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Lolita soll ins Meer zurück …


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Meeresakrobaten, 4. April 2023

Lolita, ein ca. 2.300 Kilogramm schweres Orca-Weibchen, lebt seit Jahrzehnten in einem Orcaneum in Florida.

Orca (Symbolfoto: Rüdiger Hengl)

Die Walkuh ist sehr berühmt. Ihr wurde sogar ein eigener Wikipedia-Artikel gewidmet.

In zwei Jahren zurück ins Meer

Mitglieder der Tierrechtsorganisation „Friends of Toki“ (Lolita wird auch Tokitae genannt) setzen nun alles daran, dass Lolita innerhalb von zwei Jahren in ihren Heimatgewässern im nordwestlichen Pazifik ausgesetzt wird.

Orca-Population ist gefährdet

Im anvisierten Gebiet leben die sogenannten Residents. Das ist eine ortstreue Orca-Gruppe, die nur noch aus 74 Tieren besteht. Und deren Schicksal ist ungewiss, da die Population verschiedenen Gefahren ausgesetzt ist (unter anderem Beuteknappheit, Verunreinigungen im Wasser durch Verschmutzung, Störungen durch Schiffe und andere Geräusche).

Orca in Vancouver Island (Symbolfoto: S. Gugeler)

Ziel von „Friends of Toki“ ist es jedoch, Lolita genau in dieser Gruppe auszuwildern, da es sich um Verwandte von ihr handelt.

Zuvor soll sie in einem Meeresgehege lernen, sich selbst zu ernähren. Dieses Refugium muss aber erst noch gebaut werden. Außerdem bedarf es für den Transfer noch der Genehmigung mehrerer US-Bundesländer.

Logistischer und finanzieller Kraftakt

Die Umsetzung in ein Meeresgehege und schließlich in den Ozean ist nicht nur ein logistischer, sondern auch ein finanzieller Kraftakt.

Ermöglicht werden soll die Aktion durch eine „großzügige Spende“ von Jim Irsay, dem Besitzer des NFL-Teams Indianapolis Colts. „Ich weiß, dass sie ins freie Wasser will“, sagte Irsay auf einer Pressekonferenz. „Es ist mir egal, was andere sagen. Sie hat so lange gelebt, um diese Gelegenheit zu bekommen.“

Bis zu 20 Millionen Dollar soll die Freilassung kosten.

Nicht so verklärt sehen

Derartige Schlagzeilen kommen bei Tierfreunden gut an. Allerdings meine ich, dass die Aktion nicht so verklärt dargestellt werden sollte.

So ein altes Tier (immerhin lebt Lolita nun schon 53 Jahre lang im Miami Seaquarium) im Meer auszusetzen, ist mit vielen Risiken und Strapazen für das Tier verbunden, zumal Lolita durch mehrere durchgemachte Erkrankungen ein geschwächtes Immunsystem hat.

Im Fall Keiko („Free Willy“) ging die mehrere Millionen Dollar kostende Freilassungsaktion leider schlecht aus. Der Orca-Bulle suchte in einem Gebiet vor Norwegen weiterhin den Kontakt zu Menschen und starb 2003 schließlich an einer Lungenentzündung.

Little Grey und Little White warten schon lange auf ihre Freilassung.
(Foto: Sea Life Trust)

Auch die Freilassung der beiden Belugas Little Grey und Little White in eine abgesperrte Bucht in Island gestaltet sich schwieriger als erwartet. Das Umsetzen der Tiere in ein abgetrenntes Gehege musste mehrfach verschoben werden. (Siehe dazu den Meeresakrobaten-Artikel Neues zu den Belugas in Island.)

Das Wohlergehen des Tieres muss im Fokus stehen

Im Fokus der medienwirksamen Aktion muss auf jeden Fall das Wohlergehen einer betagten Orcakuh stehen, nicht die Verbesserung des Images einer Tierrechtsorganisation.

Da Lolita keine Stimme hat, muss zumindest auf die Menschen gehört werden, die sie am besten kennen – und das sind ihre Trainer.
(Quellen: swr3, welt.de und stern.de)

Bereits seit vielen Jahrzehnten keine Wildfänge mehr

Lolita wurde 1970 im Alter von vier Jahren im Puget-Sund (Bundesstaat Washington) gefangen. Sie stammt also noch aus der Anfangszeit der Delfinhaltung.

Zum Glück ist die Entnahme von Wildtieren für zoologische Einrichtungen in den USA und in Westeuropa schon seit mehreren Jahrzehnten untersagt.

Die dort in Delfinarien und Orcanarien gehaltenen Meeressäuger sind mittlerweile Nachzuchten einer sich selbst erhaltenden Population.

Lesetipps

* Die Auswilderung von Delfinen klappt nur selten
* Thoughts on Lolita’s Move to ‚Home Waters‘ from Miami Seaquarium – from Former Killer Whale Trainer.
* Selbst Kajaks stören Orcas …

2 Kommentare

  1. Pingback: Meeresakrobaten | Newsletter 4/2023

  2. Ein gewaltiger Aufwand, um eine Orca-Kuh in der Wildnis verrecken zu lassen.

    Eine Auswilderung ist aussichtslos und im Grunde auch mit den Gesetzen zur Auswilderung nicht in Übereinstimmung zu bringen.

    geschrieben von Norbert

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