Heike Vesper vom WWF macht sich Gedanken über den Plastikwahn im Meer.
Ich möchte hier gerne Heikes Überlegungen wiedergeben, die sie anlässlich des in Indonesien gefunden Walkadavers auf der Website vom WWF veröffentlicht hat.
1.000 Plastikteile in einem Wal
In Indonesien wurde ein Wal mit 1.000 Plastikteilen im Magen, die fast sechs Kilogramm wogen, angespült. Die Todesursache des Pottwals ist noch nicht ganz klar. Unter den Plastikteilen befanden sich 115 Plastikbecher, 25 Plastiktüten, ein Nylonsack und zwei Flip-Flops.
Nicht nur der Wal leidet unter Plastikmüll!
Hunderte von am und im Meer lebenden Arten sind direkt von Plastikmüll betroffen. Meeresschildkröten verwechseln Plastiktüten mit Quallen, von denen sie sich sonst ernähren, und gehen daran zugrunde.
Heike Vesper mahnt, dass 2050 vermutlich bei nahezu allen Meeresvögeln Plastikteile im Magen zu finden sein werden. Herumtreibender Plastikmüll beschädigt Korallenstöcke und verfrachtet zudem noch für die Korallen schädliche Erreger in das Riff. Dazu kommt, dass sich jedes Jahr zwischen 57.000 und 135.000 Wale, Robben und Seehunde in verlorenen und weggeworfenen Tauen und Netzen verfangen.
Eine Lastwagenladung Plastik pro Minute
Laut der Meeresexpertin kommen pro Jahr sieben Millionen Tonnen Plastikmüll in die Meere dazu! Das entspricht einer Lastwagenladung pro Minute.
Und besonders viel davon kommt aus Asien: Indonesien gilt neben den Philippinen und China als einer der größten Verursacher von Plastikverschmutzung in den Meeren.
Doch die WWF-Mitarbeiterin sagt: „Aber wir haben überhaupt nicht mit dem Finger auf Asien zu zeigen. Es ist ein Problem der ganzen Welt. Regierungen, die Industrie und letztlich wir alle müssen mehr tun, um zu verhindern, dass noch mehr Plastikmüll in unsere Flüsse und Meere gelangt. Und dabei haben wir noch einen langen Weg vor uns. Noch immer steigt die Produktion von Plastik. Deshalb bin ich zutiefst davon überzeugt, dass die Lösung des Problems nicht allein Strandsäuberungen und Müllfischen sein können. Die Quelle muss beseitigt werden. Plastik darf gar nicht mehr in die Umwelt gelangen!“
Eine globale Lösung auf politischer Ebene ist gefragt. Heike Vesper: „Die Wirtschaft muss dabei Verantwortung für den vollen Lebenszyklus ihrer Produkte übernehmen und finanziell zur Entsorgung beitragen.“
(Quelle: WWF)
Norberts Ausführungen ist aus werkstoffkundlicher Sicht nichts mehr hinzuzufügen.
Lieber Norbert, lieber Oliver, ich verfolge eure Diskussion mit großem Interesse. Vielen Dank dafür!
Wenn man das so liest, erkennt man, dass das Bild auf dem Plakat gar nicht so sehr übertrieben ist.
Fast noch gefährlicher finde ich das Mikroplastik in den Weltmeeren
Mikroplastik sehe ich tatsächlich als das (etwas) geringere Problem. Fast alle Kunststoffsorten verhalten sich im Verdauungstrakt inert, d.h. sie kommen hinten wieder so raus, wie sie vorne rein gegangen sind. Im Grunde sind Sand und andere (unverdauliche) Schwebteilchen sehr ähnlich, wie Mikroplastik; d.h. die meisten Tiere können damit umgehen, dass kleine Partikel in ihren Verdauungstrakt gelangen, die unverändert wieder ausgeschieden werden müssen.
Richtig übel wird es, wenn größere Teile den Magen nicht mehr verlassen können, da sie den Ausgang verlegen oder sich gar im Verdauungstrakt mit anderen Kunstoffabfällen zu immer größeren Pfropfen verkonoten.
Unabhängig davon ist natürlich vollkommen unbestritten, dass Plastik nichts im Meer zu suchen hat – ganz gleich, ob Mikroplastik oder größere Teile.
Wie man das verhindern bzw. eindämmen könnte, hatte ich bereits geschrieben. Angesichts der Tatsache, dass 1 kg Plastik den Brennwert von mind. 0,30 Euro (auch etwa 1 kg) Schweröl hat, sollte es doch möglich sein, durch den Betrieb von Müllheizkraftwerken aus dem Sammeln Plastikmüll gerade in Schwellenländern eine lukrative Verdienstmöglichkeit zu machen. Ich bin sicher, so saubere Strände, Straßen und Flüsse hätte man lange nicht mehr gesehen.
Hallo Norbert,
ich dachte dabei eher an das Problem der Säuberung der Ozeane. Die riesigen Müllstrudel in den Weltmeeren ließen sich – zumindest theoretisch – mechanisch ganz gut abfischen, wenn der politische Wille denn da wäre und man entsprechend Geld in die Hand nehmen würde. Man könnte diesen Plastikmüll dann ggf. der thermischen Entsorgung wie Du sie vorschlägst zuführen. Das Mikroplastik halte ich deshalb für tückisch, weil man das kaum mehr aus dem Kreislauf raus bekommt. Insbesondere die kleinsten Lebewesen, das Plankton – haben die größten Probleme mit den Mini-Teilchen. Sie können nicht mehr richtig filtrieren, sterben ab und man weiß ja, was passiert, wenn die Basis der Nahrungskette einbricht.
Leider ist eine Quelle für die Plastikmüllverschmutzung unser Recylingwahn: Dadurch dass Plastik „zur stofflichen Wiederverwertung“ in alle möglichen Länder exportiert wird, gelangt eine erhebliche Menge dann doch in die Umwelt und letztlich ins Meer.
Fakt ist leider: Post-consumer Plastikabfälle kann man praktisch nicht sinnvoll „stofflich wiederverwerten“, da bereits geringe Verunreinigungen den Kunststoff unbrauchbar (Hygiene, Schadstoffe, Materialeigenschaften) machen. Und nein: Stinkende Mörtelwannen und schmierige Parkbänke sind kein „sinnvolles Recycling“, sondern ledglich eine verkappte Deponierung.
Wenn man in Europa die energetische Wiederverwertung (Altplastik statt Schweröl) in Zementwerken und Heizkraftwerken als sinnvolle und förderwürdige Weiterverwertung akzeptieren würde, wäre das Thema Meeresverschmutzung mit europäischem Plastikmüll auch kein Thema mehr. Plastik („gebrauchtes Erdöl“) ist ein sehr sauberer und energiereicher Brennstoff.
In Zementöfen bzw. Müllheizkraftwerken verbrennt Plastik übrigens sauberer, als eine Wachskerze auf dem Adventskranz. Und die angeblichen „giftigen Rückstände und Schlacken“ sind in der Realität aich kein Thema. Bei über 1200°C (1500 – 1800°C im Zementofen) bleibt von Plastik nichts mehr übrig, außer Wasser, CO2, ein wenig Kochsalz (von dem eigentlich überflüssigen PVC) und minimalste Mengen (vielleicht 1 g pro Tonnne) Bromsalze (aus Flammschutzadditiven).
Oder anders ausgedrückt: Schweröl hinterlässt in der Verbrennung in modernen Öfen deutlich mehr giftige Produkte, als Kunststoffe.