Immer mehr wird die Fischzucht auf den Kanaren zum Problem, wie die Wal- und Delfinschutz-Organisation M.E.E.R. e.V. berichtet.
Die Fischzuchtindustrie boomt. Fischzuchtanlagen gibt es inzwischen auf Teneriffa, Gran Canaria und Lanzarote, wobei die Mehrheit der Betriebe (23) auf Teneriffa zu finden sind. Für alle anderen Inseln bestehen konkrete Planungen. Schätzungen gehen von einer jährlichen Gesamtproduktion von 10.000 t aus.
(Bild: Susanne Gugeler)
Nachdem es in den Gewässern um die Kanaren kaum noch Wildfische gibt, werden Goldbrassen und Wolfsbarsche in Käfigen gehalten und landen nach erreichter Verzehrgröße auf den Tellern der Einheimischen und Touristen. Sie erfreuen sich außerdem großer Beliebtheit in EU-Ländern, in die sie exportiert werden. Die beiden Fischarten waren übrigens noch nie in den kanarischen Gewässern heimisch, sondern werden sozusagen als Exoten angeboten.
Fischzucht schädigt das Ökosystem
Dass Fischzucht das Ökosystem der Gewässer um die Kanaren massiv aus dem Gleichgewicht bringen kann, begründet M.E.E.R. e.V. folgendermaßen:
* „Fische, die aus beschädigten oder zerstörten Käfigen entkommen, besetzen in der Natur die ökologischen Nischen der einheimischen Arten, mit unbekannten Folgen für das Ökosystem, auch wenn sie sich langfristig kaum fortpflanzen werden können.“
* „Die Mästung des Zuchtfisches mit konzentrierten Futtermitteln und die Behandlung mit Antibiotika als Vorsorge gegen Krankheiten und Epidemien hat logischerweise Auswirkungen auf die Wasserqualität in der Umgebung der Fischzuchtkäfige. Da die Strömungen im Bereich der Kanaren meist recht groß sind, wird argumentiert, die kontinuierliche Vermischung sorge dafür dass es keine Anreicherungen in der Umwelt gibt (und der Einsatz von Antibiotika sei nicht notwendig). Jedoch ist dies ein Scheinargument, denn es folgt nur der Logik „Aus den Augen, aus dem Sinn“.
* „Und natürlich sind Fischzuchten Attraktoren für wilde Fische, die schnell lernen, wo es Futter gibt. Wo sich aber viele Fische tummeln, sind die Räuber nicht weit…“
Whale-Watcher und Tümmler tummeln sich bei den Fischkäfigen
So beobachteten Mitarbeiter von M.E.E.R. e.V. vor Los Gigantes (Teneriffa) Große Tümmler dabei, wie sie in der Nähe der Fischkäfige auf Nahrungssuche waren. M.E.E.R. e.V.: „Dies ist mittlerweile offenbar ein gewohnter Anblick. Erhebliche Mengen von Futtermitteln gelangen ins freie Wasser, Grund genug für Wildfische, sich um die Anlagen herum zu konzentrieren. Die Delfine nutzen diese Tatsache dazu, sich leicht zu erbeutende Nahrung zu verschaffen. Das ist sehr beunruhigend, da das natürliche Jagdverhaltens verloren gehen kann, weil z.B. Jungtiere nur noch die erlernten einfachen Strategien verfolgen. Die Integrität der natürlichen Delfinpopulationen wird also massiv geschädigt.
Hinzu kam vor Teneriffa das Problem, dass Fischer und Touristen damit begannen, Delfine aktiv zu füttern. Zusätzlich fahren viele Whale Watching-Boote regelmäßig zu den Fischzuchten, weil dort so verlässlich Delfine zu beobachten sind. Es entstand also eine ganze Kette von Nebenwirkungen.
Immerhin ist die Vergabe von Lizenzen für Fischzuchtanlagen inzwischen an die Vorgabe gebunden, Delfine nicht mehr direkt zu füttern. Auch müssen Whale Watcher mittlerweile einen Mindestabstand zu den Anlagen einhalten. Man kennt also die Problematik.“
Was ist zu beachten?
Die Handlungsempfehlungen des M.E.E.R. e.V. in Hinsicht auf die Einrichtung von Fischzuchtanlagen vor La Gomera lauten daher:
* Zunächst keine Fischzuchtanlagen im Süden und Südwesten La Gomeras, dem bekanntermaßen wichtigen Habitat für küstennah lebende Delfine.
* Keine Anlagen innerhalb von Schutzgebieten nach der EU Habitat-Richtlinie („Natura 2000“: Das Projekt soll den Schutz der Wale und Delfine gewährleisten, denn von weltweit etwa 80 noch existierenden Wal- und Delfinarten sind in den Gewässern der Kanaren 24 anzutreffen).
* Kontinuierliche Dokumentation der Bewegungen von Meeressäugern im Gebiet um die Anlagen sofort nach der Einrichtung der ersten Anlagen.
* Erprobung von Mitteln zur Fernhaltung der Delfine von Fischzuchtanlagen.
* Erarbeitung eines Managementplans zum Thema „Aquakultur und Meeressäuger“ unter Einbezug der bekannten Auswirkungen auf die Meeressäuger.
(Quelle: M.E.E.R. e.V.)
Lesetipps:
* „Delfin-Beobachtung rund um Sadinien“ (auch hier gibt es Fischfarmen, die Große Tümmler anziehen)
* „Der Große Tümmler im Mittelmeer“
Ein grosses Problem, auch hier auf Madeira und weltweit, denn das schnelle Geld lockt. Dabei schaden wir Menschen doch nur uns selber.
Ich lese gerade das Buch von Doris Thomas "Mit den Augen der Orcas", da geht es in einem Kapitel auch um diese Problematik der Fischzuchten. Dieses Buch kann ich jedem, ob Erwachsen oder Jugendlich nur empfehlen.
Liebe Gruesse aus dem heute stuermigen Madeira
Claudia