Wenn wir Bilder von Delfinen in Fischernetzen oder von gestrandeten oder harpunierten Walen anschauen, denken wir, dass sich die Gräueltaten in weit entfernten und außereuropäischen Gegenden abspielen.
Dem ist aber nicht so, wie man auf der Website der Meeresschutzorganisation OceanCare nachlesen kann. Dort wird auch der Bericht „Under Pressure“ vorgestellt, der von führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ihres Feldes verfasst wurde.
Wale werden in europäischen Gewässern zu Tausenden gejagt
OceanCare schreibt:
„Trotz ihres formalen Schutzstatus, insbesondere im Naturschutzrecht der EU und internationalen Artenschutzkonventionen, werden Wale und Delfine in europäischen Gewässern immer noch zu Tausenden gejagt, stehen in dauerndem Konflikt mit der Fischerei und erleiden einen qualvollen Tod als Beifang oder in umhertreibendem Fischereigerät („Geisternetzen“).
Sie leiden an permanentem Lärm durch Schiffe, Öl- und Gasexploration, Bauarbeiten und militärische Aktivitäten. Und ihr Lebensraum ist mit Unmengen an Plastik kontaminiert. Die Tiere sind mit chemischen Schadstoffen belastet, was ihr Immunsystem und ihren Fortpflanzungserfolg beeinträchtigt. Zu all diesen Bedrohungsfaktoren kommen nun noch die Auswirkungen des Klimawandels hinzu.“
Akut bedrohte Meeressäugerarten
Zu den akut vom Aussterben bedrohten Meeressäugerarten in Europa gehören:
* die Orca-Population in der Straße von Gibraltar, die auf unter 40 Individuen geschrumpft ist,
* die noch etwa 20 Gewöhnlichen Delfine (auch Gemeine Delfine genannt) im Golf von Korinth (Griechenland) und
* die weniger als 500 Ostsee-Schweinswale.
Alle genannten Tierpopulationen stehen in der höchsten Gefahrenkategorie der Roten Liste der IUCN: „vom Aussterben bedroht“.
Dasselbe gilt für den Atlantischen Nordkaper mit seinen weniger als 400 Individuen, von denen die meisten allerdings auf der amerikanischen Seite des Atlantiks leben – in Europa gilt diese Art als praktisch ausgestorben.
50.000 Wale und Delfine wurden gezielt getötet
„Es dürfte der Öffentlichkeit nicht bewusst sein, dass in den letzten zehn Jahren mehr als 50.000 Wale und Delfine in nordeuropäischen Gewässern gezielt getötet wurden: in den zu Dänemark gehörenden autonomen Regionen Färöer und Grönland sowie in Norwegen und Island“, kann man auf der Website von OceanCare erfahren.
„Überdies gibt es für viele dieser Jagden keinerlei Management oder international festgelegte Quoten“, ergänzt Fabienne McLellan, Co-Leiterin Internationale Zusammenarbeit bei OceanCare, die ein Ende der Bejagung fordert.
Empfehlungen
Der Bericht „Under Pressure“ enthält Empfehlungen der Autorinnen und Autoren der jeweiligen Kapitel sowie von OceanCare. Hier eine Auswahl:
* die gezielte Bejagung aller Wal- und Delfinarten in allen europäischen Staaten und Gebieten untersagen,
* jene Fischereigerätschaft verbieten, die in besonderem Maße zur Tötung von Waltieren und zur Lebensraumzerstörung beiträgt,
* keine weitere Suche nach Öl und Gas in europäischen Gewässern zulassen (nach dem Vorbild von Frankreich und Spanien – Letzteres hat erst vor wenigen Tagen einen solchen Beschluss gefasst),
* verminderte Geschwindigkeit für die Schifffahrt festlegen, wo immer dies möglich ist,
* die gefährlichsten Substanzen und Materialien in Plastikverpackung verbieten,
* Einsatz europäischer Staaten für ein neues internationales, rechtsverbindliches Abkommen über Plastik, das die gesamte Lebensdauer von Plastik abdeckt und u.a. die Neuproduktion von Plastik vermindert und Mikroplastik-Verschmutzung verhindert,
* Meeresschutzgebiete mit Naturschutz-Managementplänen ausstatten, die auch ausreichend finanziert und umgesetzt werden.
(Quelle: OceanCare)