Das Alter von Bäumen kann man an den Jahresringen ablesen. Auch bei den Walen gibt es Möglichkeiten, ihr Alter einigermaßen zuverlässig zu bestimmen. Allerdings muss man da unterscheiden zwischen Barten- und Zahnwalen.
Bei Zähnen ist nur eine ungefähre Altersschätzung möglich
Wie mir der Wal-Experte Günther Behrmann erklärte, lassen die einzelnen Lagen des Zahnbeins zum Beispiel bei Pottwalen nur eine ungefähre Altersschätzung zu.
Die Elfenbeinringe wachsen nämlich nicht gleichmäßig. Oft entstehen unvollständige Zuwachsringe von unterschiedlicher Mächtigkeit, die dann den Zahn nur teilweise ummanteln.
Zählt man vom Zahn-Zentrum aus in verschiedene Richtungen, kommt man bei jeder Auszählung auf einen anderen Wert.
Eine weitere Erschwernis ist, dass die Dentinlagen (Zahnbeinlagen) der Zähne so dicht liegen, dass man die einzelnen Zuwachsringe kaum voneinander unterscheiden kann.
Ohrpfropfen geben Auskunft über Alter
Da Bartenwale keine Zähne, sondern Hornplatten haben, gibt es bei diesen Tieren eine andere Möglichkeit der Altersbestimmung.
Wissenschaftler schauen sich zu diesem Zweck den Ohrenschmalz an.
Die äußeren Gehörgänge der Bartenwale sind winzig klein. Doch die Pfropfen, in denen sich der Ohrenschmalz befindet, können mehrere Dezimeter groß sein. Abfließen kann das Ohrenschmalz nicht, weil die Gehörgänge nach außen verschlossen sind, damit kein Wasser in das empfindliche Innenohr gelangen kann.
Stressprofil
Der Biologe Stephen Trumble und der Umweltforscher Sascha Usenko haben Ohrenschmalz-Zapfen von 20 Finn-, Buckel- und Blauwalen aus dem Atlantik und dem Pazifik untersucht. Sie erstellten damit ein Stressprofil, das über 146 Jahre reichte (1870 bis 2016).
Die Forscher fanden im Ohrenschmalz der Wale das Stresshormon Cortisol. Cortisol ist auch in anderen Körpergeweben nachzuweisen. Das Spezielle an den Ohrenpfropfen ist jedoch, dass das Hormon hier nicht so schnell zerfällt und über die gesamte Lebenszeit des Wals und sogar darüber hinaus sicher archiviert bleibt.
Hoher Stresspegel während des Walfangs
Den höchsten Stresspegel fanden die Forscher in der Hochzeit des Walfangs in den 1960er-Jahren. Aber auch der zweite Weltkrieg verursachte Stress bei den Walen. Die Forscher vermuten, dass dies am erhöhten Schiffsverkehr, an Unterwasser-Detonationen und am größeren Lärm lag.
Großer Informationsgehalt im Ohrenschmalz
Neben dem Alter können die Wissenschaftler aus dem verhärteten Ohrenschmalz auch den Eintritt in die Pubertät sowie bei weiblichen Walen Zeiten des Eisprungs und Geburten herauslesen. Außerdem verrät er, welche Ozeane der Wal wann durchquerte.
(Quellen: Auf den Zahn gefühlt, spektrum.de und br.de)
Lesetipps
* Der Wal als schwimmendes Archiv
* Was Ohrenschmalz alles über Wale verrät