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Zur Wiederansiedlung von Delfinen


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Meeresakrobaten, 3. August 2024

Große Tümmler in Duisburg
(Foto: Rüdiger Hengl)

Immer wieder fordern Tierschutzaktivisten die Freilassung von Delfinen.

Der Duisburger Zoo und der Nürnberger Tiergarten haben zur Forderung einer Wiederansiedlung von in menschlicher Obhut gehaltenen Delfinen eine interessante Stellungnahme veröffentlicht.

Ich möchte hier ein paar der Argumente – teilweise in eigenen Worten – wiedergeben. Zum gesamten Kommentar der Zoos geht es hier.

Artenschutz und Tierschutz

Wiederansiedlungen von Wildtieren sind äußerst anspruchsvolle Projekte, wobei der Erfolg keineswegs garantiert ist.

Zum Artenschutz: Es muss sichergestellt werden können, dass diese Aktionen keinen Schaden für die wild lebenden Populationen anrichten und tatsächlich der Arterhaltung dienen.

Zum Tierschutz: Es ist tierschutzwidrig, Tiere auszuwildern, die nicht ausreichend vorbereitet sind.

IUCN nennt Rahmenbedingungen

Große Tümmler in Duisburg
(Foto: Rüdiger Hengl)

Die IUCN (das ist die Internationale Union zur Bewahrung der Natur) hat mit den „IUCN Guidelines for Reintroduction and Other Conservation Translocations“ einen Rahmen für die Wiederansiedlung geschaffen:

*** Eine Wiederansiedlung/Auswilderung ist verboten, wenn sie nicht der direkten Arterhaltung der jeweiligen Spezies in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet oder insgesamt (d.h. um die jeweilige Art vor dem unmittelbaren Aussterben zu schützen) dient.

*** Außerdem muss sichergestellt werden, dass eine Wiederansiedlung keine Gefahr für die wild lebenden Artgenossen, z.B. durch die Übertragung von Krankheitserregern, darstellt. Folglich ist eine Auswilderung von Delfinen aus deutschen oder europäischen Delfinarien auch nach deutschem und europäischem Tierschutzgesetz grundsätzlich verboten. Nicht davon betroffen sind gestrandete Tiere, die rehabilitiert werden.

Großer Tümmler (Foto: Rüdiger Hengl)

Erklärungen

Gesundheit: Eine Übertragung von möglichen Krankheitserregern in die Wildtierpopulation muss unbedingt vermieden werden. Tiere, die über längere Zeit in menschlicher Obhut gelebt haben, können Träger von Keimen sein, gegen die sie sich im Laufe der Zeit und durch tiermedizinische Behandlung immunisieren konnten, die aber für wild lebende Artgenossen wegen fehlender Antikörper tödlich sein können.

Arterhaltung: Eine Auswilderung muss immer einen wissenschaftlich begründeten positiven Einfluss auf die wild lebenden Populationen erzielen. Die IUCN stuft den in allen europäischen Delfinarien gehaltenen Atlantischen Großen Tümmler (Tursiops truncatus) als nicht gefährdet (Least Concern) ein. Eine Wiederansiedlung würde also nicht der Arterhaltung dienen.

Tierschutzrechtliche und ethische Vorbehalte: Es darf keine Auswilderung vorgenommen werden, um überschüssige Tiere in menschlicher Obhut loszuwerden. Meeresrefugien sind also in keinem Fall eine Vorbereitung auf eine spätere Wiederansiedlung oder Auswilderung, da diese widerrechtlich wäre. Weiterhin stellen Meeresrefugien nichtsdestotrotz eine Tierhaltung dar, die sich von der in einem Zoo nicht unterscheidet.

Sunny und Nami aus dem Nürnberger Tiergarten
(Foto: Rüdiger Hengl)

(Anmerkung Meeresakrobaten: Siehe dazu auch den Fall Little Grey und Little White in Island. Die beiden Belugas werden nun schon seit fünf Jahren statt in einer Bucht, die mit einem Netz zum offenen Wasser abgetrennt ist, in einer Halle an Land gehalten.)

Was artgerechte Haltung ausmacht

Das oft wiederholte Argument des fehlenden Platzes in einem Delfinarium ist ebenfalls nicht relevant. Für eine artgerechte Haltung steht nicht der zur Verfügung stehende Platz, sondern vielmehr die soziale Komponente, die Möglichkeit sich zu reproduzieren, die tiermedizinische Versorgung, der Schutz vor Schmerzen, Leiden oder Schäden (siehe § 2 Tierschutzgesetz) an oberster Stelle.

Delfine verlieren ihre natürlichen Fähigkeiten nicht

Ebenso gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Delfine in Menschenobhut ihre natürlichen Fähigkeiten verlernen. Jagdverhalten ist keineswegs angeboren und muss bei Delfinen erlernt werden.

„Tauchen“ oder „kraftvolles Schwimmen“ haben Delfine im Delfinarium nicht verlernt.

Wissenschaftlich fundierte Beobachtungen unter anderem im Tiergarten Nürnberg zeigen klar, dass sich das Verhaltensspektrum, inklusive gegenseitigem „Jagen“ im sozialen Spiel oder „kraftvollem Schwimmen“, nicht von wildlebenden Populationen unterscheidet.

(Anmerkung Meeresakrobaten: Siehe dazu auch die Untersuchungen von Dr. Kathleen M. Dudzinski, Delfine in Duisburg und im Freiland verhalten sich gleich)
(Quelle: Kommentar des Duisburger Zoos und des Nürnberger Tiergartens)

Lesetipps

* Wie geht es Little Grey und Little White?
* Betreutes Wohnen für Delfine
* Kein Delfinarium mehr – und dann?

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