Bereits seit zwei Jahrzehnten statte ich der Italienischen Riviera bzw. dem Ligurischen Meer einen Besuch ab.
Bei mehreren Ausfahrten – unter anderem von San Remo aus – konnte ich bisher fünf verschiedene Wal- und Delfinarten sowie andere Meerestiere beobachten. Die letzte Tour fand im Mai 2022 statt.
Forschung im Pelagos-Schutzgebiet
In San Remo startet auch das Segelboot von Thetys. Die Forschungsorganisation kümmert sich um bedrohte Wale im Mittelmeer und dort vor allem im Meeresschutzgebiet Pelagos vor der italienisch-französischen Mittelmeerküste. Nach diesem ist auch ihr Boot benannt.
Das Pelagos-Schutzgebiet wird auch als der Nordpol des Mittelmeers bezeichnet. Das Wasser ist sehr kühl. 2.000 Meter tiefe Canyons durchziehen das Gebiet.
Es ist mit 90.000 Quadratkilometern das größte Meeresschutzgebiet Europas. 2.000 Wale leben hier.
Zur Arbeit von Thetys sowie weiteren Forschungsinstitutionen gibt es eine aktuelle ARD-Dokumentation. Ihr könnt den Film in der Mediathek anschauen. Hier eine kurze Zusammenfassung.
Mit Ehrenamtlichen aufs Meer hinaus
Im Sommer wird Thetys von Ehrenamtlichen unterstützt. Sie fahren eine Woche lang auf dem Segelboot mit und sammeln Daten von den beobachteten Meeressäuger. 800 Euro kostet der Exkursionsurlaub.
Jede Teilnehmerin übernimmt eine Schicht. Nach 60 Minuten wird gewechselt. In einem Protokoll werden die Sichtungsverhältnisse (klar, neblig), die Höhe der Wellen, die Stärke des Seegangs, das Wetter (bewölkt, sonnig), der Schiffsverkehr und der Standort der Delfine und Wale eingetragen.
Vom Boot aus konnten die Crew-Mitglieder beobachten, dass Finnwale nach zehn Minuten wieder auftauchen, um zu atmen, und Pottwale eine Stunde unter Wasser bleiben können.
Geleitet wird die Exkursion von Sabina Airoldi.
Es gibt viele verletzte Tiere
Roberto Raineri ist Kapitän der Pelagos. Er berichtet von verletzten Tieren, die sie oft zu Gesicht bekämen. Die Wunden wurden von Schiffsschrauben verursacht. Alle Verletzungen werden von Thetys dokumentiert.
Spektakulär war 2005 die Sichtung eines Finnwals, bei dem die Hälfte der Fluke (Schwanzflosse) zerfetzt war. Er wurde Codamozza (verstümmelte Schwanzflosse) genannt. Das Tier lebte noch einige Jahre, bevor es 2020 offenbar verhungert ist.
Fähre weicht Walen aus
Anders als schnittige Jachten sind die Fähren, die zwischen Savona und Korsika pendeln, viel langsamer unterwegs. Sie erreichen 16 bis 17 Knoten (ungefähr 30 km/h).
Doch die großen Schiffe durchqueren auf ihrem Weg nach Korsika das Pelagos-Schutzgebiet.
Antonio Cuomo ist Kapitän der Corsica Ferries. Von ihm erfährt man in der Doku, dass ihm aus den vergangenen 22 Jahren kein einziger Fall bekannt ist, bei dem eine Fähre mit einem Wal zusammengestoßen sei.
Trotzdem nimmt Cuomo auf seiner Fähre Walforscherinnnen der Umweltorganisation Cima mit. Sichten sie einen Wal, melden sie das Tier dem Kapitän und dieser drosselt die Geschwindigkeit und weicht aus.
Alle Sichtungen werden in ein Warnsystem eingepflegt, damit auch andere Schiffe informiert werden.
Mit Drohnen auf Wal-Suche
Sabina Airoldi von Thetys ist es gelungen die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (European Maritime Safety Agency = EMSA) für den Schutz der Wale zu gewinnen.
Die EMSA setzt Drohnen ein, um die Wanderwege der Wale zu verfolgen. Aus dem Projekt soll einmal ein Warnsystem für Schiffe werden.
Leichenschau in Padua
Doch nicht nur im Ligurischen Meer und dort vor allem im Meeresschutzgebiet Pelagos findet Forschung statt.
An der Universität in Padua (Abteilung Vergleichende Biomedizin) werden angeschwemmte Delfine und Wale untersucht.
Professoren und Studierende in Padua haben festgestellt, dass die größten Gefahren für Wale und Delfine neben Plastikmüll, Kollisionen mit Schiffen und Netzverletzungen mikroskopisch klein sind.
So werden in den Mägen der Meeressäuger zum Beispiel Parasiten gefunden, die zu Infektionen führen können.
Erreger werden bei Hochwasser ins Meer gespült
Vor allem bei extremem Hochwasser (wie zuletzt im Sommer 2023 in der Emilia Romagna) sind die Tiere gefährdet. Erreger von gedüngten Feldern werden ins Meer gespült.
Nach Hochwasser gibt es eine erhöhte Sterblichkeit bei Delfinen und Schildkröten. Bakterien und Viren befinden sich im Wasser, die vom Immunsystem der Wale und Delfine nicht erkannt werden. Die Meeressäuger haben dagegen keine automatischen Abwehrmechanismen gebildet.
(Quellen: Bedrohte Wale im Mittelmeer und SWR Kultur)