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Zoos in der Coronakrise


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Benjamin mit Großem Tümmler
(Foto: Benjamin Schulz)

Biologen-Blog von Benjamin Schulz, Teil 31
7. September 2020

Hallo liebe Meeresakrobaten-Fans,

die Coronakrise hat die Welt noch immer fest im Griff.

Von Beginn an war es zudem nicht nur eine gesundheitliche Krise, sondern auch durch Lockdowns eine wirtschaftliche.

Wie lange die Folgen der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus noch zu spüren sein werden, kann man immer noch kaum vorhersagen.

Wie alle Unternehmen, die auf Kundenverkehr bzw. zahlende Gäste angewiesen sind, litten auch die Zoos ganz besonders unter den verschiedenen Ausgangs- und Kontaktsperren.

Schon früh nach Beginn der Maßnahmen machten deshalb auch Horrorgeschichten über eventuell notwendige Tierschlachtungen die Runde; die waren allerdings übertrieben und von den Boulevardmedien mal wieder falsch dargestellt worden.

Große Tümmler in Duisburg
(Foto: Rüdiger Hengl)

Zoos leiden unter finanzieller Not

Trotzdem muss wohl jedem in dieser Krise klarwerden, dass gerade Unternehmen, aber auch Privatpersonen, die eine große Zahl an Tieren zu versorgen haben, besonders schnell in finanzielle Not geraten. Denn das Futter muss ja weiterhin bezahlt werden.

Im Fall der Zoos, die in vielen Fällen öffentlich sind, werden oft nur große Projekte wie Neu- oder Umbauten durch öffentliche Gelder finanziert, zu denen sich dann meist auch noch großzügige private Sponsoren gesellen, während die täglichen Kosten durch die Eintrittsgelder abgedeckt werden müssen.

Für größere Rücklagen bleibt da meist nichts übrig und so ist es kaum verwunderlich, dass bereits nach wenigen Wochen die Schwierigkeiten größer werden.

Es gibt wohl kaum einen Zoo weltweit, der solch einen Lockdown länger als ein halbes Jahr überleben könnte.

Der Tiergarten in Nürnberg ist Mitglied der WAZA
(Foto: Susanne Gugeler)

Tierrechtsindustrie will Zoos loswerden

Die Tierrechtsindustrie hingegen hat (scheinbar) Grund zur Freude. Während viele schon davon träumten, ein paar Zoos endlich loszuwerden (obwohl das auf Kosten der Tiere geschehen würde, bzw. deren Tod bedeuten würde), sahen einige andere wieder eine Gelegenheit, endlich die eigenen sogenannten „Sanctuaries“ mit Zootieren zu füllen.

Bei den Delfinen und Walen sind diese auch als „betreute Meeresbuchten“ bekannt und sollen den Zweck erfüllen, die Tiere wieder an die Natur zu gewöhnen, um Freilassungen durchführen zu können. Natürlich unter den zwei Grundvoraussetzungen, dass die Tiere dort keinerlei Aktivitäten mehr mit Besuchern machen müssen und dass sie dort lebenslang an der Fortpflanzung gehindert werden. Dazu im nächsten Blog-Beitrag mehr.

Aber hat die Coronakrise tatsächlich einen Nutzen für die Agenda der Tierrechtler, Zoos abzuschaffen?

Erfreuliche Umfrageergebnisse

Sunny und Nami aus dem Nürnberger Tiergarten
(Foto: Rüdiger Hengl)

Eine Umfrage des Instituts Forsa zeichnet ein eindeutiges Bild, welches der Tierrechtsindustrie nicht gefallen dürfte: 82% der Befragten äußerten hier eine klare Zustimmung zu den Zoos und viele betonten auch die Wichtigkeit der Zooarbeit, z.B. für den Artenschutz.

Die Coronakrise hat den Zoos schwer zugesetzt, keine Frage. Aber was die Beliebtheit und Zustimmung angeht, hat diese Krise – ganz anders als es sich PETA & Co gerne wünschen – eher zu einer Stärkung der gesellschaftlichen Akzeptanz der Zoos geführt.

Die gewaltige Nachfrage nach immer noch begrenzten Eintrittskarten zeigt es deutlich: Die Menschen haben auch die Zoos und Tiergärten sehr vermisst.

Frische Luft und weitläufige Anlagen

Und jetzt zu Beginn der Coronalockerungen, sind die Zoos die ersten, die eine fast sorgenfreie Freizeitbeschäftigung mit bildungswertvoller Unterhaltung für ganze Familien bieten können.

