Bericht von Frank Blache, 5. November 2011
Am 18. September 2011 befinde ich mich auf der Autobahn gen Süden – mein Ziel: der Nürnberger Tiergarten. Ganz speziell möchte ich mir die Delfin-Lagune anschauen; die Außenanlage für Meeressäuger – einzigartig in Deutschland –, die nicht nur erst seit ihrer offiziellen Eröffnung am 30. Juli d.J. in die Schlagzeilen geraten ist. Positiv wie negativ.
Heftiger Regen setzt ein
Je weiter ich nach Süden komme, desto schlechter wird das Wetter und teils heftiger Regen setzt ein. Als ich am frühen Nachmittag mein Auto auf dem Parkplatz des Tiergartens abstelle und mich zum Eingang begebe, wundert es mich nicht, dass heute keine Schlange an der Kasse ansteht. Auch von den Gegnern der Lagune, die noch am Tag der Eröffnung vor dem Zoo demonstriert haben, fehlt jede Spur. Ob es am Regen liegt?
Pro und Contra
Ich möchte an dieser Stelle nicht wieder die alte Diskussion – pro und contra für Delfinarien/Lagune – entfachen, trotzdem kommt man nicht ganz darum herum, wenn man versucht, möglichst neutral seine Eindrücke wiederzugeben. Meiner Meinung nach gibt es auf beiden Seiten richtige Argumente. Die Frage ist nur, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Da hat wohl jeder das Recht zu seiner eigenen Meinung. Allerdings sollte man auch in der Lage sein, diese in einer gesitteten Art und Weise zum Ausdruck zu bringen. Beschimpfungen und persönliche Beleidigungen haben da keinen Platz. Aber zurück zur Delfinlagune …
Der Blaue Salon
Mein erster Gang führt mich nicht in den Außenbereich der Anlage, sondern in den unterirdisch gelegenen „Blauen Salon“ – wohl auch, weil ich hier keinen Schirm mehr brauche … Der „Blaue Salon“ ist meiner Meinung nach das Highlight der Meeressäuger-Lagune, in der sich ja neben den vier großen Tümmlern, auch noch kalifornische Seelöwen tummeln.
Der unterirdische Bereich wird von zwei riesigen Unterwasserscheiben dominiert. Auf der einen Seite schwimmen die Delfine und die Seelöwen und auf der gegenüberliegenden Seite die Manatis. Da es an diesem regnerischen Sonntag nur wenige Besucher in den Tiergarten gezogen hat, kann ich mich in Ruhe vor die Scheibe von Moby & Co. setzen und die Eindrücke dieser künstlichen Unterwasserwelt – samt ihrer Bewohner – auf mich einwirken lassen.
Kein Vergleich mehr mit dem Platzangebot des alten Delfinariums, wie ich es noch im Januar 2011 erlebt habe. Hier, in der neuen Anlage, schwimmen die Tümmler und die Seelöwen mal langsam, mal blitzschnell an den Besuchern vorbei oder verschwinden mal ganz aus dem Blickwinkel. Die Tiere, die mal einen Gang zurückschalten, haben wohl Einsicht mit den Fotografen, die vor der Scheibe versuchen, ein möglichst scharfes Foto hinzubekommen ;o))
Weniger gut gefällt mir – jedenfalls aus menschlicher Sicht betrachtet – die Gestaltung der Unterwasserwelt. Die nur aus Steinen geschaffene „Landschaft“ wirkt auf mich sehr karg und von den künstlichen Kelppflanzen, die noch am Tag der Eröffnung zu sehen waren, fehlt jede Spur.
Informationen über wild lebende Artgenossen
Im „Blauen Salon“ kann man aber nicht nur die Bewohner der Lagune beobachten, sondern sich auch über ihre wild lebenden Artgenossen informieren. Mitarbeiter der Gesellschaft „Yaqu Pacha“, die sich dem Schutz von Meeressäugern in Südamerika widmet, informieren an einem Stand – und auf mehreren Plakaten – über ihre interessante Arbeit vor Ort.
Bevor ich mir die Anlage von draußen anschaue, verweile ich noch eine Zeitlang vor der zweiten – ebenfalls riesigen – Unterwasserscheibe und sehe den gemächlichen Seekühen zu. Sie scheinen für die Fotografen extra mal inne zu halten ;o))
Draußen an der Lagune
Der Regen hat inzwischen deutlich nachgelassen und nur noch vereinzelte Tropfen plätschern auf die Wasseroberfläche der Delfin-Lagune. Hier und da stehen vereinzelt ein paar Besucher am Rand – oder auf den Besucherterrassen – und halten Ausschau nach den Tümmlern, die mal links, mal rechts auftauchen. Dazwischen schießen immer wieder die kalifornischen Seelöwen in akrobatischen Sätzen aus dem Wasser. Bei Sonnenschein würden jetzt wahrscheinlich Hunderte von Zoobesuchern zuschauen. Als aber mehrere Trainerinnen erscheinen und eine Stimme aus den Lautsprechern die bevorstehende Fütterung ankündigt, versammeln sich auch jetzt wohl ein paar Dutzend Leute.
