Biologen-Blog von Benjamin Schulz, Teil 15
10. Oktober 2016
Serie über Tierrechte – Folge 1
Tierrechte und Menschenrechte – was ist der Unterschied?
Für alle die denken, ich möchte hier jetzt den Unterschied zwischen Mensch und Tier erklären und damit verknüpft auch die Betrachtung von Persönlichkeitsrechten, kann ich Entwarnung geben: meiner Meinung nach haben vor allem Religionswissenschaftler das schon oft genug getan. Zudem kann ich diese Sichtweise als Biologe einfach nicht teilen.
Nein, in dieser Serie möchte ich die Rechte der Tiere bzw. Menschen historisch und vor allem im Kontext der Gesellschaft betrachten. Dabei möchte ich später auch diskutieren über Sinn und Unsinn von Tierrechten und die Ausnutzung des Themas durch undurchsichtige Geschäftsleute bzw. auch Glaubensgemeinschaften (Sekten).
Heute geht es aber erst einmal um das Grundverständnis des Begriffs. Dazu muss man auch einen Vergleich ziehen zu den Menschenrechten und sich mit deren historischen und ethischen Hintergründen auskennen.
Menschenrechte versus Machtineressen
Wir leben ja alle in einem Land, in dem Menschenrechte im Grundgesetz verankert sind und respektiert werden. Das war aber nicht immer so und auch heute ist es in vielen Teilen der Welt immer noch schwierig.
Menschenrechte werden missachtet, außer Kraft gesetzt oder sogar absichtlich dämonisiert, wenn dahinter Machtinteressen stehen.
In einigen Ländern gelten die Menschenrechte sowieso noch gar nicht. Das liegt daran, dass Menschenrechte eben kein selbstverständliches Gut sind, sondern immer auf die Unterstützung der herrschenden Klasse angewiesen sind.
Erst wenn in einem Land die Menschenrechte gesetzlich verankert werden, so wie bei uns im Grundgesetz, sind sie bindend.
Die meisten Länder haben die Menschenrechtskonvention unterzeichnet und somit in Kraft gesetzt, doch braucht es zur Umsetzung auch immer noch den guten Willen der Mächtigen.
Menschenrechte sind Fantasieprodukt
Rein von der Entstehung her gesehen sind Menschenrechte ein reines Fantasieprodukt. Sie sind nichts Greifbares, sondern basieren auf Gefühlen und Werten, die zum großen Teil auch auf religiösen Säulen erwuchsen.
Möglich wurden sie erst dadurch, dass Menschen ihre Gefühle miteinander kommunizieren und so einen Konsens erzielen konnten darüber, was sie selbst möchten und was sie anderen gegenüber ebenfalls gewähren wollen.
Der erste Gedanke in dieser Richtung war wohl die hoffentlich jedem bekannte „Goldene Regel“: Man soll andere so behandeln, wie man selbst behandelt zu werden wünscht. Von dieser Regel kann man dann alles Weitere doch sehr leicht ableiten, und so wird schnell klar, dass jeder Mensch leben möchte, gesund sein möchte und frei sein kann, zudem sollen alle Menschen gleich sein (der Gleichheitsgrundsatz).
Erst durch diese grundlegenden Vereinbarungen werden die Menschenrechte an sich legitimiert und können vom Fantasieprodukt zum echten Gesetz werden, das diese Rechte schützt und gewährt.
Auf der folgenden Seite beantwortet Benjamin die Frage, ob Menschenrechte naturgegeben sind.
Darüber kann man natürlich rechtsphilosophische Abhandlungen schreiben. Die Grundrechte sind „Abwehrrechte des Bürgers gegenüber staatlicher Gewalt“. Das gilt aber nicht im Verhältnis zwischen zwei Privatpersonen. So kann z.B. jemand als Vermieter das Rauchen in Wohnung A gestatten, in Wohnung B hingegen nicht. Der Gleichheitssatz im Grundgesetz (Art. 3 Abs.1) im Speziellen bedeutet lediglich, dass – von staatlicher Seite – Gleiches nicht ungleich behandelt werden darf. So haben trotz des Gleichheitssatzes Kinder andere Rechte als Erwachsene, da sie sich z.B. in ihrem Alter unterscheiden (minderjährig – volljährig).
Erst recht nicht kann man dies auf Tiere anwenden. Dafür gibt es die Tierschutzgesetze.
„Tierrechte“ sind aber – ebenso wie fast jedes andere Recht – nicht in Stein gemeißelt, sondern das Recht ist immer ein Spiegel der aktuell vorherrschenden Moralvorstellungen einer Gesellschaft. Was in Land A gilt, kann in Land B ganz anders gesehen werden.