Große Anlage in Harderwijk
(Foto: Susanne Gugeler)

Denn während Kinos, Theater und Museen immer noch unter starken Beschränkungen leiden, da sie die Abstandsregeln nur schwer umsetzen können, haben Zoos den Vorteil der frischen Luft und weitläufigen Anlagen.

Zoos sind also zurzeit nicht allein aus bildungskulturellen, sondern auch aus gesundheitlichen Gründen empfehlenswert. Und die deutliche Zustimmung der Menschen zeigt, dass die Zoos während des Lockdowns arg vermisst wurden.

Manchmal ist es eben so, dass man etwas wieder richtig zu schätzen lernt, wenn man es eine Weile nicht mehr haben konnte. In diesem Sinne hat der Lockdown auch etwas Positives für die Zoos.

Tierrechtsgruppen hingegen haben mal wieder weder während noch nach dem Lockdown irgendetwas Sinnvolles für Tiere oder die Gesellschaft getan. Kein Grund zum Feiern also, aber die Tierrechtsindustrie interpretiert halt gerne mal um.

Begegnung am Panoramafenster im Delfinarium in Harderwijk
(Foto: Rüdiger Hengl)

Helft mit, Zoos zu unterstützen

Trotz dieser positiven Nachrichten gibt es viele Zoos, die gerade jetzt in finanziellen Schwierigkeiten sind. Ich hoffe deshalb, dass auch ein paar der 82 %, die Zoos unterstützen, bereit sind, im Notfall mit Spenden, Besuchen, Ticketreservierungen u.a. zu helfen. Denn selbst wenn es meist nicht zu Futterengpässen kommt, leiden jetzt in der Krise vor allem die wichtigen Arterhaltungsprojekte der Zoos.

Diese können natürlich nur unterhalten werden, wenn es den Zoos finanziell gut geht und die eigenen Tiere versorgt sind. Diese Projekte sind sowieso meist aus Spenden oder Fördergeldern finanziert und benötigen jetzt erst recht die Unterstützung der Menschen.

Tierrettungsprogramme kosten viel Geld

Auch Tierrettungsprogramme kosten eine Menge Geld. Deshalb hat zum Beispiel das Alaska Sea Life Center momentan eine ganz schwierige Zeit. Als das einzige permanente Rettungszentrum für gestrandete Meeressäuger ist es außerdem enorm wichtig.

Erst im Jahr 2017 konnte man den jungen Belugawal Tyonek erfolgreich retten. Und die bedrohten Steller-Seelöwen sind sowieso im ständigen Blickfeld der Forscher vor Ort.

2 Millionen US-$ in etwa fehlen dem Center durch ausbleibende Besucher während der Coronakrise. Fehlt das Geld, muss das Center wohl schließen und seine wichtige Arbeit einstellen.

Beluga
(Foto: Ulrike Germeshausen ((†)

Appell

Ich lege deshalb allen ans Herz, eine Spende in Betracht zu ziehen. Schnell und einfach könnt ihr auf diesem Link alle notwendigen Infos dazu bekommen.

Wie sieht es mit betreuten Meeresbuchten aus?

Nun gut, soweit unser Überblick über die Lage der Zoos in der Coronakrise.

Und wie sieht es momentan bei den betreuten Meeresbuchten der Tierrechtler aus? Das wollen wir dann im nächsten Blogbeitrag genauer besprechen.

Bis dahin wünsche ich euch alles Gute und bleibt gesund, und wenn ihr könnt, unterstützt eure Zoos und Aquarien vor Ort! Eure Besuche und Spenden helfen, dass wichtige Erhaltungs- und Schutzprojekte weiterlaufen können.

Euer
Benjamin

Zu den vorangegangenen Beiträgen im Biologen-Blog geht es hier.

Lesetipp

PETA teilt fragwürdige Meinungsumfrage

2 Kommentare

  1. Ich habe schon zu Beginn des Corona-Lockdowns eine Spende in Höhe eines Eintrittskartenpreises an meine drei Lieblingszoos gespendet, denn als keine Besucher kommen konnten, war die Situation noch viel schlimmer als jetzt.
    Vielleicht geh ich ja kommende Woche mal wieder nach Nürnberg und besuche mal wieder die Tümmler :-)

    geschrieben von Oliver
    1. Gute Idee, Oliver, und grüß mir Nami & Co. ;o)

      geschrieben von Susanne

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