Nach der Vorstellung und Fütterung der Seelöwen, kommen die Großen Tümmler an die Reihe. Auch sie werden von einer Trainerin nacheinander vorgestellt und die Besucher erfahren ein paar grundlegende Dinge über die Meeressäuger. Für Delfinfreunde wahrscheinlich keine Neuigkeiten, aber ich denke, nicht jeder weiß zum Beispiel, dass die Delfine zu den Zahnwalen gehören und – im Gegensatz zu den Bartenwalen – nur ein Blasloch haben, oder die Schwanzflosse auch Fluke genannt wird.
Keine Zirkusnummern
Die intelligenten Delfine brauchen natürlich nicht nur ihre Portion frischen Fisch, sondern müssen in menschlicher Obhut auch gefordert und beschäftigt werden. Auf Zeichen und Kommandos der Trainerinnen springen die Großen Tümmler z.B. aus dem Wasser, schlagen Kapriolen in der Luft oder tauchen nach diversen Gegenständen. Diese – oft kritisierten – „Shows“ sind keine „Zirkusnummern“, sondern vielmehr wichtige „Freizeitgestaltung“ für die Tiere, die ohne diese Maßnahmen vor Langeweile verkümmern würden. Für weitere Informationen verweisen die Trainerinnen noch auf den Informationsstand von „Yaqu Pacha“ im „Blauen Salon“.
Zu wenig Aufklärungsarbeit
Gegner von Delfinarien kritisieren oft die mangelhafte Aufklärungsarbeit über – um nur zwei Beispiele anzuführen – die Gefährdung von Walen und Delfinen in den Ozeanen, oder was jeder Einzelne zum Schutz dieser faszinierenden Meeressäuger beitragen kann. Eine Kritik, die meiner Meinung nach auch nicht ganz unbegründet ist. Ich denke, dass hier die Betreiber von Delfinarien (generell von zoologischen Einrichtungen) noch mehr in die Pflicht zu nehmen sind.
Jede Minute verendet ein Meeressäuger im Netz
Ich möchte an dieser Stelle mal eine Zahl zum Nachdenken anführen. Anfang September 2011 besuchte in das Ozeaneum in Stralsund. Auf einer elektronischen Anzeigetafel stand die Zahl 1.767.151! Darunter folgender Text:
„Jede Minute verendet irgendwo auf der Welt ein Wal, ein Delfin oder eine Robbe in einem Fischernetz. Der Zähler erinnert an die Tiere, die seit der Eröffnung des OZEANEUMs im Sommer 2008 Opfer der Fischerei geworden sind.“
Man stelle sich – insofern man dazu überhaupt in der Lage ist – 1.767.151 Tierkadaver vor und jede Minute kommt ein weiteres Tier hinzu! Dazu kommen dann noch die Wale und Delfine, die von Ländern wie Japan, Norwegen und Island abgeschlachtet werden und das ist noch längst nicht das Ende der Fahnenstange!
Meiner Meinung nach, macht diese Zahl aber auch deutlich, an welcher Front Tierschützer kämpfen sollten. Die Gegner sind nicht die seriös geführten Delfinarien …
Regenwald-Haus
Bevor ich meinen Besuch im Nürnberger Tiergarten beende, mache ich noch einen Abstecher in das Regenwald-/Manati-Haus. Eine schöne Anlage, in der man nicht nur die Seekühe aus der „Vogelperspektive“ beobachten kann, sondern auch von frei fliegenden tropischen Schmetterlingen umflattert wird.
Als ich den Tierpark verlasse, kann ich ganz auf den Schirm verzichten -der Regen hat aufgehört.
Fazit
Zeit für mein persönliches Fazit. Jeder, der mich kennt oder vielleicht schon mal den einen oder anderen Bericht von mir bei den Meeresakrobaten gelesen hat, weiß, dass ich schon über viele Jahre hinweg, Reisen in die ganze Welt unternommen habe, um Wale und Delfine in freier Wildbahn zu beobachten und zu fotografieren. Eine solche Begegnung in den Ozeanen löst ein unbeschreibliches Glücksgefühl aus! Ein solches Glücksgefühl stellt sich nach meinem Besuch in der Delfin-Lagune nicht ein … aber, muss es das denn? Wenn ich die alte Delfinanlage mit der neuen Lagune vergleiche, stelle ich besonders eines fest: Die Lebensqualität der darin lebenden Meeressäuger hat sich um ein Vielfaches erhöht … und das ist allemal positiv!
Mit diesem Gefühl steige ich in mein Auto und fahre zurück gen Norden.
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Vielen Dank, Frank, für diesen sehr informativen Bericht und die tollen Fotos!