Das ganze hat also eine räumliche und eine zeitliche Komponente.
So haben wir hierzulande kein Problem damit, dass in der Lasagne Schweinefleich oder Rindfleisch ist – aber wehe, es ist Pferdefleisch drin.
In islamischen Ländern ist es undenkbar, Schweinefleisch zu essen.
Wir sehen Delfine als „wertvoll“ an und sind empört, wenn diese Tiere zu tausenden in Japan abgeschlachtet werden mit der Begründung, diese wären Schädlinge und würden den Fischern die Fische wegfressen.
Gleichzeitig kümmert es hierzulande fast niemanden, wenn in Deutschland pro Jahr eine Million Rehe bejagt und getötet werden – ebenfalls mit der Begründung, sie würden im Wald Schaden anrichten. Was würden unsere Jäger wohl sagen, wenn Japaner fordern würden, die brutale Jagd auf Rehe in Deutschland zu beenden?
Wenn man liest, dass Indien Delfine als „nicht menschliche Personen“ anerkennt, klingt das zunächst sehr fortschrittlich. Doch welche Rechte haben dort Menschen – insbesondere, wenn sie aus niederen Kasten stammen? Selbst brutalste Gruppenvergewaltigungen bleiben dort oft ungesühnt oder werden nur schleppend verfolgt.
Diese Beispiele zeigen, dass es in diesem Punkt keine „Objektivität“ im SInne eines „naturgegebenen Rechts“ gibt, sondern diese Tierrechte, die jede Gesellschaft für sich festlegt, einem stetigen Wandel unterworfen ist.
Ein anderer Aspekt – vielleicht auch mal ein Thema für einen Beitrag:
Gibt es unter Tieren denn so eine Art „ungeschriebenes Recht“ im SInne eines Verhaltenskodex?
Ich denke da an solche Regeln wie unter Hunden: „Wenn der Unterlegene eine Demutshaltung einnimmt und sich unterwirft, dann ist der Kampf zu Ende und es darf nicht mehr zugebissen werden“
Auf jeden Fall ein spannendes Thema, freue mich auf die nächsten Folgen
Vielen Dank für die sehr interessanten Ergänzungen, Oliver!
Sehr interessanter Artikel.
Besonders aufmerksam wurde ich bei Benjamins Satz
„Dabei möchte ich später auch diskutieren über Sinn und Unsinn von Tierrechten und die Ausnutzung des Themas durch undurchsichtige Geschäftsleute bzw. auch Glaubensgemeinschaften (Sekten)“.
Eine derartige Verknüpfung „Sekte“ / „angeblicher“ Einsatz für Tiere ist bei manchen mehr als deutlich.
So gibt es in Deutschland eine „Ein-Personen-Organisation“, deren Geschäftsführer zumindest im Jahre 1999 Presseländerbeauftragter der Universalen Kirche Deutschland war.
(Um wen es sich hierbei speziell handelt, kann natürlich belegt werden, ist aus Datenschutzgründen hier aber nicht erforderlich).
Die Sekteninfo NRW sieht in der „Universalen Kirche“ eine Sekte (http://sekten-info-nrw.de/index.php?option=com_content…)
2008 hat eben dieser ehemalige Presseländerbeauftragter der Universalen Kirche Deutschland eine uG gegründet, die sich angeblich dem Tierschutz verschrieben hat.
Wie Sekten mit Andersdenkenden (aber auch mit Mitstreiten) umgehen, ist hier (http://www.freiescientologen.de/sekten.htm) beschrieben:
Beispielsweise
1. Finanzielle Ausplünderung
2. Gedankenmanipulation, Hypnose, Brainwashing
3. Millieukontrolle, Isolierung aus vertrauter Umwelt
4. Informationskontrolle
5. Sprachmanipulation, Kommunikationsverluste
6. Entzug von Schlaf
7. Ausbeutung von Arbeitskräften, Entzug von Privatleben
8. Degradierung des Individuums
9. Gefühlsmanipulation: Angst und Schuld
10. Bekämpfen der Kritiker
Manche der dort niedergeschriebenen Punkte, z. B. Bekämpfen der Kritiker (u.a. mit an den Haaren herbeigezogenen Lügen), kann ich bei oben angesprochener uG durchaus erkennen. Auch die Aussage „dass sich jedem Menschen die unendliche Vollkommenheit eröffne, wenn er sich entschließt, mit dem universellen Licht zusammenzuarbeiten“, einen Satz, den der Geschäftsführer der uG im Vorwort eines esoterischen Büchleins zum Besten gibt, klingt mir eher nach „Sekte“ als nach „Tierschutz“.
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