Gastbeitrag von Oliver Schmid und Benjamin Schulz, 11. Februar 2018
Die MEERESAKROBATEN freuen sich, dass die beiden Biologen Oliver Schmid und Benjamin Schulz nun bereits zum dritten Mal in einem Interview interessanten Fragen zum Thema Delfine nachgehen.
Liebe Meeresakrobaten-Freunde,
ich habe in den vergangenen Monaten wieder Fragen rund um Delfine gesammelt und Benjamin hat mir wieder bereitwillig Auskunft gegeben.
Wir können euch deshalb heute den dritten Teil unseres „Interviews mit einem Delfin-Experten“ präsentieren und ich denke, er wird für euch ebenso lehrreich sein wie für mich.
Die Haut des Delfins
Oliver:
Zu Beginn eine Frage, die ich mir schon oft gestellt habe. Es heißt, Delfine erneuern ihre Haut alle zwei Stunden. Aber wie muss man sich das vorstellen? Lösen sich da laufend einzelne Hautzellen ab oder blättert die Haut in kleinen oder größeren Fetzen ab? Wie „häutet“ sich ein Delfin?
Benjamin:
Die Haut von Delfinen erneuert sich tatsächlich ständig, allerdings kann man das nicht sehen, denn es werden quasi laufend Zellen der oberen Hautschicht abgestoßen und ersetzt. Man sieht aber keine großen Hautfetzen oder Flecken, die sich plötzlich ablösen.
Die Augen des Delfins
Oliver:
Bei Delfinen sitzen die Augen seitlich am Kopf. Das finde ich etwas ungewöhnlich für ein Raubtier.
Normalerweise sitzen bei Tierarten, die andere Tiere jagen, die Augen zumeist vorne am Kopf, damit die Beute dreidimensional gesehen und besser angepeilt werden kann. Seitlich am Kopf sitzen die Augen eher bei Tieren, die ein großes Gesichtsfeld überblicken müssen, um ihre Feinde möglichst früh zu entdecken.
Delfine sollten die Augen also eher vorne am Kopf sitzen haben. Warum ist das nicht so?
Meine Vermutung ist, dass sich die Delfine die seitliche Stellung der Augen zur Überwachung des Meeres deshalb leisten können, weil sie nicht so sehr optisch, sondern eher mit ihrem Sonar jagen.
Benjamin:
Diese Frage gefällt mir besonders gut.
Natürlich kann ich nicht genau sagen, was sich die Natur bei der Platzierung der Augen von Delfinen „gedacht“ hat, doch denke ich, dass deine Vermutung schon ins Schwarze trifft. Als Raubtiere benutzen die Delfine eher ihr Sonar, um Beute zu finden, gleichzeitig müssen sie sich rundum visuell absichern gegen Feinde. Also hatten die Augen die evolutionäre Freiheit, sich an die Seite des Kopfes zu begeben.
Oliver:
Bleiben wir bei den Augen. Ich habe gelesen, dass diese bei Delfinen durch eine „gallertartige Tränenflüssigkeit“ vor dem aggressiven Salzwasser geschützt werden. Aber trübt solch eine „dicke Schutzschicht“ nicht den Blick?
Benjamin:
Die Schutzschicht über den Augen ist nicht dick, sondern hauchdünn. Das sieht man sehr gut, wenn die Tiere mal an Land sind und die Augen etwas trocknen. Ich glaube nicht, dass diese dünne Schicht das Sehen beeinträchtigt.
Ist Blitzlicht schädlich für die Augen der Delfine?
Oliver:
In diesem Zusammenhang eine Frage, die vor allem für Hobbyfotografen im Zoo interessant sein dürfte: In vielen Zoos ist es verboten, mit Blitzlicht zu fotografieren. Als Gründe hierfür wird aufgeführt, dass das helle Licht den Augen der Tiere schaden und/oder dass das Blitzlicht die Tiere erschrecken würde.
Das mit der Schädigung der Augen kann ich insbesondere bei nachtaktiven Tieren nachvollziehen, deren Augen ja an schlechte Lichtverhältnisse angepasst sind. Zudem wären die Tiere ja bei einem entsprechenden Besucherandrang einem ständigen Blitzlichtgewitter ausgesetzt.
Was das Erschrecken der Tiere angeht, so habe ich aber mal in einem Fotografieforum gelesen, dass die meisten Tierarten einen kurzen Blitz gar nicht wahrnehmen könnten. Als Ausnahmen wurden einige Vogelarten und vor allem Katzen (inklusive aller verwandten Arten) genannt. Die Augen der meisten anderen Tiere seien zu „träge“, um einen Fotoblitz wahrzunehmen und die Tiere würden deshalb auch nicht erschrecken.
Abgesehen davon, dass die meisten modernen Kameras mittlerweile so gut sind, dass man auch ohne Blitz tolle Fotos hinbekommen kann und ich als Tierfreund sowieso auf Blitzlicht im Zoo verzichte, würde mich interessieren, was an dieser Aussage dran ist und insbesondere wie es bei den Großen Tümmlern aussieht.
Können Delfine kurze Lichtblitze wahrnehmen und wenn ja – wie reagieren sie darauf?
Benjamin:
Ich habe auch noch nie Delfine mit Blitzlicht fotografiert und kann mir vorstellen, dass sie äußerst sensibel darauf reagieren.
Delfine haben oft Probleme direkt ins Sonnenlicht oder in Spiegelungen zu blicken. Also könnte Blitzlicht auch sehr störend sein.
Auf der nächsten Seite geht es um das Zeitgefühl und den Sex der Delfine.
Vielen Dank für deine Ergänzungen, Norbert!
Was die Augenstellung angeht: Delfine haben da einen recht guten Kompromiss gefunden: Sie haben sowohl einen recht großen Bereich, in dem sie Stereo-Sehen können und trotzdem einen fast 360° Beobachtungsbereich.
Darin gleichen sie den meisten Raubvögeln (und Raubfischen!). Bei den Vögeln haben lediglich Eulen eine Augenstellung, die mit Primaten und bodenlebenden Raubtieren vergleichbar ist.
Offensichtlich ist die seitliche Anordnung mit einem begrenzten 3D-Bereich optomal, wenn man sich frei im dreidimensionalen Raum bewegt.
Vielleicht noch zur Ergänzung: Die menschliche Sicht (ca. 160° nach vorne) ist unter Wasser ziemlich unpraktisch und sicher nicht gut für dauerhaftes Überleben.
Das merkt man spätestens beim Gerätetauchen: Ständig ist der Buddy weg, Irgendwas rumpelt gegen den Rücken, und beim Auftauchen hat man jede erdenkliche Chance mit dem Kopf gegen den Bootsrumpf (oder einen anderen Taucher) zu knallen.
Dafür erfährt man nachher, das einem die ganze Zeit eine Schildkröte/Delfin (oder sonstwas spektakuläres) gefolgt ist, und man hat absolut nix davon mitbekommen.
Nein, Menschen sind dafür gebaut, sich auf dem Boden oder in Bäumen zu bewegen :-)
Ja, manchmal wär’s schon praktisch, wenn man auch „hinten“ Augen hätte… ;-)
Naja, aber auch auf dem Boden, d.h. als Fußgänger im Straßenverkehr kriegt man da schon Probleme – und ich bin jeden Tag mindestens 4 Kilometer im Stadtverkehr zu Fuß unterwegs. Rundumsicht wäre da oft sehr hilfreich. So hab ich darauf umgestellt, mich midestens zu 50% auch mit dem Gehör zu orientieren.