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Beifang trotz „Schweinswal-Alarm“?


Ersticken Schweinswale in der Ostsee immer noch in Stellnetzen, obwohl mittlerweile mehr als 80 Fischer in Schleswig-Holstein Vergrämer einsetzen?

Testphase des PAL-Warngeräts.
(Foto: Prof. Boris Culik, Heikendorf)

„Schweinswal-Alarm“

Der Meeresbiologe Professor Boris Culik entwickelte vor einigen Jahren Signalerzeuger (sogenannte PALs = Porpoise ALert = Schweinswal-Alarm). Diese Geräte senden naturgetreue Schweinswal-Kommunikationslaute aus und regen die Tiere damit an, ihr Sonar zu nutzen.

Entgegen landläufiger Meinung setzen die Schweinswale ihre Echolokation nämlich nur ein, wenn es für sie erforderlich scheint – also wenn sie beispielsweise auf Beutejagd gehen oder wenn sie Artgenossen aufspüren bzw. warnen wollen. Sonst bleiben die Tiere stumm. Unvorbereitet schwimmen sie im trüben Wasser in die fast unsichtbaren Netze, ohne sie vorher geortet zu haben. Ihr Sonarsinn war einfach nicht „eingeschaltet“.

Nach einem Testlauf mit in menschlicher Obhut gehaltenen Schweinswalen (Fjord & Belt Center/Dänemark) wurden die Geräte auch im Meer eingesetzt. Erfreuliches Ergebnis: Im Versuchsgebiet gab es 70 Prozent weniger Beifang in Netzen.

Vermehrt Todfunde

Mittlerweile sind 1.600 PALs zwischen der Flensburger Förde und der Lübecker Bucht im Einsatz. Finanziert werden die Geräte vom Umweltministerium.

Doch im vergangenen Jahr wurden mehr tote Schweinswale (nämlich 134) gefunden als in den Jahren davor. Allerdings ist nicht bekannt, wie viele Tiere in Stellnetzen verendet und wie viele aus anderen Gründen verstorben sind.

Der NABU kritisiert den Einsatz von PALs, da die Geräte Schweinswale sogar anlocken könnten. Nach Meinung der Umweltschutzorganisation sind die PALs nicht genügend erforscht.

Einladung an gedeckten Tisch

Dass Pinger – das sind Vergrämer, die vor den PALs entwickelt wurden – kontraproduktiv sein können, weil sie zum Beispiel Grindwale anlocken, statt sie aus einem Gebiet zu verscheuchen, wurde in einer norwegischen Studie herausgefunden.

In diesem Fall wurden für die akustischen Vergrämer Orca-Schreie eingesetzt. Sie bewirkten jedoch keine Abschreckung, sondern zogen die Grindwale regelrecht an. Da, wo Orcas sind, gibt es einen gedeckten Fisch-Tisch, wurde ihnen offenbar von den Pingern signalisiert. Auch von anderen Arten kennt man diesen sogenannten „Dinner-Bell-Effekt“.

Schweinswal-Laute

Doch Culik hat sich mit seinen PALs etwas Besonderes einfallen lassen. Nicht die Laute von fremden Waltieren werden abgespielt, sondern Signale, die den natürlichen Warnrufen der Schweinswale ähneln. So verwenden die Schweinswale automatisch ihr Sonar, um den Urheber der Laute zu untersuchen. Und damit nehmen sie auch die gefährlichen Netze wahr, die sie dann umschwimmen können.

Aus den beiden Darstellungen oben sieht man: Vergrämer ist nicht gleich Vergrämer und wirkt außerdem bei unterschiedlichen Arten auch unterschiedlich.

Nun muss man die Ergebnisse der Obduktion abwarten sowie vermehrt Studien durchführen, damit der weitere Einsatz von PALs gerechtfertigt werden kann.
(Quellen: NDR und diverse Meeresakrobaten-Artikel)

Fernsehtipp

Die Retter der Schweinswale

Lesetipps

* Warnung für Schweinswale
* Kritische Betrachtung zu einem ZDF-Beitrag
* Warum die Pinger-Aktion von Pro Wal nichts bringt
* Orca-Laute locken Grindwale an
* Wenn Schutz-Aktionen zur Gefahr für Delfine werden
* Die Meeres-Flüsterer
* Neues Schweinswal-Warngerät wird erprobt

1 Kommentare

  1. Ich könnte mir vorstellen, dass bei den Schweinswalen nach einiger Zeit auch ein gewisser Gewöhnungseffekt auf die ständigen Warnrufe eintritt, sie nicht mehr so darauf reagieren und sich dadurch wieder mehr in den Netzen verfangen

    geschrieben von Oliver

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