Delfine mit sechs Flossen und andere Skurrilitäten


Professor Manfred Frasch vom Lehrstuhl für Entwicklungsbiologie der Universität Erlangen-Nürnberg sorgte Anfang Juli im Tiergarten Nürnberg für manche Aha-Effekte bei seinem Vortrag „Hand und Fuß: Embryonalentwicklung und evolutionäre Veränderungen im Licht der molekularen Entwicklungsgenetik“.


Delfin-Embryo (Bild: Susanne Gugeler)

Kaum zu glauben, was für sonderbare anatomische Merkmale die Natur zu bieten hat. So wurde 2006 in Japan ein Delfin entdeckt, der zwei zusätzliche „Beinflossen“ hatte. Die symmetrisch angelegten Flossen waren etwa handgroß und befanden sich in der Nähe der Schwanzflosse. Manfred Frasch hat für diesen sogenannten Atavismus gleich eine Erklärung parat: Die Embryonen von Mensch und Delfin sind in einem frühen Stadium für Laien nicht zu unterscheiden. Beide haben zwei Arm- und zwei Beinknospen, die wie kleine Knubbel aussehen. Im weiteren Verlauf der Embryonalentwicklung werden beim Delfin die zwei Beinknospen resorbiert, während sich die Armknospen zu den Flippern entwickeln. Beine sind im Frühstadium der Entwicklung also auch bei Delfinen angelegt, deren Überreste dann bei einer unvollständigen Entwicklung des Tieres sichtbar bleiben.

Frasch informierte seine Zuhörer darüber, welche genetischen Mechanismen nötig sind, damit sich Gliedmaßen zu Flügeln, Flossen oder Händen formen. Die Knochen in den Extremitäten von Reptilien, Vögeln und Säugern sind recht ähnlich; sie weisen auf einen Wechsel von einer Tiergruppe zur nächsten hin. Während der Evolution haben sich die Arten immer wieder verändert. Besonders spannend ist – laut Frasch – das Zeitalter des Devon vor 415 bis 360 Millionen Jahren, da die Fische am Ende dieser Epoche „an Land“ gingen. Dazu gehörte u.a. der bis zu zwei Meter lange amphibienähnliche Fleischflosser Tiktaalik, der vor einigen Jahren in der kanadischen Arktis entdeckt wurde. „Er konnte Liegestützen aus dem Wasser heraus machen“, scherzt Frasch.

Den Zuhörern, die sich im Naturkundehaus versammelt hatten, brachte Frasch auch etwas Molekulargenetik bei. So zeigte er auf, wie ein Gen dafür sorgt, dass das Gewebe zwischen den Fingern abstirbt, wodurch die fünfstrahlige Hand entsteht. Ein weiteres Gen sorgt dafür, dass Flügel oder Schwimmfüße erzeugt werden können. Wenn eine Gen-Botschaft gestört ist, kann es vorkommen, dass eine Missbildung entsteht wie eben zum Beispiel der weiter oben erwähnte Delfin mit sechs Flossen.
(Quelle: Nürnberger Zeitung)

Die mit 120 Exponaten und zahlreichen Texttafeln ausgestattete Ausstellung „Hand und Fuß“ zeigt die Evolution des Menschen auf. Sie ist bis zum 31. Oktober 2010 von Montag bis Samstag von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr und sonn- und feiertags durchgehend von 10 bis 17 Uhr im Obergeschoss des Naturkundehauses im Nürnberger Tiergarten zu sehen. Der Besuch der Ausstellung ist im Eintrittspreis des Tiergartens enthalten.

2 Kommentare

  1. Hab diesen Artikel recht spät entdeckt, klingt aber wahnsinnig interessant. Von diesem Delphin hätte ich gerne ein Bild gesehen. Muss ja fast wie ein Ichthyosausrus aussehen.

    geschrieben von Dani
  2. Auch wenn sowas hochinteressant ist, so Tierpräparate, eingelegt oder ausgestopft, finde ich gruselig.

    geschrieben von Doris

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