Diese ungewöhnliche Sichtweise habe ich in einem Beitrag von N24 gelesen, der die Färöer Inseln – und damit auch u.a. den Grindwalfang – zum Thema hat.
Das Argument stammt vom Insulaner John Vaagseid, der über den Walfang spricht wie Landwirte über die Schweinemast. „Dieses Jahr waren die Wale mager“, sagt er. „Das sagt uns, dass wir ein paar mehr umbringen müssen, damit sie wieder mehr Nahrung haben.“
Im Restaurant „Koks“ in der Hauptstadt Torshavn wird Walfleisch zubereitet wie vor 100 Jahren, erfährt man außerdem im N24-Beitrag. Damals waren die Färinger noch auf Wale angewiesen. Sonst hätten sie so gut wie nichts zu essen gehabt.
Was sich im Lauf der 100 Jahre alles geändert hat und wie der Walfang auf den Färöer Inseln heute abläuft, erfährst du im MEERESAKROBATEN-Special Grindwalfang auf den Färöer Inseln sowie unter dem Stichwort „Färöer Inseln“, das du in die Suchleiste eingeben kannst.
Der kleine aber feine Unterschied zwischen Walen/Delfinen und unserem Haarwild (Rehe, Wildschweine & Co.) ist, dass es auf dem mitteleuropäischen Festland praktisch keine Raubtiere mehr gibt, die für eine Bestandsregulierung und die Aussonderung (erb-)kranker Tiere sorgen. Von daher übernehmen die Jäger doch recht erfolgreich diese Rolle: Wir haben in den meisten EU-Ländern einen gesunden und stabilen Wildbestand.
Im Atlantik ist ein menschlicher Eingriff in die Bestände dagegen nicht erforderlich und vermutlich nur schädlich – allein deshalb, weil die Tierbestände zumeist nur sehr unzuverlässig geschätzt werden können und eine vernünftige Selektion der auszusonderden Tiere praktisch unmöglich ist.
Jeder Jäger weiss, dass man z.B. aus einer Wildschweinrotte niemals die Leitbache herausschießt – bei (Grind-)Walen wird da keinerlei Unterschied gemacht, welche Rolle das Tier in seiner Schule einnimmt – mit entsprechend katastrophalen Folgen für den gesamten Pod.
Von daher ist es eine eher wenig hilfreiche Argumentation, die (reglementierte Hege-) Jagd auf landlebendes Wild zum Vergleich heranzuziehen.
Bemerkenswerte Argumentation. Ähnlich wie bei Jägern, wenn es um den Abschuss vorn Rot- und Schwarzwild geht. Mit dem Unterschied, dass das in unserem durchinfrastrukturierten Land in Lebensraum-Inseln zwischen Autobahnen und Agrarflächen gesperrt ist und vermutlich tatsächlich eines Bestandmanagements bedarf (ob das Populations- und Artenschutzgerecht konzipiert ist, ist eine andere Frage). Bei Populationen, die einen weit großeren Lebensraum ohne Hindernisse durchwandern und menschlichen Lebensraum nur streifen, dürfte die Sache wohl anders liegen.