Dr. Lorenzo von Fersen, Kurator für Forschung und Artenschutz, spricht im Video über den Beginn der Delfinhaltung im Nürnberger Tiergarten und was sich seit 1971 alles getan hat.
In Europa und in den USA leben heute Delfine bereits in vierter Generation in menschlicher Obhut.
Fast alles Wissen über Delfine stammt aus Zoos
Bereits Claus Hagenbeck, der Tierparkdirektor von Hamburg, war sich bewusst, dass „… wirklich fast alles, was wir heute über Delfine wissen, über ihr Sonar, über ihre Kommunikation, über ihr Sexualverhalten … aus Haltung von Delfinen in Menschenhand“ stammt.
Laut Lorenzo von Fersen ist die Forschung an Delfinen auch heute noch zeitgemäß.
* Studien über die Sensorik zeigen uns, wie die Delfine wahrnehmen.
* Studien über die Kognition eröffnen uns, wie intelligent Delfine sind.
* Die Forschung führt dazu, dass wir die Artgenossen im Freiland besser verstehen.
* Veterinärmedizinische Erkenntnisse aus den Zoos tragen dazu bei, gestrandeten Tieren zu helfen.
Viele Delfin-Populationen sind gefährdet
Etwa 25 Prozent der Wale und Delfine gelten als gefährdet, stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht.
An erster Stelle steht dabei der Vaquita, den der Nürnberger Tiergarten in der europäischen Zoolandschaft bekannt gemacht hat.
Selbst einige Populationen des Großen Tümmlers sind bedroht. Dazu gehören beispielsweise die Lahille-Tümmler aus Südbrasilien, von denen es nur noch 600 Individuen gibt.
Ein sicherer Ort
Der Zoo gilt als ein sicherer Ort. Denn dort wird bei den Tieren eine hohe Lebenserwartung erreicht und es gibt Zuchterfolge in einer selbsterhaltenden Population.
Doch Lorenzo von Fersen gibt in seiner Videobotschaft zu bedenken, dass in Zukunft zu wenig Platz für die Delfine zur Verfügung stehen könnte. Denn jedes Delfinarium, das schließt, fehlt für die Aufrechterhaltung der Zoo-Population.
Bedrohungen im Freiland
Die größte Bedrohung im Freiland ist der Beifang. Danach folgen die Lebensraumzerstörung, die Überfischung, der Klimawandel und nicht zuletzt Infektionen (z.B. Morbillivirus), mit denen sich die Delfine untereinander anstecken. Eine ausbrechende Epidemie fordert viele Todesopfer.
Der „Ein-Plan-Ansatz“
Lorenzo von Fersen mahnt, dass man nicht zu lange warten darf mit dem Eingreifen. Beim Vaquita kam die Hilfe zu spät. Es gibt wahrscheinlich nur noch neun Individuen.
Der „Ein-Plan-Ansatz“ (One-Plan-Approach) der Weltnaturschutzunion IUCN setzt beim Erhalt einer Tierart auf alle Individuen, die im Freiland und in Menschenobhut leben.
In China hat er mit dem Jangtse-Glattschweinswal funktioniert.
Vor 30 Jahren wurden einige Tiere aus dem Fluss herausgenommen. Über 130 Tiere leben – laut Lorenzo von Fersen – mittlerweile in geschützten Arealen.
Es ist eine Reservepopulation entstanden, welche die Art erhalten kann. Irgendwann wird es soweit sein, dass einzelne Tiere in ihr natürliches Habitat zurückgebracht werden können.
Intervention ist dringend erforderlich
So wie der Mensch interveniert hat, um die Natur zu zerstören, müssen Zoos nun intervenieren, um die Schäden zu minimieren.
Klassisches Beispiel für Intervention ist die Morbillivirus-Impfung in Hawaii. Es gab die Gefahr, dass sich die gesamte Mönchsrobben-Population anstecken würde. Daraufhin hat man den Meeressäugern einen Impfstoff verabreicht, der zuerst in Zoos getestet wurde. Fazit: Die Population konnte gerettet werden.
(Quelle: Delphinhaltung für den Artenschutz – Das Tiergarten-Interview)
Lese- und Hörtipps
* Horch amol: Delfinhaltung ist seit Jahren ein Reizthema
* Lokale Delfin-Population schwindet
* Mit OPA zu mehr Tierschutz
* Glattschweinswale im Jangtse
Gruß and Lorenzo: melde Dich mal, wir haben viel zu besprechen.
hastr luego, Fritz
Hallo Herr Vollrath,
Ihren Gruß habe ich gerne weitergeleitet. ;o)
Viele Grüße nach Oxford!
Susanne