Heute am World River Dolphin Day möchte ich erneut auf die Notlage der Flussdelfine im Lago Tefé (Brasilien) aufmerksam machen.
Die Artenschutzorganisation YAQU PACHA fasst auf ihrer Website die besorgniserregende Situation für die Tiere zusammen.
Ungewöhnliches Massensterben
Seit dem 23. September 2023 wurde in der Region des Lago Tefé ein ungewöhnliches Massensterben bei Amazonas-Flussdelfinen und Tucuxis (auch Sotalias genannt) festgestellt.
Insgesamt sind 154 Tiere verendet. Das sind zehn Prozent der Flussdelfin-Population in dieser Region.
Tiere stehen auf Roten Liste
Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN werden beide Flussdelfin-Arten bereits als stark gefährdet aufgeführt.
Die Trockenheit und die Wassertemperatur, die am 28. September 2023 um 16.00 Uhr 39,1 °C erreichte, als 70 Tiere starben, stehen wahrscheinlich in direktem Zusammenhang mit dem Ereignis, obwohl andere Todesursachen wie Wasserverschmutzung oder Krankheiten bei den Tieren nicht ausgeschlossen werden können.
Viele Tiere wurden seziert
Bislang wurden 131 tote Amazonas-Flussdelfine (Inia geoffrensis) und 23 tote Tucuxis (Sotalia fluviatilis) gefunden.
Von den verendeten Delfinen wurden 122 Tiere seziert. Gewebe- und Organproben wurden an verschiedene Speziallabors in ganz Brasilien geschickt.
17 Tiere wurden histologisch untersucht. Dabei kam heraus, dass es bisher keinen Hinweis auf einen infektiösen Erreger als Hauptursache für ihren Tod gibt.
Delfine sind nicht an Infektionen gestorben
Die molekulare Diagnose (PCR) von 18 Delfinen ergab ebenfalls negative Ergebnisse, was Infektionserreger (einschließlich Morbillivirus, Toxoplasma, Clostridium, Mycobacterium und Pan-Pilz) angeht, die mit dem Massensterben in Verbindung gebracht werden könnten.
Notfall-Projekt
Das Tefé-Delfin-Notfall-Projekt, an dem sich neben YAQU PACHA und ihren Partnern noch weitere Umweltschutzorganisationen beteiligen, wurde in drei Hauptbereiche unterteilt: lebende Tiere, Untersuchung toter Tiere und Umweltüberwachung.
Noch lebende Delfine
Der Einsatz im Bereich der lebenden Tiere zielt darauf ab, Gruppen von Amazonas-Flussdelfinen und Tucuxis entlang des Lago Tefé zu überwachen.
Sollte ein einzelnes Tier Anomalien zeigen, besteht die Möglichkeit, es zu einer schwimmenden Rehabilitationsstation zu bringen, wo es gegebenenfalls behandelt wird.
Autopsien der toten Tiere
Der Bereich der Überwachung toter Tiere ist darauf ausgerichtet, Kadaver in der Region zu identifizieren, zu bergen und Autopsien durchzuführen, um Proben für Laboranalysen zu entnehmen. Diese umfasst die Untersuchung von Histopathologie, Infektionskrankheiten, toxischen Elementen, Biotoxinen und ähnlichen Faktoren.
Überwachung von Wasser, Fischen und Phytoplankton
Der Bereich der Umweltüberwachung gliedert sich in drei Untersuchungsbereiche: Wasser, Fische und Phytoplankton.
– Von allen analysierten ökologischen und biologischen Variablen zeigt lediglich die Wassertemperatur ein abnormales Verhalten.
– Die beobachtete Sterblichkeit der Fische entspricht den normalen Mustern, die während extremer Trockenperioden in der Region auftreten.
– Seit dem 3. Oktober 2023 wurde eine starke Vermehrung der Alge Euglena sanguinea beobachtet. Obwohl diese Alge potenziell ichthyotoxisch (blutzersetzend) ist, was bedeutet, dass sie Fischsterben verursachen kann, gibt es derzeit keine Hinweise darauf, dass ihr Gift mit dem Delfinsterben im Lago Tefé in Verbindung steht oder das Fischsterben in dieser Region ausgelöst hat.
Rettungsversuche
Um die Delfine von den Hochtemperaturbereichen des Sees fernzuhalten, werden akustische Vergrämer (Pinger) sowie mit Blättern bestückte Netze (Hukilaus) eingesetzt.
Auch ein Rehabilitationsbecken steht bereit
Sollte ein Delfin mit schweren klinischen Symptomen entdeckt werden, steht eine spezielle Rehabilitationseinrichtung bereit, um dieses Tier aufzunehmen und in einem Becken angemessen zu behandeln.
(Quellen: YAQU PACHA und diverse Meldungen zum Delfin-Sterben in Brasilien)
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