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Wie schnell schwimmen Delfine?


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Gastbeitrag von Philipp J. Kroiß, 7. Juli 2018, vorab erschienen in ZoosMedia

Große Tümmler/Sansibar (Foto: Rüdiger Hengl)

Dass Delfine nur selten in Ausnahmesituationen und für kurze Zeit schnell schwimmen, liegt an einem physikalischen Phänomen, das die Forscher des Technion-Israel Institute of Technology im israelischen Haifa nachweisen konnten. Das gleiche Phänomen macht nämlich auch der Schifffahrt zu schaffen.

Wie Nadelstiche

Bei schneller Fortbewegung durchs Wasser im Bereich der jeweiligen Höchstgeschwindigkeiten der unterschiedlichen Delfine entstehen Unterdruckzonen, in denen sich kleine Dampfblasen bilden. Diese setzen beim Zerplatzen Kräfte frei, denen sogar das Metall von Schiffsschrauben auf Dauer nicht standhält.

Das Gleiche passiert auch bei Delfinen und für sie sind die platzenden Dampfblasen wohl wie Nadelstiche in die Haut, weil sie sich genau in den Regionen bilden, wo sich auch die Nervenenden der Tiere befinden.

Fische schwimmen deutlich schneller

Tiere, bei denen die Positionierung der Nervenenden anders ist, können auch deutlich schneller schwimmen als Delfine, wie etwa der Thunfisch oder der Blaue Marlin.

Delfine könnten, so errechneten die Wissenschaftler, theoretisch noch schneller schwimmen, als sie es tun, aber die sogenannte Kavitation hält sie davon ab.

Bei den Delfinen haben wir also eine Situation, dass sie ihre Spitzengeschwindigkeiten aufgrund ihrer Biologie nur kurz in Ausnahmesituationen erreichen. Das ist sehr wichtig, um die Zahlen richtig interpretieren zu können.

Große Tümmler (Foto: Rüdiger Hengl)

Messungen sind schwierig durchzuführen

Das Problem bei der Ermittlung dieser Geschwindigkeiten, ist die Messung. Die meisten Geschwindigkeitsdaten, die man aktuell hat, stammen aus Messungen vom Boot aus.

Das Problem: Die Delfine werden mehr oder weniger gejagt, die Messungen sind eventuell wegen der Messunschärfe des Tachos ungenau und man hat nicht wirklich eine verlässliche Geschwindigkeitsangabe für das normale Leben der Delfine.

Das U.S. Navy Marine Mammal Program in San Diego (Kalifornien) ist wissenschaftlicher vorgegangen und man sammelte Werte von trainierten Tieren, die im Meer untersucht wurden, und auch wilden Tieren, die im Meer lebten.

Eine solche Studie war bisher nur für den Großen Tümmler möglich, aber sie lieferte seriöse Zahlen.

6 bis 29 Kilometer pro Stunde

Die Maximalgeschwindigkeit der Großen Tümmler beträgt 29 Kilometer pro Stunde, allerdings brachte die Studie auch zutage, dass die Tiere im Durchschnitt – also außerhalb einer Situation, die so eine Geschwindigkeit unbedingt erfordert – 6 Kilometer pro Stunde zurücklegen.

Für andere Delfinarten fehlen vergleichbare Studien bislang, weil es ein derartiges Programm mit anderen Delfinarten nicht gibt. Da kann man sich nur auf die zweifelhaften Ergebnisse der Boote verlassen, allerdings ist ja hinlänglich bekannt, dass gerade solche Boote die Delfine unter Stress setzen und deshalb sind die Ergebnisse kaum verwertbar.

Orcas (Foto: Rüdiger Hengl)

Um dem Ganzen aber trotzdem einen groben Richtwert zu geben, nimmt man zum Beispiel für Orcas eine maximale Sprintgeschwindigkeit von 48 Kilometer pro Stunde an.

Haben Delfine genügend Platz?

Nun könnten ja manche davon ausgehen, dass durch den vorhandenen Platz die Fähigkeit zum Schnellschwimmen bei Delfinariumsdelfinen verloren ginge.

Auch damit hat man sich schon wissenschaftlich beschäftigt. Rohr et al. (1998) konnten nachweisen, dass in 2.000 Messungen keine Daten entstanden, die nahegelegt hätten, dass die Tiere in Menschenobhut quasi verlernen könnten, schnell zu schwimmen – Delfinariumsdelfine können genauso gut schnell schwimmen wie ihre wilden Artgenossen.

Auf der nächsten Seite erfahrt ihr, wie hoch die natürliche Fortbewegungsgeschwindigkeit der Delfine ist.

3 Kommentare

  1. Oliver,
    ich kann mich irren, aber ich schätze, dass sie in der Ruhephase auch zwischen 3 und 5 km/h pro Stunde schwimmen. Das wären dann 72 bis 120 km am Tag.

    geschrieben von Rüdiger Hengl
    1. Zumindest in den Delfinarien schwimmen die Delfine in der Ruhephase fast gar nicht – Moby (in Nürnberg) beispielsweise legt sich gerne im flachsten Becken (unter 1 m Wassertiefe) auf Grund und taucht nur zum Atmen kurz auf; was die anderen machen weiß ich nicht. Da der weltweit älterste bekannte Delfinbulle das mitunter auch tagsüber macht, hing (oder hängt noch?) ein Schild am Becken, das dieses Verhalten erklärt – offenbar hatten immer wieder Besucher die Pfleger alamiert.
      In tieferem Wasser müssen Delfine immer etwas in Bewegung bleiben, damit sie nicht auf Grund sinken. Sie haben (als Säugetiere) keine Schwimmblase und sinken wohl langsam ab, wenn sie bewegungslos bleiben.

      geschrieben von Norbert
  2. Interessant wäre mal zu messen, welche Strecken die Tümmler in einem Delfinarium so am Tag zurücklegen, wenn sie den ganzen Tag ihre Bahnen ziehen. Da kommen sicher auch einige Kilometer zusammen.

    geschrieben von Oliver

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