Meeresakrobaten, 20. Februar 2016
Nachdem es von der Nordsee in letzter Zeit sehr viel Schlimmes über 29 gestrandete Pottwale zu berichten gab, freuen sich die Bewohner der Ostsee-Küste über die akrobatischen Sprünge zweier Delfine.
Es handelt sich um zwei Große Tümmler, die bereits seit Mai 2015 an verschiedenen Stellen der Ostsee (u.a. in Südschweden bei Kalmar) gesehen wurden.
Sehr seltene Gäste
Große Tümmler halten sich normalerweise sehr selten oder nur kurz in der Ostsee auf. Im 19. Jahrhundert wurden Große Tümmler in der Ostsee noch von Schweinswaljägern erlegt.
Und bei manchen gemeldeten Funden im 19. und 20. Jahrhundert muss bezweifelt werden, dass es sich tatsächlich um Große Tümmler handelte, da diese Art manchmal mit Weißschnauzendelfinen verwechselt wurde. (Quelle: Meer und Museum, Band 23, Wale und Robben in der Ostsee Hrsg.: Deutsches Meeresmuseum Stralsund)
Selfie und Delfie
Doch nun zurück zu „Selfie“ und „Delfie“. Diese Namen wurden den beiden Delfinen von schwedischen Beobachtern verpasst. Die Meeressäuger halten sich zurzeit in der Innenförde zwischen Flensburg und Glücksburg auf.
Wahrscheinlich handelt es sich bei dem Delfin-Duo um zwei Männchen. Zumindest beim größeren Tier wird davon ausgegangen. Ein dänischer Delfin-Experte hält auch das kleinere Tier für einen Delfin-Bullen.
Man kann ihren akrobatischen Sprüngen sowohl von Land als auch vom Wasser aus zusehen. Immer wieder nähern sich Kajak-Fahrer den beiden Delfinen. Und diesen scheint das zu gefallen, genauso wie das Surfen auf der Bugwelle größerer Boote.
Delfine sind zufällig hier
Dr. Harald Benke, der das Deutsche Meeresmuseum in Stralsund leitet, betont, wie selten Große Tümmler in der Ostsee sind.
Benke glaubt aber nicht, dass sich die beiden Tümmler wegen des Klimawandels in die Ostsee verirrt hätten. Sie wären zufällig hier, meint der Wissenschaftler, der über Wale und Delfine promoviert hat. Er erklärt, dass Große Tümmler sich gern küstennah aufhalten und sich von Hering, Makrelen und auch Tintenfischen ernähren.
Fischer attestieren den Delfinen einen großen Spieltrieb. Sie seien sehr zutraulich und würden in der Nähe ihrer Boote spielen.
Friendly Dolphins
Delfine, die alleine unterwegs sind, nennt man auch „Friendly Dolphins“. Sie nähern sich den Menschen aus eigenem Antrieb. Schwimmer und Taucher stellen für sie offenbar eine Art Ersatz zu ihren Artgenossen dar. Dass ein Delfin-Duo dieses Verhalten zeigt, war – laut Benke – bisher nicht bekannt.
Fungi
Einer der berühmtesten Friendly Dolphins ist Fungi aus Dingle/Irland. Ihn habe ich schon selbst bei seinen Sprüngen in einer dem Hafen vorgelagerten Bucht beobachten können.
Fungi ist ein Beispiel dafür, wie zutraulich Große Tümmler den Menschen gegenüber sein können. Er hätte jederzeit die Möglichkeit, die Bucht zu verlassen, doch er zieht es vor, hierzubleiben und immer wieder seine akrobatischen Sprünge vorzuführen.
Annäherung birgt auch Gefahren
Weitere Beispiele für auch solitär lebend genannte Delfine sind Dusty (ebenfalls Irland) und Dony (Bretagne).
Doch auch wenn die Delfine Menschen gegenüber sehr zutraulich sind, können sie ihnen gefährlich werden. So hatte offenbar eine Frau im Jahr 2013 Knochenbrüche davongetragen, als sie zu Dusty ins Wasser sprang.
Jan Ploeg, der schon seit vielen Jahren mit Dusty schwimmt, erklärte den Angriff des Meeressäugers damit, dass die Frau zu abrupt ins Wasser gehüpft sei und den Delfin erschreckt hätte.
Dusty ist ein Weibchen, das sich nicht nur Menschen, sondern offenbar auch immer wieder anderen Delfinen anschließt. Diese Annäherungen blieben nicht ohne Folgen. Zweimal war Dusty trächtig, doch 2010 und 2013 starben Dustys Babys.
Jan Ploeg betreibt auf Facebook eine Seite, die er Dusty gewidmet hat. Dort kann man Filme und Foto des (fast) solitär lebenden Delfins anschauen und erfährt über aktuelle Vorkommnisse.
Delfine dürfen nicht bedrängt werden
Es ist gleichgültig, ob man sich einem solitär lebenden Delfin oder einer Delfin-Schule nähert, Respekt ist das oberste Gebot. Das fordert auch die neu gegründete Facebook-Gruppe Delphine in Flensburg.
Weltweit artet das Dolphin- bzw. Whale-Watching immer mehr zu einem kommerziellen Einnahmezweig aus. Dementsprechend viele Ausflugsboote nähern sich den Delfinen.
Auf Mallorca und in vielen anderen Whale-Watching-Gebieten hat man beobachtet, dass Delfine Ausflugsboote meiden.
Man kann nur hoffen, dass die beiden „Ostsee-Delfine“ weiterhin vor allem das Schiff der Bundespolizei eskortieren. Denn dort sind sie quasi unter ständiger Beobachtung und Schutz …
(Quelle: u.a. Flipper in der Förde)
Lesetipps
* Der mit den Delfinen taucht
* Delfine und Menschen
* Wale und Delfine in der Ostsee
* Irrgast in der Ostsee (Sowerby-Zweizahnwal, 2015)
* Was sich so alles in der Ostsee (ge)tummelt (hat)
* Seltene Gäste in der Ostsee (zwei Buckelwale, 2014)