Eine erfreuliche Meldung geht durch die Medien: Ein neues Orca-Baby wurde im L-Pod der vom Aussterben bedrohten Southern Resident-Population geboren.
Die Organisation Whale Scientists freut sich mit, gibt aber auch zu bedenken, dass die Sterblichkeitsrate neugeborener Schwertwale (wie Orcas auch genannt werden) in den ersten sechs Lebensmonaten sehr hoch ist. Wissenschaftler schätzen, dass sie bis zu 50 % beträgt.
Die jungen Wale sind in ihrem frühen Lebensstadium mit vielen Herausforderungen konfrontiert.
Trennung von ihren Müttern
Die Kälber der Orcas sind in Bezug auf Nahrung, Schutz und soziale Interaktion auf ihre Mütter angewiesen. Nur bei einer Rundumversorgung durch ihre Mütter können sie überleben und sich gut entwickeln.
Wenn sie von ihren Müttern getrennt werden, sind ihre Überlebenschancen gering.
Doch es kommt immer wieder vor, dass Stürme Mutter und Kind auseinanderreißen. Die toten Babys werden dann oft am Strand gefunden.
Zu wenig Nahrung für die Mutter
Auch ein schlechter Gesundheitszustand des Muttertiers – zum Beispiel durch zu wenig Nahrungsaufnahme – oder dessen Tod lassen das Baby unterernährt und hilflos zurück.
„In den vergangenen drei Jahren sind hundert Prozent der Schwangerschaften in dieser Population (gemeint sind die Southern Residents) gescheitert, weil die Wale nicht genügend Nahrung haben“, teilte Kenneth Balcomb, Präsident des US-Walforschungsteams, 2018 mit.
Umweltschadstoffe
Alle Schadstoffe, die durch den Menschen in den Ozean gelangen, stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Orcas dar.
Diese Schadstoffe, darunter Schwermetalle, Pestizide und Flammschutzmittel, gelangen hauptsächlich über die Muttermilch in den Körper der Kälber.
Die Schadstoffe schwächen die Immunantwort der Kälber und machen sie anfälliger für Krankheiten. Sie stören auch ihre Entwicklung, was zu künftigen Fortpflanzungsproblemen und einer verminderten Fruchtbarkeit führt.
Die Anreicherung dieser Schadstoffe kann langfristige Folgen für das Überleben und die Nachhaltigkeit der Schwertwalpopulationen haben.
Unterwasserlärm
Als ob das nicht genug wäre, müssen sich die Schwertwal-Babys auch mit dem Unterwasserlärm auseinandersetzen, der durch Schifffahrt, Fischerei, Freizeitboote oder Marineübungen entsteht.
Übermäßiger Lärm beeinträchtigt ihre überlebenswichtigen Kommunikations- und Echoortungsfähigkeiten. Er stört die natürliche akustische Umgebung, auf die sie angewiesen sind, was Stress verursacht und möglicherweise zu Verhaltensänderungen oder Isolation von ihren Gruppenmitgliedern führt.
Netze und Kollisionen
Apropos Boote und Fischerei: Die jungen Kälber können sich in Netzen oder Leinen verfangen, was zu Verletzungen, Bewegungseinschränkungen oder sogar zum Tod führt.
Darüber hinaus verursachen Kollisionen mit Booten schwere Schäden oder enden sogar tödlich.
Aufgrund ihrer noch nicht ausgereiften Wahrnehmung und ihrer langsameren Reaktionszeit sind Neugeborene besonders anfällig für diese Vorfälle.
Bedrohungen durch Artgenossen
Im Jahr 2018 haben Jared Towers et al. von einem Kindsmord berichtet, bei dem ein erwachsener männlicher Schwertwal und dessen Mutter (sie gehörten zu den sogenannten Transients-Schwertwalen, die sich im Gegensatz zu den Residents nicht vorrangig von Fisch, sondern von anderen Meeressäugetieren ernähren) ein neugeborenes Kalb aus ihrer Population gezielt töteten.
Es war das erste Mal, dass Wissenschaftler im Bereich der Meeressäuger beobachteten, wie ein Orca-Bulle und seine Mutter ein Neugeborenes attackierten.
Obwohl diese Vorfälle sehr selten sind, zeigen sie, dass es noch so viel zu lernen gibt, wie diese Tiere miteinander interagieren.
(Quelle: Baby killer whales face many challenges in their first year)