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Meeresgehege scheitern an der Praxis


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Meeresakrobaten, 21. Januar 2025

Little Grey und Little White
(Foto: Sea Life Trust)

Little Grey und Little White

Little Grey und Little White – die beiden Belugas, die vor fast sechs Jahren von Shanghei an die Südküste Islands geflogen wurden – leben nicht (wie vorgesehen) in einer Meeresbucht, sondern nach wie vor in einer Halle.

Geplant war, die beiden Weibchen in einem Netzgehege (Seapen) in der Klettsvik Bay zu halten, wo sie mit nur wenig Publikumsverkehr ihren Lebensabend verbringen sollten.

Doch bislang konnte der Plan nicht umgesetzt werden.

Immer wieder machten Wetterbedingungen, Wasserverschmutzung und der Gesundheitszustand der Belugas den Transfer in die Bucht unmöglich.

Die Übersiedlung ist bis jetzt gescheitert

Javier Almunia und Marta Canchal haben eine Studie veröffentlicht, in der sie Argumente aufführen, warum die Übersiedlung von Little Grey und Little White bis jetzt als gescheitert angesehen werden kann.

Die meiste Zeit im Innenbecken

Das Innenbecken des Beluga Whale Sanctuary (BWS), das von von Merlin Entertainment unter dem Namen Sea Life Trust finanziert wird, ist kleiner als diejenigen in modernen Zoos und Delfinarien.

SeaLife Trust
(Quelle: SeaLife Trust)

In diesem Bassin wurden und werden die beiden Beluga-Weibchen seit 2019 in über 90 Prozent der Zeit der gesamten Betriebsdauer versorgt.

„Natürlichere“ Meeresschutzgebiete

Wiederholte Verzögerungen, Probleme bei der Eingewöhnung und während der Aufenthalte in der Bucht beobachtete stressbedingte Zustände lassen darauf schließen, dass natürliche Umgebungen allein möglicherweise keine Verbesserung des Wohlergehens garantieren.

In allen Fällen, in denen die Entfernung der Belugas aus dem Schutzgebiet oder Verzögerungen bei ihrer Rückkehr angekündigt wurden, wurden durchweg Tierschutz- oder Gesundheitsgründe angeführt.

Die verfügbaren Erkenntnisse wecken auch Bedenken hinsichtlich der Entscheidung, in Gefangenschaft gehaltene Wale in „natürlichere“ Meeresschutzgebiete umzusiedeln.

Steinbruch in der Nähe der Bucht
(Foto: Robin de Vries)

Sie stellen die Hypothese in Frage, dass Schutzgebiete das Wohlergehen der Wale grundsätzlich verbessern, und legen nahe, dass, wenn es Vorteile gibt, diese weder so eindeutig noch so direkt sind wie zunächst angenommen.

Zweifel an der Praktikabilität

Die Tatsache, dass die Belugas nur ein Minimum an Zeit in den letzten fünf Jahren in der Bucht verbracht haben, lässt erhebliche Zweifel an der Praktikabilität und Wirksamkeit des Schutzgebietsmodells in seiner ursprünglich vorgestellten Form aufkommen.

Angekündigte weitere Kampagnen, die vorsahen, bis zu zehn Belugas (oder sogar 300 in verschiedene Meeresbuchten) umzusiedeln, sind verstummt. Es gibt kaum noch Pressemitteilungen oder Filmaufnahmen zum Island-Projekt.

Wurde die „epische 6000-Meilen-Reise“ von Shanghai nach Island 2019 noch gefeiert und mit vielen Spendenkampagnen begleitet, ist es still geworden um die beiden Tiere.

Große Ankündigungen

Andy Bool, der damalige Leiter des Sea Life Trust, unterstrich die Bedeutung dieses Meilensteins mit der folgenden Aussage (gekürzt und als Übersetzung wiedergegeben):

Viel befahrene Hafeneinfahrt
(Foto: Robin de Vries)

„Little White und Little Grey sind Botschafter für die 300 anderen Beluga-Wale, die sich weltweit in menschlicher Obhut befinden. … Wir hoffen, zeigen zu können, dass Little White und Little Grey in dieser Bucht gedeihen, und wir führen neben dieser gesamten Reise, die sie unternommen haben, eine Wohlfahrtsstudie durch, eine Forschungsstudie, die hoffentlich zeigen wird, dass es einen Wohlfahrtsvorteil hat, sich in einer natürlichen Umgebung wie dieser zu befinden. Wir hoffen, dass wir dann auch andere davon überzeugen können, dass es ihren Weißwalen in einer anderen Umgebung und mit einer anderen Pflege vielleicht besser geht.“

Keine öffentlichen Überwachungskontrollen

Laufende Überwachungskontrollen wurden laut der Studie von Almunia und Canchal nicht öffentlich zugänglich gemacht.

Folglich sind die einzigen zugänglichen Informationsquellen über den Übergang und die Anpassung der Belugas die Social-Media-Kanäle des Beluga Sanctuary.

Wichtige Erkenntnisse aus mehr als fünf Betriebsjahren

Die Erkenntnisse aus mehr als fünf Betriebsjahren im Beluga Whale Sanctuary des Sea Life Trust deuten darauf hin, dass die Anpassung von Walen und Delfinen an natürliche Meeresschutzgebiete komplexer und schwieriger sein könnte als zunächst angenommen. Die grundlegende Hypothese, dass natürliche Umgebungen das Wohlergehen der Wale von Natur aus verbessern, scheint in der Praxis nicht zu stimmen.

Diese Erkenntnisse stellen die Praktikabilität und Wirksamkeit des aktuellen Schutzgebietsmodells für Wale in Frage.

Das neue Zuhause der zwei Belugas
(Foto: Robin de Vries)

Pfeil: Vorgesehene Bucht für die beiden Belugas
(Foto: Robin de Vries)

Modell bedarf weiterer Forschung

Obwohl das Konzept von Schutzgebieten als Mittelweg zwischen Gefangenschaft und Freilassung ansprechend ist, deuten die aufgetretenen Herausforderungen darauf hin, dass das Modell erheblicher Forschung und Verfeinerung bedarf.

Mehr Forschung, bessere Planung und ein differenziertes Verständnis der Anpassung von Walen sind notwendig, um Schutzgebiete zu entwickeln, die ihr Wohlergehen gewährleisten können.

Mehr Transparenz wird gefordert

Darüber hinaus hat der Mangel an öffentlich verfügbaren Daten zur Überwachung des Wohlergehens und der gesundheitlichen Folgen eine umfassende Bewertung des Erfolgs des Schutzgebiets behindert.

Transparenz und evidenzbasierte Entscheidungsfindung sind für die Verbesserung des Schutzgebietsbetriebs und den Aufbau des öffentlichen Vertrauens von wesentlicher Bedeutung.

Fazit

Diese Überlegungen geben Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Entscheidung, in Gefangenschaft gehaltene Wale und Delfine in Meeresschutzgebiete umzusiedeln, da die verfügbaren Beweise darauf hindeuten, dass solche Umgebungen nicht automatisch bessere Ergebnisse hinsichtlich des Wohlergehens garantieren.
(Quelle: Cetacean Sanctuaries: Do They Guarantee Better Welfare?)

Lesetipps

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* Zur Wiederansiedlung von Delfinen
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