fische gefangen werden, als auf natürliche Weise nachkommen können.
Aber auch bei den anderen Regionen sieht es nicht rosig aus. So sind weitere 50 Prozent maximal befischt. Blaha: „Hier deckt die Menge des entnommenen Fisches gerade einmal den Bedarf, ohne ökologische Schäden zu verursachen.“
Keine Verbesserung, aber auch keine Verschlechterung
Auch wenn sich die Situation der Meere im Verlauf von 30 Jahren nicht grundlegend verbessert hat, so gibt es zumindest auch keine Verschlechterung. Der Meinung ist Christoph Zimmermann, Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock.
In manchen Regionen hat sich der Fischbestand offenbar erholt, in anderen dagegen hat die Ausbeutung zugenommen.
Es sei gar nicht so einfach, die Balance zu halten zwischen den Interessen der Umweltverbände und denen des Handels und der Fischerei, weiß Zimmermann aus seiner langjährigen Tätigkeit beim MSC.
Weniger tote Albatrosse
Als Beispiel für eine Verbesserung nennt Zimmermann die Seevogelbeifänge in der Langleinenfischerei auf südafrikanischen Seehecht. Waren es vor Jahrzehnten noch Tausende Albatrosse, die ums Leben gekommen sind, sind es nach der Zertifizierung durch das MSC heute wenige Hundert.
Delfine sterben beim Thunfischfang
Beim Thunfischfang liegt jedoch noch einiges im Argen, kritisiert die Delfinschutzorganisation GRD/München. So sei in Mexiko eine Fischerei als nachhaltig zertifiziert worden, bei der ganz gezielt Delfine, die im Verband mit Thunfischen schwimmen, gejagt und eingekesselt würden. Die Delfine würden nach der Gefangennahme zwar wieder freigelassen, es ist aber unbekannt, wie viele der Tiere die grausame Prozedur nicht überleben.
Einen „Gold-Standard“ gibt es nicht
Zimmermann strebt an, dass immer mehr Fischereien immer mehr Nachhaltigkeitsstandards einhalten und vom MSC zertifiziert werden.
Einen „Gold-Standard“ gibt es leider nicht, weiß Zimmermann, aber es wäre schon viel gewonnen, wenn zu den zwölf Prozent der weltweit zertifizierten Fischereien bis in ein paar Jahren noch acht Prozent weitere dazukommen würden.
(Quelle: help.orf.at)
Solange es die EU nicht hinbekommt, auch nur ein Aalfangverbot durchzusetzen (bei 95% Bestandsrückgang!!), sind die Siegel leider alles, was wir haben. Soweit, so traurig.
Richtig fies wird’s dann allerdings, wenn manche Firmen einfach ihre eigenen Siegel erfinden, um darüber hinwegzutäuschen, dass an ihrem Produkt einfach gar nichts umweltgerecht ist.
Angesichts dieser Situation kann ich allmählich gar nicht mehr verstehen, wenn sich dann die (halbwegs) seriösen Organisationen auch noch gegenseitig bekämpfen.
Am Ende geht es leider zu oft einfach nur ums Geld. Da dürfen die Erfolge der „Konkurrenz“ einfach nichts zählen – könnte ja die eigenen Einnahmen schmälern.
Ich habe manchmal ein wenig den Eindruck, dass es teilweise auch zwischen den einzelnen Tierschutz-Organisationen immer ein wenig die Tendenz gibt, das Siegel des anderen zu kritisieren. Die GRD hält die Kriterien des MSC-Siegels des WWF nicht für nicht streng genug, ginge es nach Greenpeace-Fisch-Einkaufsführer, dann dürfte man außer Karpfen fast gar keinen Fisch mehr essen.
Ich möchte deshalb einfach mal die positiven Seiten der Auswirkungen herausstellen, da ich doch eher ein Optimist bin:
Immerhin hat – wie erwähnt – das MSC-Siegel dazu geführt, dass der Beifang an Albatrossen um 99% zurück gegangen ist. Aber es gibt noch andere Erfolge:
https://www.msc.org/publikationen/studien-und-fortschrittsberichte/fortschrittsbericht-2015-zusammenfassung
Durch das SAFE-Projekt der GRD hingegen werden rund 80.000 bis 100.000 Delfine pro Jahr vor dem Beifangtod gerettet – diese Zahl muss man sich mal vorstellen!
https://www.delphinschutz.org/projekte/safe-delfinsicherer-thunfisch/nachrichten-uebersicht/829-safe-25-jahre-delfinsicherer-thunfisch
Das sind doch tolle Erfolge, für die ich den Initiatoren der Zertifizierungen danken möchte, egal ob es nun MSC, SAFE oder Friend of the Sea ist. Letztlich sollten doch alle an einem Strang ziehen, um unsere Ozeane immer besser zu schützen und noch mehr Partner für eine nachhaltige Fischerei zu gewinnen. Ich halte da dieses ständige gegenseitige „Kritisieren, wer denn das bessere Gütesiegel hat“ eher kontraproduktiv, denn das verwirrt und verunsichert letztlich die Verbraucher, wenn der Ruf der Siegel insgesamt in Frage gestellt wird. Bei aller, sicherlich berechtigter Kritik einzelner Zertifizierungen – beim Verbraucher bleibt letztlich die Info hängen: „Die ganzen Siegel taugen sowieso nix sondern kosten nur Geld, dann kann ich ja gleich auch den Fisch ohne Siegel kaufen.“
Und das wäre fatal…
Vielen Dank für deinen Kommentar, Oliver. Dass es keinen „Gold-Standard“ gibt, bei dem alle Probleme (am besten auf einmal) gelöst werden, hat Zimmermann ja auch gesagt. Nachhaltiger Fortschritt kommt eben nun mal nur in kleinen Schritten voran.